Unterhaltsame klassische Literatur für zu Hause

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Ablenkung gefällig? Das Jahr 2020 hatte seine Tücken und 2021 fing kaum besser an. Um sich innerlich zur Ruhe zu bringen und auf ganz andere Gedanken zu kommen, lohnt es sich, den einen oder anderen literarischen Klassiker zur Hand zu nehmen. Diese historischen Werke erweisen sich oft als erstaunlich spannend und gar nicht so abgehoben, wie mancher denkt.

Ein Autor wie Franz Kafka hat seine Lorbeeren nicht dadurch verdient, dass er seine Leser langweilt, ganz im Gegenteil! Sein Werk „Der Prozess“ fasziniert auch heute noch die Menschen, die sich auf die surreale Geschichte einer höchst seltsamen Gerichtsverhandlung einlassen. Antoine de Saint-Exupéry gehört noch heute zu den meistzitierten Schriftstellern überhaupt, sein „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche bleibt dem Auge verborgen“ stammt aus dem träumerischen Klassiker „Der kleine Prinz“. Zur Sprache kommen sollen auch Fjodor Dostojewskis „Der Spieler“ und „Die Blechtrommel“ von Günter Grass.

Franz Kafka: „Der Prozess“

Die Erstveröffentlichung von „Der Prozess“ erfolgte 1925, also vor fast 100 Jahren. Das Werk ist postum erschienen und blieb unvollendet, was aber seiner erzählerischen Kraft keinen Abbruch tut. Der Protagonist Josef K. wird pünktlich zu seinem 30. Geburtstag verhaftet und weiß nicht, warum. Trotzdem darf er weiter herumlaufen und arbeiten, das Gericht ist nicht greifbar, ebenso wie die Anklage. Eine Rechtfertigung scheint somit unmöglich, stattdessen erlebt Josef K. eine albtraumhafte Bürokratie, die schließlich ein Urteil über ihn verhängt, das wie alles andere auch, unausgesprochen bleibt. Der Hauptcharakter merkt, dass sich seine Zeit zum Ende neigt und am Vorabend zu seinem 31. Geburtstag erreicht das Debakel tatsächlich seinen Höhepunkt.

Keiner versteht sich so wie Franz Kafka darauf, den Leser in surreale Abgründe zu ziehen. Wer das mag, wird an diesem Buch seine Freude haben.

Fjodor Dostojewski: „Der Spieler“

Dieses Werk des bekannten russischen Autors erschien bereits 1867, einem Jahr nach dem berühmten Klassiker „Schuld und Sühne“. Wir haben eine Geschichte vor uns, die grotesk-humoristische Elemente enthält und einer derben Erzählweise folgt. Das Ganze spielt im Kurort Roulettenburg und hat, wie der Name dieses Ortes bereits andeutet, viel mit Roulette und dem Spielen an sich zu tun. Zu dieser Zeit gab es noch keine Online Casinos wie beispielsweise das PokerStars Vegas. Dostojewski selbst war den Casino-Spielen sehr zugetan und hielt sich wie sein Protagonist und Ich-Erzähler Aleksej Iwanowitsch, häufig in lokalen Spielbanken auf. Aleksej ist Hauslehrer eines hoch verschuldeten Generals, er verstrickt sich in eine Liebesgeschichte, um anschließend dem großen Spiel zu verfallen.

Der autobiografische Aspekt macht die Story besonders lesenswert, spiegeln sich darin doch die realen Erfahrungen des Schriftstellers wieder. Einmal abtauchen in die Spielwelt des 19. Jahrhunderts? Hiermit leicht gemacht!

Antoine de Saint-Exupéry gehört: „Der kleine Prinz“

Das märchenhafte Werk „Der kleine Prinz“ gelangte im Jahr 1943 in die Hände der Leser und zieht seitdem seine Kreise in sämtlichen Bücherregalen der Welt. Es handelt sich um eine kleine Geschichte über Menschlichkeit und Freundschaft, die zu Herzen geht. Der sogenannte kleine Prinz stammt vom Planeten B 612, er stattet in trübsinniger Stimmung der Erde einen Besuch ab. Dabei stößt er auf den Ich-Erzähler, der als Pilot mitten der Sahara abgestürzt ist und nun von seinem knappen Wasservorrat zehrt. Die beiden kommen ins Gespräch und der außerirdische Besuch erzählt seine Lebensgeschichte. Die Story stimmt nachdenklich und verweist immer wieder auf unsichtbare Werte, die in der modernen Konsumgesellschaft verloren gegangen sind.

„Der kleine Prinz“ besteht nicht aus vielen Seiten oder Buchstaben, aber aus ganz viel Inhalt. Darum die Empfehlung, während es Lesens immer wieder innezuhalten, nachzudenken und die enthaltenen Gedanken auf sich wirken zu lassen.

Günter Grass: „Die Blechtrommel“

Die ist der jüngste hier vorgestellte Roman, er erschien 1959 als Auftakt zu einer Trilogie von Günter Grass. Alle drei Bücher zusammen schildern eine Familiengeschichte, die im Jahr 1899 mit der Zeugung der Mutter des Protagonisten beginnt. Oskar Matzerath befindet sich mehr als 50 Jahre später in einer Heil- und Pflegeanstalt, wo er seine Lebensgeschichte aufschreibt. Auch aktuelle Ereignisse kommen dabei zur Sprache, zum Beispiel die Gespräche mit Pfleger Bruno und dessen Bindfaden-Kunstwerke. Die Handlung ist aus locker verknüpften Episoden zusammengefügt. Das Buch lässt sich nur schwer einem einzigen Genre zuordnen, als gilt als historischer Roman, als Schelmenroman, als Zeitroman und als Entwicklungsroman. Dem Leser bietet es eine Abenteuerreise in die Vergangenheit.

Photo by Florian K., CC BY-SA 3.0

Wer in diesen wunderbaren Schmöker hineingefunden hat, der wird mit zwei weiteren Werken der Danziger Trilogie belohnt. Das heißt: „zu Ende“ ist hier noch lange nicht zu Ende.

Vier Werke, vier Profile – eine Faszination

Die vorgestellten vier Werke sind vor allem eines: höchst unterschiedlich. Die Autoren lebten in verschiedenen Zeiten und jeder von ihnen hegte seine stilistischen Eigenheiten. Gerade aus diesem Grund passen die Romane hervorragend zusammen, denn gemeinsam zeigen sie, wie verschieden Bücher sein können, ohne auch nur eine Spur Qualität einzubüßen. Wer alle vier Werke hintereinander liest, in dem bleibt sicher eine Spur Faszination zurück. Und wahrscheinlich auch die Freude, auf solche Perlen gestoßen zu sein.