BOS Digitalfunk – wenn nichts mehr geht – 1,1 Mio. Nutzer können nicht funken

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„Mit dem Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) verfügen die Einsatzkräfte von Polizeien, Feuerwehren, Rettungsdiensten sowie Katastrophen- und Zivilschutzeinrichtungen in Bund und Ländern sowie Teile der Bundeswehr über ein gemeinsames, leistungsstarkes und hochsicheres Kommunikationsmittel. Das Funknetz ermöglicht eine bundesweite und organisationsübergreifende Verständigung und vereinfacht dadurch die Durchführung von Einsätzen – nicht nur im Alltag, sondern ganz besonderes auch in komplexen Krisenlagen und Katastrophensituationen. Somit unterstützt der Digitalfunk BOS eine schnellere und verlässliche Hilfe für alle Bürgerinnen und Bürger.“ – so weit ein Auszug aus einer Pressemitteilung der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS).

In der Nacht vom 20.09.2022 auf 21.09.2022 fiel bundesweit und flächendeckend der BOS Digitalfunk für rund 20 Minuten aus. In der Zeit von 02.16 Uhr bis 02.35 Uhr war der Digitalfunk von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst u.a. Katastrophenschutzeinheiten tot – es ging nichts mehr und das nicht nur im Sprechfunk, sondern auch Einsatzkräfte konnten in dieser Zeit auch nicht mehr über Alarmpager alarmiert werden. Polizeieinsatzzentralen, Feuerwehrleitstellen und die Integrierten Leitstellen mussten zum Mobiltelefon greifen, wenn sie ihre Einsatzkräfte erreichen wollten. Oder auf den analogen 4- oder 2-Meter-Funk zurückgreifen, sofern die Einsatzkräfte und Fahrzeuge diesen noch hatten.

Die Ursache war am Freitag, 30.09.2022, Stand 16.30 Uhr, noch nicht klar. Auf eine Anfrage der Redaktion teilte die zuständige Behörde (BDBOS) folgendes mit: Nach aktuellem Erkenntnisstand waren geplante Konfigurationsarbeiten an der Vermittlungstechnik die Ursache. Genaue Hergänge und technische Einzelheiten werden derzeit ermittelt. Die Arbeiten an der Vermittlungstechnik wurden nach Auftreten der Störungen unverzüglich eingestellt, worauf der Digitalfunk BOS sofort wieder störungsfrei zur Verfügung stand.“

Sofort wieder störungsfrei zur Verfügung stand“ – die Panne dauerte knapp 20 Minuten. In dieser Zeit konnten knapp 1,1 Millionen Funkgeräte keinen Funkspruch absetzen.

Das erschreckende an diesem Vorfall ist, dass er offenlegt, wie anfällig und verletzlich der BOS Digitalfunk ist. Ein Eingriff an einer zentralen Stelle legt unsere Sicherheitsbehörden bundesweit lahm. Diesmal war schnell klar, dass der Ausfall durch Wartungsarbeiten verursacht wurde und man konnte schnell reagieren und die Maßnahmen rückgängig machen. Was passiert aber, wenn genau an einer solchen sensiblen Stelle ein Sabotageakt stattfindet, dann wird die Ursachenforschung und der Ausfall wohl länger andauern.

Ausfälle des BOS Digitalfunks örtlich begrenzt sind keine Seltenheit. Die BDBOS spricht zwar von einer Netzwerkverfügbarkeit von 99,97%, aber das heißt nicht, dass jeder Funkspruch auch dieses Netz erreicht.

Technische Probleme aufgrund von Ausfall von Technik in Vermittlungsstationen hat schon öfters zu begrenzten örtlichen Ausfällen des Digitalfunks geführt.

Eine der größten Gefahren für den BOS Digitalfunk ist aber ein flächendeckender Stromausfall von mehr als zwei Stunden. Sind die Einsatzzentralen von Polizei, Feuerwehr, der Integrierten Leitstellen (ILS) mit Notstromaggregaten versorgt und können über einen längeren Zeitraum autark betrieben werden, so sieht es bei den Funkmasten anders aus. Diese haben nur einen Batteriepuffer von zwei Stunden, danach fällt dann Funkzelle für Funkzelle aus, sollte sie nicht durch ein Notstromaggregat innerhalb dieser Frist versorgt werden.

Fachleute warnen ja bereits jetzt vor einen Blackout in den kommenden Wintermonaten, dann haben auch die Funkmasten nur bedingt Kapazität, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Der Digitalfunk allein ist eine Gefahr für die Sicherheit, das muss man sich einfach eingestehen. Er ist hochtechnisch und von zu vielen Faktoren abhängig. Man braucht eine zusätzliche Funktechnik, wie den analogen 4-Meter-Funk. Der Landkreis Biberach/Riss hat in den vergangenen Monaten zwei neue Einsatzleitwagen angeschafft und hier genau aus diesem Grund digital und analog verbaut. Auch die Integrierten Leitstellen (ILS) in Bayern und anderen Bundesländer bauen den anlagen 4-Meter-Funk nicht zurück.

Auch das Thema „digitale Alarmierung“ muss nochmals auf den Prüfstand. Fällt der Digitalfunk aus kann dann in Bayern kein Rettungsmittel alarmiert werden. Man hat hier zwar Rückfallebenen, aber auch diese hängen mit Mobilfunkgeräten zusammen und könnten im Falle eines Blackouts auch von einem Ausfall betroffen sein.

 

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