IHK Schwaben | Mobilitätswende: Jedes dritte Unternehmen rechnet mit weitreichenden Folgen

-

Print Friendly, PDF & Email

IHK-Umfrage sieht für die Wirtschaft mehr Chancen als Risiken. Auch der Personalbedarf in Bayerisch-Schwaben könnte steigen.

 

Der Verbrennermotor steht vor dem Aus, Fahrzeuge sind heute rollende Computer: Die Mobilitätsbranche steckt mitten im Wandel – mit weitreichenden Folgen für die Industrie in Bayerisch-Schwaben und die Arbeitsplätze in diesem Bereich. Wie stehen die Unternehmen in der Region zu dieser Entwicklung? Laut einer aktuellen Umfrage der IHK Schwaben sieht die Mehrheit in den neuen Technologien mehr Chancen als die Risiken. „Rund ein Viertel der bayerisch-schwäbischen Unternehmen erkennt Chancen für das Geschäftsmodell. Das ist ein wichtiges und gutes Signal für den Wirtschaftsstandort Schwaben“, sagt Dr. Matthias Köppel, Leiter des Geschäftsbereichs Standortpolitik bei der IHK Schwaben. „Und es ist ein Auftrag an die IHK Schwaben, uns auch weiterhin für zukunftsgerichtete Rahmenbedingungen, Infrastruktur und gut qualifizierte Fachkräfte einzusetzen.“

 

Auch beim „Forum Mobility“, einer digitalen Veranstaltung der IHK Schwaben, waren die Folgen für die heimische Wirtschaft Thema. Prof. Dr. Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des unabhängigen Forschungsinstituts Center of Automotive Management (CAM) an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, sprach angesichts der Umbrüche in der Automotive-Industrie sowie in Transport, Logistik und Personenverkehr von einer „Revolution“: „Der Wandel, der vor uns liegt ist enorm. Es wird ein neues Automobiluniversum entstehen, in dem Software, Daten, Dienstleistungen und neue Player eine entscheidende Rolle spielen werden.“ Bratzel betonte auch: „Die Automotive-Branche in Bayerisch-Schwaben ist stark.“

Unmittelbare Folgen für das Geschäftsmodell

Laut der IHK-Umfrage rechnet ein Drittel der bayerisch-schwäbischen Unternehmen quer durch alle Branchen mit unmittelbaren Folgen für das Geschäftsmodell in den kommenden fünf Jahren. Im Rahmen der Herbst-Konjunkturumfrage hatte die IHK Schwaben die regionalen Unternehmen zu ihrer Einschätzung zu den wichtigsten Mobilitätstrends befragt: Dazu gehören Connectivity – darunter versteht man die Daten-Vernetzung des Fahrzeugs mit seiner Umwelt –, autonomes Fahren oder auch Sharing. Mit diesem Begriff werden Modelle bezeichnet, bei denen nicht mehr jeder Einzelne über ein Fahrzeug verfügt, sondern Dienstleister den Transport übernehmen oder Menschen Fahrzeuge gemeinsam nutzen. Auch die Elektromobilität gehört zu diesen vier wichtigsten Trends, die unter dem Schlagwort „CASE“ zusammengefasst werden. An der repräsentativen branchenübergreifenden Befragung haben 855 Unternehmen teilgenommen.

Hohe Erwartungen an vernetzte Fahrzeuge

Demnach rechnen die Unternehmen insbesondere durch „Connectivity“ und Elektromobilität mit weitreichenden Folgen für ihr Geschäft. Während 26 Prozent der Befragten im elektrischen Antrieb eine Chance und elf Prozent ein Risiko für ihr Unternehmen sehen, verbinden sich mit der Daten-Vernetzung hohe Erwartungen: Auch hier sehen 26 Prozent eine Chance, aber nur drei Prozent ein Risiko. Das autonome Fahren wird von etwa doppelt so vielen Unternehmen als Chance (15 Prozent) gewertet wie als Risiko (acht Prozent). Über alle Unternehmen hinweg liegen Chancen und Risiken auch bei den Sharing-Konzepten in einer ähnlichen Größe (je neun Prozent). Beim Sharing ist mit 81 Prozent der Anteil jener, die keine unmittelbaren Folgen für das eigene Geschäftsmodell erwarten, am höchsten.

Wasserstoff steht bei den Unternehmen im Fokus

Besonders große Hoffnungen setzen die Unternehmen auf die Entwicklung von Wasserstoff-Brennstoffzellen für den Fahrzeugantrieb: 33 Prozent sehen diese Technologie, bei der die Elektrizität im Fahrzeug erzeugt wird, als Chance und nur vier Prozent als Risiko. Vor allem im Lkw-Verkehr gilt die Wasserstoff-Brennstoffzelle als Antrieb der Zukunft, weil den Batterien auf absehbare Zeit nicht genügend Reichweite zugetraut wird und deren Volumen und Gewicht die Nutzlast verringern. Die IHK Schwaben trägt dem hohen Interesse an dieser neuen Technologie Rechnung, indem sie schon Anfang des Jahres ein „Netzwerk Wasserstoff“ mit mehr als 100 Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben ins Leben gerufen hat.

Jedes zehnte Unternehmen braucht mehr Personal

Was bedeutet das alles für die Mitarbeitenden in den Unternehmen? Aktuell arbeiten rund 58.000 Menschen in Bayerisch-Schwaben im Automotive-Sektor. Laut der Umfrage erwarten drei von vier Unternehmen von den CASE-Trends keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten. Etwa zehn Prozent der Befragten rechnen sogar mit einem steigenden Arbeitskräftebedarf. Acht Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sie weniger Personal benötigen. Genauso viele sehen die Notwendigkeit, ihre Mitarbeitenden weiter zu qualifizieren.

Strategien im Transformationsprozess

Das „Forum Mobility 2021“ der IHK Schwaben diente dabei als Plattform, um sich über die Trends und Technologien der Mobilität und die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schwaben zu informieren. Neben dem renommierten Experten Professor Bratzel gingen auch Dr. Sascha J. Semmler von der Continental AG und Prof. Dr. Manfred Plechaty von der Hochschule Neu-Ulm auf die Frage ein, mit welchen Strategien Unternehmen auf den Transformationsprozess reagieren sollten. Semmler stellte u. a. Konzepte wie „Mobility as a service“ vor, die veränderte Produktportfolios und neue Kooperationen und Partnerschaften zwischen den Unternehmen mit sich bringen.