Rückschritt in Ungarn: „Die Mannschaft kann viel lernen“

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Hans Flick sprach nach dem enttäuschenden Auftritt in Ungarn von einem Rückschritt. Die Entwicklung der DFB-Auswahl stockt gut fünf Monate vor der WM.
Budapest (SID) Für die Schönheiten Budapests hatte Hansi Flick zunächst kein Auge. Statt sich zwischen Kettenbrücke, Heldenplatz und Burgpalast zu tummeln, setzte sich der Bundestrainer mit Sturmproblemen, Standardschwächen und fehlender Spielkultur auseinander. 
„Es war klar, dass es kein einfacher Weg wird und es Rückschläge geben wird. Heute war es ein Rückschritt“, klagte er nach der enttäuschenden Vorstellung der DFB-Auswahl beim 1:1 (1:1) in Ungarn und ergänzte mit Blick auf die großen Ziele im WM-Jahr: „Wir müssen schauen, dass wir aus diesem Spiel die Lehren ziehen. Die Mannschaft kann viel lernen.“
Daher standen am Sonntag bei weiß-blauem Himmel erst einmal Analyse, Spielerersatztraining und Regeneration auf dem Programm. Danach gestatte Flick seiner Mannschaft trotz aller Defizite und dem Novum in der DFB-Historie von vier Unentschieden (alle 1:1) in Folge einen „freien Abend“ für ein „gemeinsames Essen“. Einzige Bedingung vor dem Abschluss des Nations-League-Viererpacks am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) gegen Italien in Mönchengladbach: „Sie wird dann wieder zu einer bestimmten Zeit im Hotel sein.“ Denn: „Jetzt müssen wir eine, zwei oder drei Schippen drauflegen.“
Angesichts der schwachen Leistung in der Puskas Arena wird sich niemand trauen, den Zapfenstreich zu missachten. Flicks Projekt „Rückkehr an die Weltspitze“ stockt gewaltig. Die Abwehr ließ ohne den geschonten Chef Antonio Rüdiger zahlreiche Chancen des Weltranglisten-40. zu. Aus der Mittelfeldzentrale mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Kai Havertz kam spielerisch viel zu wenig, und im kriselnden Sturm blieb Timo Werner abermals hinter den Ansprüchen zurück.
„Wenn ein Torwart herausragend ist, stimmt ein bisschen was im Spiel nicht“, sagte ein nachdenklicher Flick nach der bärenstarken Leistung seines Kapitäns Manuel Neuer und kam zu der ernüchternden Feststellung: „Er hat uns heute diesen Punkt gerettet.“ Widerspruch erntete er nicht.
Flick und seine Spieler verwiesen nach Abpfiff immer wieder auf den „Entwicklungsprozess“, in dem sich die Nationalelf auf dem Weg zur WM in Katar (21. November bis 18. Dezember) befinde. Dabei sei sie „noch auf dem richtigen Weg“, betonte Neuer. Zuletzt habe man „gute und schlechte Seiten von uns gesehen“. In Budapest, von wo aus der DFB-Tross am Montagabend nach Düsseldorf fliegt, waren es eindeutig letztere.
Flick kritisierte mehrfach die mangelnde „Überzeugung“ und „zu viele Fehler“. So sei es für den Gegner „relativ einfach“ gewesen. Seine Unzufriedenheit war dem 57-Jährigen schon im Spiel anzumerken. Flick gestikulierte, ruderte wild mit den Armen und hüpfte auf der Stelle. 
Jonas Hofmann (9.) verhinderte nach dem Rückstand durch Zsolt Nagy (6.) die erste Niederlage im zwölften Spiel in Flicks Amtszeit (acht Siege). Später ließ der sonst nervenstarke Gladbacher die einzige deutsche Großchance in der zweiten Halbzeit ungenutzt. „Da haben irgendwelche Synapsen nicht richtig gezündet“, sagte Hofmann.
Das soll sich gegen Italien ändern, um sich vor den letzten beiden Spielen im September in eine gute Ausgangsposition für den Gruppensieg zu bringen. Neuer forderte, „noch einmal eine Rakete zu zünden. Wir brauchen ein gemeinsames Erfolgserlebnis.“ Leon Goretzka will mehr „Geilheit auf Tore“ sehen. Auch bei Ecken und Freistößen blieb der viermalige Weltmeister harmlos. Die defensiven Standards wurden schlecht verteidigt.
Die Sturmflaute will DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff durch „mehr Kombinationsfußball und die Dribbelstärke und Schnelligkeit unserer Spieler“ kompensieren. Diese Dinge bringt Leroy Sane mit, das Sorgenkind war für Flick aber keine Option. Zum Warmmachen vor dem Spiel kam er über fünf Minuten später als alle anderen. 
„Wir helfen ihm, aber er muss sich natürlich auch selber helfen. Am Ende musst du dich als Spieler da rauskämpfen“, sagte Bierhoff deutlich, gab sich mit Blick auf die Freizeitgestaltung an der Donau aber etwas großzügiger als Flick: „Ich weiß, Budapest hat schöne Bäder, wir werden sicherlich entspannen.“
SID om mm tl

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