Falscher Polizeibeamter auf frischer Tat festgenommen – Kripo verzeichnet anstieg der Fallzahlen

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Kripomarke und 50 Euro Scheine 001Die stark ansteigenden Fallzahlen im Bereich des Phänomens „Falsche Bedienstete“ bereiten der Polizei enorme Sorgen.

In den ersten vier Monaten des vergangenen Jahres waren diesbezüglich 107 Anzeigen aufgenommen worden. Im Vergleichszeitraum des aktuellen Jahres wurden bereits 322 Fälle zur Anzeige gebracht, was einer Steigerung von ca. 200 Prozent entspricht. Der größte Teil dieser Taten entfällt dabei auf das Phänomen „Falsche Polizeibeamte“. „Die teilweise immens hohen finanziellen Schäden sowie das dadurch entstehende Misstrauen gegenüber unseren eigenen Beamten ist besorgniserregend“, so Polizeipräsident Strößner.

Beispielhaft sind zwei solche Taten, mit völlig unterschiedlichem Ausgang für die Täter und Geschädigten, dargestellt:

BAD HINDELANG – Bereits Anfang April erhielt eine Rentnerin einen Anruf, in welchem sie der Anrufer darüber informierte, dass sich in Kürze ein Staatsanwalt wegen einer Geldforderung bei ihr melden würde. Kurz darauf rief auch eine männliche Person an und stellte sich als Staatsanwalt vor. Diese erklärte der Geschädigten, dass sie eine Geldforderung von 5.000 Euro bezahlen müsse, ohne einen näheren Grund zu erläutern. In den folgenden mindestens 74 Gesprächen im Lauf von drei Wochen baute gelang es dem Mann ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Er bot der Geschädigten sogar noch ein Ferienhaus in der Türkei an. Die Geschädigte überwies in mehreren Tranchen insgesamt über 32.000 Euro auf ein Konto in der Türkei. Bei dem Versuch, weitere 27.200 Euro zu überweisen, verständigte ein aufmerksamer Bankmitarbeiter die Polizei. Eine Zahlung dieses Betrages wurde verhindert.

KAUFBEUREN – Anders stellte sich der Sachverhalt bei einer Tat Ende April zum Nachteil eines 87-Jährigen dar, welcher ebenfalls von Betrügern, die sich als Kriminalbeamte aus München ausgaben, kontaktiert wurde. Die Täter brachten ihn dazu, ca. 40.000 Euro von der Bank abzuheben und zu Hause zu verwahren, indem sie eine Geschichte von einem kriminellen Bankmitarbeiter erfanden. Aufgrund von Ermittlungen konnte man den Tätern auf die Spur kommen. Der 30-jährige Geldabholer wurde vor dem Betreten des Anwesens des Geschädigten festgenommen. Er hatte dabei noch ein Handy in der Hand und telefonierte. Ein mutmaßlicher 25-jähriger Komplize konnte in der Tatortumgebung festgenommen werden. Gegen den 30-jährigen Geldabholer wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten beim Amtsgericht Kempten Haftbefehl erlassen. Er wurde in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert. Sein mutmaßlicher Komplize musste wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Die Ermittlungen dauern an. In diesem Zusammenhang sucht die Kriminalpolizei Kaufbeuren weitere Geschädigte, die sich unter der Rufnummer 08341/933-0 melden sollen.

Ein Überblick über das Phänomen:

Die äußerst professionellen und sehr sprachgewandten Anrufer stellen sich als Polizeibeamte, oder auch andere behördliche Vertreter vor. Durch geschickte Manipulation und wiederholte, teils über Wochen dauernde Kontaktaufnahme gelingt es ihnen, ein starkes Vertrauensverhältnis zu ihren Opfern aufzubauen. Um sich zu legitimieren wird das Opfer teils aufgefordert bei der örtlichen Polizeidienststelle zurückzurufen. Der Täter täuscht dann durch das Einspielen eines Freizeichens vor, dass die Verbindung unterbrochen wurde, obwohl diese noch weiter besteht. Wenn das Opfer nun die Nummer der örtlichen Polizei oder die 110 wählt, wird keine neue Verbindung aufgebaut. Stattdessen täuscht derselbe Täter oder ein Komplize vor, den Anruf als „richtige Polizei“ wieder anzunehmen.

Die im Telefondisplay der Angerufenen angezeigte Rufnummer kann von den Tätern über eine Software manipuliert werden. Im Falle falscher Polizeibeamter wird teils die Rufnummer der örtlichen Polizeidienststelle oder die örtliche Vorwahl in der Verbindung mit der 110 angezeigt. Die Anzeige einer bekannten Rufnummer ist also kein Grund für falsches Vertrauen.

Die genaue Ausgestaltung der vorgetäuschten Geschichte ist beliebig wandelbar und oft erschreckend detailreich gestaltet. Um möglichst umfassend zu sensibilisieren werden hier einige der gängigsten Versionen dargestellt.

 

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Drohender Einbruch:

Den Angerufenen wird mitgeteilt, dass im Zuge einer Täterfestnahme oder sonstigen polizeilichen Maßnahmen bekannt wurde, dass ein Einbruch in ihre Wohnung bzw. ihr Haus droht. Auf diese Weise wird versucht die Vermögensverhältnisse auszuspähen. Anschließend wird vorgetäuscht, diese sichern zu wollen und die Bewohner werden dazu gebracht Vermögenswerte an angebliche Polizeibeamte zu übergeben oder diese abzulegen. Die Notwendigkeit des Ablegens der Gegenstände wird in diesem Zusammenhang mit der sonst drohenden Gefährdung verdeckter polizeilicher Maßnahmen begründet.

Ermittlungsverfahren in einem anderen Land ggf. auch drohende Auslieferung:

Die Täter machen die Angerufenen glaubend, dass gegen sie ein Verfahren in einem anderen Land anhängig sei und eine Auslieferung in dieses Land drohen würde. Nur durch Zahlung einer Geldstrafe seien sie in der Lage die Auslieferung in dieses Land zu verhindern. Als Zahlungsmittel werden hier z. B. Überweisungen oder die Nutzung eines Finanztransferdienstleisters gefordert.

Bitte um Unterstützung bei Ermittlungen:

Das Opfer wird gebeten z. B. bei der Überführung einer betrügerischen Bankangestellten zu helfen. Hierzu soll das gesamte Ersparte abgebhoben und später von verschiedenen Scheinen die Seriennummern telefonisch durchgeben werden. Die Täter stellen die Behauptung auf, dass es sich bei den Scheinen um Falschgeld handelt und sie den Rest zum Zwecke der Überprüfung abholen müssten. Besonders infam ist hier, dass auch die Bankmitarbeiter diskreditiert werden, welche potentielle Geschädigte bei verdächtigen Abhebungen/Überweisungen warnen. Diese Warnungen verhallen aber, aufgrund der ausgeklügelten Geschichte, ungehört.

Präventionshinweise:

Neben immensen finanziellen Einbußen haben die Opfer auch die immateriellen Schäden zu beklagen. Oft schämen sie sich dafür auf die Täter hereingefallen zu sein und haben daher, insbesondere bei weniger schadensträchtigen Taten, Hemmungen bei der Anzeigenerstattung. Weder Scham noch Hemmungen sind hier angebracht. Es handelt sich um professionelle Betrüger und eine Anzeigenerstattung ist wichtig. Polizeipräsident Strößner: „Besonders erschreckend und zutiefst verwerflich ist, wie vor allem ältere Personen über Monate in Angst und Schrecken versetzt werden. Für sie bricht oft eine Welt zusammen.“

Für die Polizei ist es besonders wichtig in der Öffentlichkeit als verlässlicher Partner wahrgenommen zu werden, um die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten zu können. Das Phänomen der „Falschen Polizeibeamten“ erschüttert das Vertrauen der Geschädigten in die Behörden nachhaltig. Neben den finanziellen Schäden und der Scham der Opfer ist auch der Vertrauensverlust der Bevölkerung in die echte Polizei ein nicht zu unterschätzendes Problem dieses Deliktsfeldes.

Die Polizei rät zu folgenden Verhaltensweisen:

  • Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Zeitdruck setzen – Hinterfragen Sie alles kritisch!
  • Geben Sie am Telefon nie Auskunft über Vermögensverhältnisse!
  • Behörden fordern nie auf solche Art und Weise Geld oder Vermögenswerte von Ihnen!
  • Lassen Sie sich eine Rückrufnummer geben
  • Trennen Sie die Verbindung durch Auflegen und wenden sie sich an die Notrufnummer 110, wenn möglich von einem anderen Telefon. Lassen Sie sich nicht verbinden!
  • Setzen sie Familienangehörige über diese Vorgehensweisen in Kenntnis
  • Informieren Sie über derartige Anrufe Ihre Angehörigen
  • In Bayern erhalten Sie keine Anrufe von der Notrufnummer 110!