Klinikum Memmingen – Notfallgäu „Kindernotfälle“

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Foto: Kaufmann

Das Klinikum Memmingen hat mit der Unstützung vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK), dem Malteser Hilfsdienst (MHD), der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und der Industrie ein zweitätiges Symposium zum Thema „Kindernotfälle“ organisiert. Von Freitag, 06.02.2015 bis Samstag, 07.02.2015, waren rund 50 Notärzte, Kinderärzte und Rettungsdienstpersonal im Klinikum Memmingen und bildeten sich fort.

Der Organisationsleiter, Dr. Rupert Grashey, begrüßte am Freitag Morgen die Teilnehmer und stellte kurz die Referenten und Abläufe vor. Dr. Florian Hoffmann und Dr. Olivieri, beide von der Haunerschen Kinderkliniken in München, übernahmen die fachliche Betreuung der Veranstaltung. Beide sind Kindernotärzte und tagtäglich mit Einsätzen mit Kindern betraut. Dr. Hoffmann merkte an, dass 5 – 10% alle Notarzteinsätze mit Kindern zu tun haben.

Dr. Ralf Pallacks vom Klinikum Memmingen machte den Auftakt und referierte über die Anatomie und Physiologie der Kleinen und zeigte die wichtigsten Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen auf. Eine interessante Statistik zeigte, dass 1870 noch 25% der Säuglinge nach der Geburt verstorben sind. Im Jahre 2010 lag diese Zahl bereits unter einem Prozent. Die Kindermedizin entwickelte sich ab den 60er Jahren. Dr. Pallacks stellte die Menge der Atemzüge eines Erwachsen (15) zu einem Säugling (80) zur Diskussion und zeigte damit auf, wie wichtig die schnelle Sauerstoffversorgung von Säuglingen und Kleinkindern bei Notfalleinsätzen ist. Die Kleinen haben keine großen Sauerstoffreserven und sind somit auf eine schnelle Hilfe angewiesen.

Dr. Florian Hoffmann ging in seinem ersten Vortrag auf die Problematik der Atemwegsverlegung durch Verschlucken u.a. ein. Hier wurden verschiedene Techniken vorgestellt und vertieft, die auch im praktischen Teil in den Worksshop nochmals erprobt wurden. Ebenfalls wurde auf die im Notarztfahrzeug mitgeführten Medikamente eingegangen.

Dr. Olivieri hatte das Thema „Reanimation von Säuglingen und Kindern“. Er bezog sich in seinem Vortrag auf die ERC Leitlinien 2010 und machte einen Ausblick auf Änderungen in 2015. Der Kindernotarzt berichtete aus seinem Alltag und verwies auf die bestehenden Reanimations-Algorhytmen. Auch in diesem Vortrag war ein Schwerpunkt die Sauerstoffversorgung der Kleinen, und hier der Unterschied bei der Reanimation von 30 Herzdruckmassagen und zwei Beatmungen beim Erwachsen, zum Kind, wo fünf Beatmungen vorausgehen, dann 15 Herzdruckmassagen folgen und dann wieder zweimal beatmet wird. Ebenfalls wurden die entsprechenden Notfallmedikamente und deren Anwendung vertieft.

Andreas Hänsel von der KIT-Akademie München des Arbeiter-Samariter-Bundes befasste sich mit dem Zusammenspiel Eltern, Sanitäter, Notarzt und der Psychotraumatologie bei Kindernotfällen. Eltern leiden mit ihren Kindern mit, ein Notfall mit dem eigenen Kind ist eine Katastrophe und fordert viel von den Angehörigen. Den Symposiumsteilnehmern wurde hier der Umgang und die Denkweise der betroffen Eltern näher gebracht. Auch im praktischen Teil wurden in Rollenspielen verschiedene Situationen durchgespielt und Handlungshilfen vermittelt.

Prof. Dr. Thomas Zilker war vor seiner Pensionierung in der Toxikologischen Abteilung der Technischen Universität München tätig und hier auch für das Giftnotruftelefon verantwortlich. In seinem Vortrag ging er auf Vergiftungen mit Spülmitteln, Tabletten, Pilzen und vielen anderen Substanzen ein. Er beschrieb die Einbindung der Giftnotrufzentrale in den Einsatz und erläuterte die Einsatzmaßnahmen.

Am zweiten Fortbildungstag ging des dann morgens mit Neurologischen Notfällen los. Dr. Hoffmann ging auf die verschiedenen Krampfarten bei Kindern ein, deren Ursache und Notfallbehandlung.

Dr. Julia Keil von den Haunschen Kinderklinken in München referierte über die Kardiologischen Notfälle. Sie erläuterte die Arbeit des Kinderherzens, die Herzfrequenz und welche Probleme auf den Notarzt und das Rettungsdienstpersonal zukommen können, wenn sie es mit kleinen Herzen zu tun haben. Auch hier wurden wieder zahlreiche Algorhytmen vorgestellt.

Dr. Alfred Heger aus der Memminger Kinderklinik befasste sich in seinem Vortrag mit dem traumatologischen Kindernotfall. Ursache dafür können sein Autounfälle, Stürze, Fahrradunfälle, Verbrühungen/Verbrennungen, Ertrinken und Misshandlungen. Heger erläuterte den Aufbau des Kinderschädels und Brustkorbs und berichtete welche Verletzungen auftreten können und wie sie im Notfall behandelt werden müssen. Auch die klinische Nachsorge nach Einlieferung durch den Rettungsdienst in der Kinderklinik wurde beschrieben.

Interessant war auch der Vortrag von Prof. Dr. Renning aus der Rechtsmedizin. Er berichtete aus seiner Arbeit und hier die Misshandlung von Kindern und ihre Spuren am Körper. Eindrucksvolles Bildmaterial brachte den Teilnehmern das Thema „Kindesmisshandlung“ eindrucksvoll näher. Herr Rennig stellte das Opferschutztelefon vor, ebenso die Misshandlungsschutzambulanz in München. Aus seiner Arbeit als Gerichtsgutachter und -mediziner stellte er einige Misshandlungsfälle vor, die im ersten Moment gar nicht als solche erkennbar waren. Er bat die Seminarteilnehmer ein Augenmerk auf dieses Thema bei ihrer Arbeit vor Ort zu haben.

Dr. Julia Keil ging in ihrem Vortrag am Samstag Vormittag auf die Themen „Verbrennungen/Verbrühungen“ ein. Säuglinge und Kinder sind durch ihre geringe Körperoberfläche extrem bei solchen Notfällen gefährdet. Sie stellte das Zusammenspiel von Haut und Organismus vor und verwies auf die Reaktionen des Körpers. Ein Aspekt war die Kühlung von Brandwunden, die bei Kindern sehr schnell zu einer Unterkühlung führen kann.

Die Nachmittage der beiden Fortbildungstage standen im Zeichen der Praxis. In Fallbeispielen und Rollenspielen wurden verschiedene Szenarien und Techniken den Teilnehmern vermittelt. Vor allem die Kinderreanimation, das Atemwegmanagement, das Überbringen von schlechten Nachrichten an die Eltern, die verschiedenen Formen von Zugängen zur Verabreichung von Medikamenten bei Kindern und der Umgang mit Eltern beim Notfall-/Notarzteinsatz mit Kindern, wurde den Kursteilnehmern nahe gebracht.

Die beiden Tage haben gezeigt wie schwierig der Notfalleinsatz „Kind“ ist. Aber in knapp 20 Stunden Schulung wurden hilfreiche Tipps und Tricks vermittelt, die den Einsatzkräften vor Ort die Arbeit erleichtern. Alle Teilnehmer gingen am Samstag Abend mit einem guten Gefühl nach Hause und waren in ihrem Handeln gesichert.

 

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