Kommentar von Thomas Pöppel
Ein tragischer Zwischenfall ereignete sich am Mittwoch Mittag, 11.03.2015, in Memmingen. Sechs Polizeibeamte in zivil sollen für die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl vollstrecken. Ein 48-jähriger Mann, der in der Vergangenheit zuweilen als problematisch eingestuft wurde. Der 48-Jährige hatte vor einigen Wochen eine Ladung zum Strafantritt von der Staatsanwaltschaft per Post erhalten, dieser kam er aber nicht nach, so wurde seine Verhaftung angeordnet. Ein alltäglicher Vorgang für die Polizeibeamten.
Doch bei der Verhaftung des kasachischen Mannes mit Migrationshintergrund läuft die Sache aus dem Ruder. Ein Polizist wird nach Ansprache des Mannes mit einem Messer bedroht. Der Polizist versucht den Aggressor auf Abstand zu halten und setzt Pfefferspray ein. Als der Mann nur noch eine Armlänge von ihm entfernt ist schießt er drei Mal, dabei wird der 48-Jährige von zwei Kugeln getroffen, so unglücklich, dass er an den Folgen der Schüsse wenig später in der Klinik verstirbt. Wo sich die anderen fünf Beamten zum Zeitpunkt des Zwischenfalls befanden, in welcher Entfernung zum Schützen und Angreifer ist den Medien nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft geht nach derzeitigem Sachstand davon aus, dass der Beamte in einer lebensbedrohlichen Notsituation gehandelt hat. Diese Einschätzung ergibt sich aus der Spurenlage, der Vernehmung der beteiligten Beamten und die Anhörung von unbeteiligten Zeugen.
Es gibt sicherlich noch viele offene Fragen bei den Bürgern und erheblichen Diskussionsbedarf wie die Kommentare in den Online-Medien bundesweit zeigen. Jedoch muss man auch die Fakten fair betrachten. Wir Bürger erwarten von der Polizei das sie uns und unsere Kinder schützt. Dafür werden die Beamten ausgebildet und im laufendem Dienst immer wieder geschult. Ein Polizeibeamter muss den Einsatz seiner Abwehrmittel (Kampfsport, Schlagstock, Pfefferspry, Dienstwaffe) immer auf sein Gegenüber abstimmen. Das hat der Memminger Beamte getan, er setzte Pfefferspray gegen den Mann mit dem Messer ein und erst als dies keine Wirkung zeigte, griff er zum letzten Mittel das ein Polizeibeamter hat, die Dienstwaffe. Nun muss man aber auch beachten in welcher Zeitspanne diese Stresssituation für Polizisten und Opfer geschah. Wir reden hier nicht von Minuten und einer langen Diskussion, nein, von Sekunden. In dieser Zeit muss der Beamte Entscheidungen treffen und immer wieder reagieren, den Aggressor auf Abstand halten. Sicherlich sagen jetzt einige das hat der Polizeibeamte gelernt, ja, aber zwischen einem Trockentraining und der Realität gibt es doch einen gewaltigen Unterschied.
Ich glaube man keinem Polizeibeamten unterstellen, dass er gerne seine Schusswaffe auf einen Menschen richten muss. Viele Beamte sind wahrscheinlich in diese Situation bisher noch gar nicht gekommen, dass sie die Waffe ziehen mussten. Aber die Dienstwaffe ziehen, den Angreifer warnen und den Schusswaffengebrauch androhen und dann auf einen Menschen zu schießen kostet Überwindung. Um auf sein Gegenüber zu schießen muss man Angst um sein Leben haben, sonst drückt man nicht ab. Ich denke darüber sind sich alle einig.
Der 48-Jährige wollte sich seiner Verhaftung entziehen und hatte ein Messer gegen den Polizeibeamten gerichtet. Wäre das Messer nicht ins Spiel gekommen, hätte niemand geschossen und die Verhaftung wäre mit einer Rangelei, ein paar blauen Flecken vielleicht abgelaufen. Der Beamte war einer Bedrohungssituation ausgesetzt und musste handeln, um sein Leben zu schützen, so traurig es ist, ein anderes wurde damit beendet, aber nicht mit Vorsatz, sondern auf Grund widriger Umstände.
Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt tragen die fehlenden Puzzelteile nun seit Mittwoch zusammen, klären, wo die anderen fünf Beamten standen, warum oder wie sie Eingegriffen haben. Der Fall wird nicht zu den Akten gelegt, er wird Stück für Stück aufgearbeitet. Dies ist auch für die Polizei wichtig, denn auf solchen Fällen lernen sie und ziehen ihre Lehren. Lassen wir jetzt die Ermittler ihre Arbeit machen, fällen wir nicht voreilige Vorverurteilungen und hoffen wir, dass ein solcher tragischer Zwischenfall nicht wieder passiert. Wir brauchen die Polizeibeamten und die Beamten brauchen den Rückhalt in der Bevölkerung. Beide Seiten müssen sich vertrauen können.