Schwan wirft Stark-Watzinger mangelnde Kenntnis des Grundgesetzes vor

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Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die SPD-Politikerin Gesine Schwan wirft Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) für ihre Vorwürfe gegen Lehrende im Zuge der pro-palästinensischen Proteste an Universitäten mangelnde Kenntnis des Grundgesetzes vor. „Der implizite Vorwurf der Ministerin, die Unterzeichner des offenen Briefes – den man kritisieren können muss – stünden nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, zeugt nicht von dessen Kenntnis“, sagte die langjährige Präsidentin der Viadrina-Universität in Frankfurt an der Oder und Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission dem Tagesspiegel am Donnerstag (Freitagsausgabe).

Die Polizei hatte zuletzt mehrere Protest-Aktionen an Universitäten beendet. Schwan warnte nun entschieden davor, die derzeitigen Proteste vorschnell mit Polizeieinsätzen zu unterdrücken.

„In freiheitlichen Demokratien sind Universitäten, zumal in Krisen, Sensoren gesellschaftlicher Brüche und anstehender Umbrüche“, sagte Schwan. „Die Drohung mit der Polizei als allgemeines Disziplinierungsmittel für `richtiges` Denken ist völlig unangemessen und das Mittel von Diktatoren, nicht von Demokraten“, ergänzt Schwan. Die Politik müsse sich stattdessen den Diskussionen an den Universitäten stellen und so überzeugend für Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit eintreten.

Schwan äußerte allerdings auch klare Erwartungen an Studierende – und kritisierte das Schreiben der Dozenten. „Dass Studierende in `keinem Fall Polizeigewalt auszuliefern` seien, wie es in der Dozentenerklärung heißt, ist zumindest missverständlich formuliert, weil Studierende vom Gewaltmonopol des Staates bei Straftaten nicht einfach auszunehmen sind“, sagte sie. Natürlich sei es niemals erlaubt, Gewalt gegen andere Studierende anzudrohen oder anzuwenden.

Der forschungspolitische Sprecher der SPD, Oliver Kaczmarek, erklärte, er hätte es richtig gefunden, wenn die Bundesbildungsministerin konkret die Initiative ergriffen hätte. So hätte man sowohl freie Diskursräume an Hochschulen, als auch klare Sanktionen für Antisemitismus und Israelfeindlichkeit festschreiben können, sagte Kaczmarek dem „Tagesspiegel“ am Donnerstag. „Stattdessen hat sie mit ihrer folgenlosen Kritik an Hochschullehrenden und Ländern die Irritationen eher vergrößert.“ Anja Reinalter, Forschungspolitikerin der Grünen-Fraktion, erklärte: „Man merkt immer deutlicher, dass die FDP kein Kultusministerium in den Ländern hat.“

Professoren und Dozenten hatten nach der Besetzung eines Hofs der Freien Universität Berlin das Demonstrationsrecht von Studierenden verteidigt – unabhängig von deren Forderungen. Stark-Watzinger hatte sich daraufhin „fassungslos“ gezeigt und infrage gestellt, ob die Lehrenden noch auf dem Boden des Grundgesetzes stünden.

Gesine Schwan (Archiv), über dts Nachrichtenagentur
Foto: Gesine Schwan (Archiv), über dts Nachrichtenagentur