Rechtsextremistische Szene in Bayern wird aktiver

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Bayern Innenministerium | 23.03.2012 | 12-0656

Innenminister Joachim Herrmann hat heute in München den Verfassungsschutzbericht Bayern für das Jahr 2011 vorgestellt. Schwerpunkt war dabei die Bekämpfung des Rechtsextremismus. „Seit Herbst 2011 beobachten wir eine Zunahme der Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene. Dabei stellen wir auch ein erhöhtes Aggressions- und Gewaltpotenzial fest. Die Anwendung von Gewalt wird von Rechtsextremisten als legitimes Mittel angesehen“, so Herrmann. Die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten lag im vergangenen Jahr mit 57 nahezu auf dem Niveau des Vorjahres (2010: 58 Gewalttaten). Die rechtsextremistische Szene und ihre Entwicklung müsse weiterhin besonders im Auge behalten werden. Der Innenminister: „Das gilt umso mehr angesichts der Erkenntnisse zur “Zwickauer Terrorzelle“. Wir werden künftig einzelne Neonazis mit besonderem Gewaltpotenzial noch intensiver beobachten und überprüfen. Damit unterstreichen wir unser konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus.“ Besondere Wachsamkeit erfordere auch der islamistische Terrorismus. „Die Ereignisse in Frankreich machen die unverändert bestehende Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus deutlich. Und sie zeigen, dass gerade von radikalisierten islamistischen Einzeltätern eine erhöhte Gefahr aus“, so Herrmann.

Herrmann bezeichnete auch die Aufklärung über den Rechtsextremismus als Schwerpunktaufgabe des Verfassungsschutzes: „Information und Prävention spielen beim Kampf gegen den Rechtsextremismus eine entscheidende Rolle. Daher haben wir unsere Rechtsextremismus-Broschüre “Hellhörig bei braunen Tönen“ wesentlich überarbeitet. Sie eignet sich vor allem für die Arbeit mit Jugendlichen.“ Die Broschüre thematisiert etwa braune Musik, braunen Sumpf im Internet oder braun verpackte Jugendarbeit. Sie informiert über rechtsextremistische Symbole und Buchstaben- bzw. Zahlencodes. Ebenso wird eine Reihe von Ansprechpartnern genannt, die mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Broschüre kann beim Innenministerium bestellt werden und ist auch online abrufbar unter http://www.stmi.bayern.de/sicherheit/verfassungsschutz/extremismus/.

Herrmann unterstrich erneut die Notwendigkeit eines NPD-Verbots. Sie sei die größte rechtsextremistische Partei und wolle die demokratische Grundordnung und die Menschenrechte abschaffen. Herrmann: „Ich begrüße es sehr, dass sich die Innenminister und –senatoren der Länder gestern darauf geeinigt haben, den Weg zu einem neuen, erfolgreichen Verbotsantrag konsequent fortzusetzen. Wir werden jetzt das für ein Verbot erforderliche Material zusammentragen. Ziel muss es sein, dass noch in diesem Jahr über die Einleitung eines Verbotsverfahrens entschieden werden kann.“

Neben dem Rechtsextremismus dürften selbstverständlich die anderen Formen des Extremismus keinesfalls aus den Augen verloren werden. Das gelte gerade jetzt für den Linksextremismus. Herrmann: „Linksextremisten missbrauchen gerade jetzt den breiten gesellschaftlichen Konsens gegen Rechtsextremismus. Ihre Ziele, die sie unter dem Deckmantel des Antifaschismus verfolgen, reichen weit über die bloße Bekämpfung des Rechtsextremismus hinaus.“ Linksextremisten arbeiten in demokratischen Bündnissen gegen Rechtsextremismus mit und unterwandern sie mit ihrem linksextremistischen Gedankengut. Das Forum, das den bürgerlichen Bündnissen geboten wird, wird dabei von Linkextremisten für ihre eigenen Botschaften ausgenutzt.

Eine positive Entwicklung hat es im vergangenen Jahr aber bei den linksextremistischen Gewalttaten gegeben. Nach ständig steigenden Zahlen in den vergangenen Jahren ist die Zahl hier im Jahr 2011 mit 57 registrierten Gewalttaten etwa um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Ursächlich hierfür waren vor allem eine geringere Anzahl rechtsextremistischer Großveranstaltungen in Bayern, aber auch das konsequente Einschreiten der Polizei gegen Gewalttäter und die Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes.

Besondere Aufmerksamkeit muss laut Herrmann nach wie vor auch dem islamistischen Terrorismus gewidmet werden. Das zeigen aktuell die Ereignisse in Frankreich. Auch wenn die genauen Umstände noch nicht geklärt sind, scheint jetzt schon die islamistische Motivation des mutmaßlichen Täters sicher. In Deutschland sei das Attentat auf amerikanische Soldaten Anfang März 2011 am Frankfurter Flughafen der erste tatsächlich vollendete islamistische Terroranschlag gewesen. Herrmann: „Beide Fälle machen deutlich, dass gerade von Einzeltätern und Kleinstgruppen eine erhöhte Gefahr ausgeht. Diese “einsamen Wölfe“ können sich weitgehend unbemerkt über das Internet radikalisieren – so wie der Frankfurter Attentäter.“ Der Salafismus sei bei der islamistischen Bewegung die am schnellsten wachsende Bedrohung. Salafisten lehnen weltliche Gesetze und die Werte westlicher Gesellschaftssysteme als unislamisch und unterlegen ab. Die Übergänge zwischen politischen Salafisten und gewaltbereiten Dschihad-Salafisten seien dabei fließend. Joachim Herrmann: „Der politische Salafismus bildete bei den bislang bekannt gewordenen terroristischen Planungen oder Anschlägen den geistigen Nährboden. Die Indoktrination bei Salafismus-Veranstaltungen führt in vielen Fällen dazu, dass sich Teilnehmer radikalisieren. Eine Schlüsselrolle spielt auch das Internet.“ In Bayern würden sich die Hinweise auf eine zunehmende Anhängerschaft der Salafisten verdichten.

Der rund 270 Seiten starke Verfassungsschutzbericht ist im Internet abrufbar unter http://www.stmi.bayern.de/sicherheit/verfassungsschutz/verfassungsschutzberichte