Fachkräftemangel in der Pflege – Ursachen und Lösungsansätze

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Der Pflegenotstand hat viele Gesichter. Eines davon ist der Mangel an Fachkräften. Dieser wird durch viele Faktoren begünstigt. Abwanderung, aufwendige Anerkennungsverfahren ausländischer Fachkräfte oder auch die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie, sind einige von ihnen.

Wie äußert sich der Pflegenotstand?

Unter Pflegenotstand ist zu verstehen, dass die vorhandenen Kapazitäten an Pflegenden und Pflegemaßnahmen nicht ausreicht, um alle notwendigen Pflegehandlungen zufriedenstellend vornehmen zu können. Das kann sich darin äußern, dass die Grundpflege auf ein Minimum beschränkt werden muss, damit wichtigere Behandlungspflege durchgeführt werden kann, weil die Besetzung in Pflegeinrichtungen und Kliniken die Defizite durch Krankenstand oder Urlaub nicht ausgleichen kann und mit zu wenig Mitarbeitern die Schichten fährt.

Pflegenotstand kann sich aber auch dahingehend zeigen, dass Alten- oder Pflegeheime zwar rechnerisch genug Personal haben, sich der Pflegegrad eines oder mehrerer Bewohner in kurzer Zeit aber so massiv verschlechtert, dass deutlich mehr Pflege nötig wird und andere Pflegeempfänger daher zu kurz kommen oder die Pflege nicht umfassend und qualitativ geleistet werden kann.

Information: Wartelisten für Pflegeeinrichtungen werden nicht immer nach Eingang der Nachfrage abgebaut. Verantwortliche rechnen ggf. sehr gut durch, ob die zu erwartenden Pflegegelder für den vorhandenen Personalschlüssel ausreichend sind und schauen darauf, ob Schwerstpflegefälle vom Personal überhaupt noch zu bewältigen sind. So kann es durchaus passieren, dass jemand mit höherem Pflegegrad früher aufgenommen wird oder aber länger warten muss, je nachdem wie die Konstellation in der Einrichtung gerade ist.

Die Ausbildungsreform der Pflegeberufe

Die Pflegeberufe wurden in den letzten Jahrzehnten mehrfach reformiert. Dies äußerte sich in erster Linie in der Umbenennung der Berufsbezeichnungen. Aus der examinierten (Kinder-) Krankenschwester und dem examinierten Krankenpfleger wurde der Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpfleger. Zuletzt wurde die Generalistische Pflegeausbildung eingeführt, die nach der erfolgreichen Absolvierung in der Berufsbezeichnung Pflegefachmann/-frau münden. Zudem gab es vor der letzten Reform noch die Altenpflege als eigenständigen Ausbildungsberuf. Mit der Generalistischen Pflegeausbildung werden nun alle PflegeschülerInnen zusammengefasst und nach gleichen Lehrplänen ausgebildet, bis sie sich vor dem letzten Ausbildungsjahr für eine Fachrichtung entscheiden und dann die spezifischen Inhalte vermittelt bekommen.

Der Vorteil für Interessierte Auszubildende liegt eindeutig darin, dass sie erst nach einer gewissen Berufserfahrung aus den Praxiseinsätzen entscheiden müssen, in welche Fachrichtung der Abschluss gehen soll. War es für examinierte Pfleger aus der Krankenpflege schon immer leicht in die Altenpflege zu wechseln, konnten nur wenige AltenpflegerInnen den Wechsel schaffen, meist dann, wenn sie sich auf geriatrischen Stationen bewarben.

Wer gilt als Fachkraft?

Die Ausbildungen für Pflegefachkräfte sind gesetzlich geregelt. Doch auch Mitarbeitende die die Generalistische Pflegeausbildung nicht bis zum Ende durchlaufen haben, können als Fachkräfte gelten, wenn sie Tätigkeiten ausüben, für die die zweijährige Ausbildung ausreicht oder sie Pflegehelfer sind.

Fachkräfte sind natürlich auch Absolventen von Studiengängen der Pflegewissenschaften oder Pflegekräfte, die im Laufe ihrer Karriere noch Fachpflegeausbildungen oder andere Spezialisierungsseminare erfolgreich abgeschlossen haben (Fachpflegekurse Psychiatrie oder jede andere Fachrichtung, Weiterführende Kenntnisvermittlung in der Behandlungspflege – Wundmanager o.ä.).

Fachkräftemangel – diese Ursachen gibt es

Zwar wandern viele Pflegekräfte aus dem Ausland zu, deren Ausbildung wird jedoch oft nicht sofort anerkannt, so dass diese maximal als Helfer arbeiten dürfen, selbst wenn die Ausbildungsstandards in den Heimatländern oft noch höher sind als in Deutschland. Was die ausländischen Kräfte anlockt ist gleichzeitig für deutsche Fachkräfte der Grund, abzuwandern: nämlich die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen. In einigen Ländern haben Pflegekräfte ein ganz anderes Image, die Bezahlung ist besser und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt leichter. Daher zieht es deutsche Pflegekräfte in europäische Nachbarländer wie die Niederlande oder nach Skandinavien.

Ebenfalls ein finanzieller Aspekt ist Grund dafür, dass viele Auszubildende ihre Ausbildung nach zwei Jahren bereits beenden. Die Lohneinbußen die sie dadurch hinnehmen sind im Vergleich zu den dreijährigen Examinierten nicht so groß, die Verantwortung, die sie übernehmen müssen, aber ungleich geringer. Immer mehr Fachkräfte beklagen sich, dass die große Verantwortung, die sie tragen, nicht honoriert wird. Einige wechseln dann in andere Berufe oder bilden sich weiter, so dass sie aus dem direkten Dienst am Pflegeempfänger ausscheiden. Zwar übernehmen sie dann auch verantwortungsvolle Aufgaben, in der Arbeit in Kliniken, mobilen Pflegediensten oder Alten- und Pflegeheimen fehlen sie jedoch.

Die Arbeitsbedingungen und -zeiten sind ebenfalls Gründe, warum Fachkräfte sich anderen Tätigkeiten zuwenden und der Pflegebranche fehlen. Die vorhandene Personalnot führt zu chronischer Überbelastung, diese wiederum irgendwann zu Frust oder stressbedingten Krankheiten. Familien können nur selten auf familienkompatible Dienste zurückgreifen. Vor allem wenn Paare in der Pflege arbeiten, ist es schwierig, gemeinsame freie Zeit zu haben.

Lösungsvorschläge

Abmildern könnte man den Fachkräftemangel damit, dass Verantwortlichkeiten neu kategorisiert und verteilt werden. Behandlungspflege die Patienten sogar selbst vornehmen dürften, sollten auch von verantwortungsbewussten Helfern übernommen werden dürfen.

Ausländischen Fachkräften sollten die Abschlüsse leichter anerkannt werden.

Besonders große Kliniken oder Verbände rekrutieren Pflegekräfte im Ausland, verlieren aber aus dem Auge, etwas für einheimische Pflegende zu tun. Statt die Abwanderung in Kauf zu nehmen, sollten Pflegeunternehmen und Politik etwas für bessere Arbeitsbedingungen und fairere Bezahlung tun.

Das Pflegeweiterentwicklungsgesetz hat mit der Einführung der Zusätzlichen Betreuungskräfte einen großen Schritt getan, um Pflegepersonal dahingehend zu entlasten, dass Berechtigte zu bestimmten Zeiten anderweitig betreut werden. Dies ist jedoch immer noch reglementiert, so dass Personen, die sich Betreuung wünschten, oft keinen Zugang zu entsprechenden Angeboten haben und der Umlageschlüssel wie viele Personen auf eine Stelle fallen, nach wie vor zu hoch ist, um Berechtigte umfassend zu betreuen.

Ein gewisser Pflegebedarf geht damit einher, dass die Gesellschaft ungesund lebt. Mangelnde Bewegung, falsche Ernährung und das Frönen diverser Süchte führt zu Erkrankungen, die mitunter in hohe Pflegegraden münden und die Zahl Pflegebedürftiger drastisch ansteigen lassen. Prophylaxe und Aufklärung könnte hier einiges bewirken und die Pflegesituation für Mitarbeitende verbessern, sowie die Lebensqualität für Erkrankte verbessern, bzw. sogar Krankheiten verhindern.

Fazit: Der Fachkräftemangel in der Pflege ist ein sehr komplexes Problem, das nicht mit Mitteln aus der Hausapotheke zu beheben ist. Einige Ursachen sind seit Jahrzehnten bekannt und werden trotzdem außer Acht gelassen. Grundsätzlich kann es nicht die alleinige Lösung sein, anderen Ländern die Fachkräfte abzuwerben, wenn sie hier oft nicht als Fachkräfte anerkannt arbeiten können/ dürfen. Der  Geo-Arbitrage Effekt ist für ausländische Kräfte oft so positiv, dass sie hier bereits als Helfer deutlich mehr verdienen, als im Heimatland, daher nehmen sie die fehlende Anerkennung der Abschlüsse oft in Kauf.