Unterallgäu | Offenen Brief an Landrat Alex Eder – Ärzte kritisieren seine Haltung zum Thema Impfen

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Problematisch und völlig unangemessen findet die Vorstandschaft des Ärztlichen Kreisverbands Mindelheim-Memmingen die Äußerungen des Unterallgäuer Landrats Eder zum Thema Impfungen. Mit einem offenen Brief wenden sie sich an Eder – hier der Orginaltext:

 

„Sehr geehrter Herr Landrat,

mit wachsendem Entsetzten beobachten wir die zunehmende Belastung des medizinischen Personals bis über die Erschöpfungsgrenze. Dies betrifft Rettungsdienst, Krankenhaus- und ambulante Ärzte sowie insbesondere das Pflegepersonal, direkt einhergehend mit der Coronainzidenz, die am 17.11.21 im Unterallgäu den Höchststand von über 800 erreichte.

Ihre Äußerungen zum Impfen halten wir für höchst problematisch und für einen Verantwortungsträger der Politik für völlig unangemessen, ja kontraproduktiv.

Dabei ist die Lage dramatisch. Es ist ja nicht nur so, dass Corona-Infizierte das Gesundheitswesen belasten. Anderen Patienten wird aufgrund der Überlastung unseres Gesundheitssystems der Zugang verwehrt (z.B. dringende Operationen bei Tumorkranken oder Erkrankungen mit starken Schmerzen) oder erschwert. So kann beispielsweise ein akuter Herzinfarkt- oder Schlaganfallpatient oft nicht mehr vor Ort behandelt werden sondern muss in ein entferntes Krankenhaus transportiert werden.

Hier an eine Verletzung von Art 2 Abs 1 GG zu denken, liegt nicht allzu fern.

Von wissenschaftlicher Seite wie dem RKI, den wissenschaftlichen Fachgesellschaften, den ärztlichen Körperschaften oder den Berufsverbänden wie dem Hausärzteverband und dem Marburger Bund wird allein die Impfung als Lösung gesehen. Ernstzunehmende Wissenschaftler und Ärzteverbände wiesen schon vor längerer Zeit auf die drohende Gefahr einer 4. Welle hin. Die Realität erweist sich dabei noch dramatischer als die Vorhersagen.

Dabei von einer „individuellen Impfentscheidung“ zu sprechen erinnert uns an das Leugnen des Klimawandels.

In Zeiten der Pandemie, diese liegt zweifellos vor, ist Impfen eben keine „individuelle Entscheidung“ mehr, sondern eine Frage der Solidarität in der Gesellschaft und der Loyalität gegenüber den Schwachen.

Zweifellos gibt es in Einzelfällen (!) Nebenwirkungen durch die Impfung, aber diese machen nur einen winzigen Bruchteil der Wirkung von CoViD aus. Aus falsch verstandener Vorsicht Schaden bei einer Vielzahl von anderen Bürgern billigend in Kauf zu nehmen ist eine für einen Verantwortungsträger unangemessene Denkweise.

Parallel sehen wir, dass in anderen Ländern mit höherer Impfquote wie Italien, Portugal, Dänemark und Canada die Infektionszahlen niedrig oder gar vernachlässigbar sind.

Sehr geehrter Herr Eder, Impfen rettet Leben, nichts weniger. Wir bitten Sie eindringlich, wissenschaftliche Fakten nicht zu verkennen.

Wir sehen Sie als Landrat eines Landkreises mit 144.000 Einwohnern in der Pflicht, alles zu tun, um die Gesundheit dieser Bürger zu schützen. Sie haben gegenüber Ihren Bürgerinnen und Bürgern eine Vorbildfunktion!

In einer Pandemie wie der jetzigen genügt es nicht, ein gutes Impfangebot zu ermöglichen, sondern ist es notwendig, das Impfen per se zu bewerben, um eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen. Nur dadurch können wir die steigende Inzidenz stoppen und so den drohenden Kollaps unseres Gesundheitssystems verhindern. Ganz zu schweigen von dem individuellen Leid der an Corona schwer Erkrankten.

Für die besorgten Unterallgäuer und Memminger Ärztinnen und Ärzte

Die Vorstandschaft des Ärztlichen Kreisverbandes“