„Harakiri“-Bayern zwischen Frust und Erleichterung: „Die Zuversicht lebt“

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Bayern München hat bei Außenseiter Villarreal nur mit viel Glück eine völlige Blamage verhindert. Im Rückspiel steht der frustrierte Rekordmeister massiv unter Druck.
Villarreal (SID) Bei der mitternächtlichen Rückkehr ins noble Hotel Luz Castellon schwankte die Stimmung bei den geknickten Stars des FC Bayern zwischen Frust, Trotz und Erleichterung. Es sei von allem „etwas dabei“, sagte Julian Nagelsmann nach dem noch äußerst schmeichelhaften 0:1 (0:1) beim FC Villarreal.
Doch die finstere Miene des Münchner Trainers verriet deutlich, dass der Ärger über die Fast-Blamage im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League überwog. Nagelsmann wirkte genervt, als er den indisponierten Auftritt des deutschen Rekordmeisters gegen den klaren Außenseiter als „total wild“ kritisierte. Es sei „zu sehr Harakiri“ gewesen. 
Man habe „grundsätzlich“ gewollt, „aber wir konnten nicht so wirklich“, räumte der schwache Thomas Müller enttäuscht ein. Auch Joshua Kimmich zeigte sich selbstkritisch: „Wir konnten unsere Qualität nicht zeigen.“ 
Letztendlich half der berühmte Bayern-Dusel bei diversen Großchancen des „gelben U-Boots“, dass die Ausgangsposition vor dem Rückspiel am Dienstag (21.00 Uhr/Amazon prime) nicht schon aussichtslos ist. „Wir können am Ende des Tages sagen, dass wir mit dem 1:0 noch gut bedient waren“, sagte Kimmich. 
Das blaue Auge, mit dem Leon Goretzka am Donnerstagvormittag den Sonderflieger in Valencia bestieg, stand sinnbildlich für den missratenen Spanien-Ausflug der Münchner. So aber „lebt die Zuversicht“, wie Nagelsmann betonte, auch wenn der Druck nach der ersten Auswärtspleite in der Königsklasse nach viereinhalb Jahren hoch ist. 
Doch Kimmich war sich sicher, „dass wir ein anderes Gesicht zeigen“ werden, ja „zeigen müssen“, wie sein Coach streng ergänzte. Und überhaupt sei ein FC Bayern „erfahren genug“, so Müller, „wir wollen zurückschlagen, wir wissen, was erwartet wird“. Nichts anderes als ein Sieg, der zum 21. Mal in der Vereinsgeschichte ins Halbfinale des wichtigsten europäischen Wettbewerbs führen soll. 
Ansonsten drohen Nagelsmann erhebliche Kratzer und unruhige Zeiten, erst recht nach dem blamablen und frühen DFB-Pokal-Aus. Die zehnte Meisterschaft in Folge wäre nur ein kleines Trostpflaster, da nicht nur Müller schon vor dem Duell in Villarreal den Endspielort Paris als Traumziel bezeichnet hatte. 
Doch davon sind die Münchner noch weit entfernt – vor allem in diesem desolaten Zustand. Dabei hatte Vorstandsboss Oliver Kahn bei DAZN noch vor dem Spiel die Bedeutung herausgestellt. Das seien „die Wochen, auf die sich alle freuen. Da geht es um Titel. Jedes Spiel ist fast ein Endspiel“.
Das erste davon ging völlig daneben. Vom frühen Gegentor durch Arnaut Danjuma (8.) erholten sich die Bayern nicht mehr, doch allzu lange wollten sie sich mit der Pleite im Estadio Ceramica nicht aufhalten. Man sei nicht „dazu da“, sagte Müller trotzig, „um zu lamentieren und unser Spiel zu zerpflücken“. 
Dabei gab es bei der indisponierten Darbietung genug Ansätze zur Kritik. Sein Team habe „keine Torchance gehabt, die nach Tor roch“, bemängelte Nagelsmann. Torgarant Robert Lewandowski etwa? Nicht zu sehen! Zudem habe „die Power“ gefehlt. „Wir waren nicht da“, stellte Kimmich lapidar und treffend fest.  
Immerhin gab es auch einen positiven Aspekt. Alphonso Davies feierte nach vier Monaten Pause wegen einer Herzmuskelentzündung sein ersehntes Comeback. Man habe gesehen, sagte Nagelsmann jedoch, „dass es noch dauern wird, bis er seinen Rhythmus findet und der Alte wird“.
Sein Team hat dagegen keine Zeit. Am Dienstag zählt es!
SID tn th om

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