Bayern-Ei-Skandal – Amtsveterinäre drehten Imagefilm für Geflügelindustrie

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Videoprint
Videoprint

Dingolfing/Landau – Bayern-Ei-Mitarbeiter hatten behauptet, dass Kontrolleure des Landratsamtes Dingolfing-Landau ein Duz-Verhältnis zu Verantwortlichen der Firma Pohlmann gehabt hätten und damit die Objektivität gelitten habe. Dies wird vom dortigen Landrat vehement abgestritten. Inzwischen ist ein Imagevideo der Geflügelindustrie aufgetaucht, das diesen Vorwurf aber zu erhärten scheint.

Seit Beginn des Salmonellenskandals versucht der SPD-Verbraucherschutzbeauftragte Florian von Brunn im Bayerischen Landtag der CSU-Staatsregierung möglichst viele Versäumnisse nachzuweisen. Inzwischen stellt sich heraus, dass auch das von seinem Parteikollegen Heinrich Trapp geführte Landratsamt im niederbayerischen Dingolfing-Landau zunehmend in Erklärungsnot gerät. Aus diesem Landkreis stammen die Pohlmann-Eier. Hatte Trapp in Presseinterviews und jüngst auch vor einem Ausschuss seines Kreistags noch die absolute Objektivität seiner Mitarbeiter betont und ein Duz-Verhältnis klar verneint, so scheint dies inzwischen nicht mehr haltbar. „Wäre das wirklich der Fall, dann würde ich entsprechende Konsequenzen ziehen“, gab er gegenüber der Süddeutschen zu Protokoll. Niemand sei mit Bayern-Ei Mitarbeitern vor Ort per Du. Inzwischen stellt sich aber die Frage, ob die mögliche Gefährdung der Objektivität durch ein Duz-Verhältnis nicht sogar die harmlosere Variante ist. Der dortige Kreisverband der ÖDP war Hinweisen nachgegangen, wonach im Internet ein Video kursiert, in dem Veterinärmitarbeiter des Landratsamtes Dingolfing-Landau mitwirken. Nicht weiter schlimm, würde es sich hier nicht ausgerechnet um den Imagefilm einer ähnlich umstrittenen Branche, nämlich der Geflügelindustrie handeln. Diese ist seit Jahren mindestens im selben Maße wie die Legehennenhaltung in den Negativschlagzeilen. „Der Skandal dabei lässt sich an folgender Frage festmachen: Dürfen Kontrollbeamte in Filmen „mitspielen“, an denen das Werbebanner einer Industrie klebt, die sie eigentlich kontrollieren sollen?“. Im konkreten Fall Wiesenhof. Da könne von der vom dortigen Landrat beschworenen Objektivität der Behörden nicht mehr die Rede sein. Die Bevölkerung müsse aber darauf vertrauen können, dass Ämter bzw. deren Mitarbeiter den für einen Kontrolleur nötigen Abstand zum Kontrollierten bewahren und nicht wie im konkreten Fall sogar gemeinsame Filmchen drehen. Hier liege eine Form von struktureller Korruption vor, die schlichtweg skandalös ist, so die ÖDP. Landrat Trapp hatte im besagten BR-Interview Konsequenzen für nicht objektive Mitarbeiter angekündigt. Im konkreten Fall braucht er diese nicht mehr zu ziehen: Die betroffene Mitarbeiterin ist inzwischen verstorben. Es würde aber ohnehin in keiner Weise darum gehen, jemandem einen posthumen „Disci anzuhängen“, betonen die ÖDP-Vertreter. Es gehe nicht nur um Fehlverhalten Einzelner. Vielmehr müsse die Systemfrage nach der Neutralität und Unabhängigkeit der Behörden gestellt werden. Industrie und Kontrollbehörden seien vielerorts offensichtlich so eng miteinander verquickt, dass unabhängige und wirkungsvolle Kontrollen vielfach nicht mehr stattfinden können. Im Übrigen sei nur schwer vorstellbar, dass diese Vorgänge weiteren Landratsamtsmitarbeitern bis hin zum Behördenleiter vollständig verborgen geblieben sein sollen. Erst recht skandalös wäre es, wenn hier sogar eine offizielle dienstliche Erlaubnis durch den Amtsleiter vorgelegen hätte. In diesem Zusammenhang werde sich der örtliche SPD-Landrat wohl noch einige kritische Fragen gefallen lassen müssen. Insbesondere müsse aber auch die Rolle der vorgelagerten Behörden bis hin zu den bayerischen Ministerien beleuchtet werden. Schließlich stehe dieses System nicht erst seit kurzem in der Kritik. Im Übrigen tritt in dem Film ein weiterer Veterinär auf, der dort als amtlicher Tierarzt bezeichnet ist. Die örtliche ÖDP nimmt dies jetzt zum Anlass, um in einem Brief diese „Systemfragen“ Ministerpräsident Seehofer vorzulegen. Immerhin hatte dieser angekündigt, dies zur Chefsache zu machen.