Wunderkind Walijewa unter Dopingverdacht – Witt sorgt sich

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Der russische Dopingschatten legt sich wieder über Olympia – und diesmal geht es um ein Kind. Das IOC versucht hektisch, die Lage in den Griff zu bekommen.
Peking (SID) Als der düstere Dopingverdacht endgültig die Olympiastadt Peking erreichte, übte das Wunderkind seine Vierfachsprünge. Doch die Kür zu Ravels weltbekanntem Bolero wollte Kamila Walijewa nicht gelingen, zweimal stürzte sie aufs Eis und verschwand wortlos in den Katakomben; das Gesicht versteckt hinter einem Pullover. Am Montag war die Russin ein gefeierter Star, nun steht sie im Mittelpunkt einer sportgerichtlichen Auseinandersetzung.
Für Deutschlands Eiskunstlauf-Legende Katarina Witt ist das ein „Skandal“, denn Walijewa, dieser „strahlende Komet“, der „in die Umlaufbahn der internationalen Eislauf-Welt“ schoss, sei doch erst 15 Jahre alt. Noch ein Kind, das nach einem positiven Dopingtest an Weihnachten auf den Stoffwechsel-Modulator Trimetazidin aber plötzlich der Beweis für die unbelehrbaren Russen sein soll, die nach ihrem Dopingskandal der Winterspiele 2014 in Sotschi als Nation noch immer verbannt sind.
Zumindest entwickelt sich auf der Bühne der Olympischen Winterspiele in Peking ein juristischer Krimi: Das IOC gegen die RUSADA, der oft als zu nachsichtig kritisierte Ringe-Orden gegen die russischen Anti-Doping-Behörden. Die hatten Walijewa trotz einer positiven Probe, die vor den Spielen genommen, aber erst in China bekannt geworden war, freigesprochen. Der CAS muss nun entscheiden – auf dem Spiel steht Walijewas Start in der Einzelkonkurrenz. Mindestens.
„Wenn überhaupt, gehören die verantwortlichen Erwachsenen für immer für den Sport gesperrt!“, schrieb Witt bei Facebook: „Das was sie ihr vielleicht zugemutet haben, ist an Unmenschlichkeit nicht zu überbieten und lässt mein Sportlerherz weinen.“ Das junge Mädchen, „welches gerade die ganze Welt mit seiner Sportlichkeit und Anmut verzaubert“, treffe „keine Schuld“.
Ähnlich sehen es die Russen, die darüber hinaus auch Zweifel an dem positiven Test aus dem Dezember anmeldeten. „Es scheint, dass jemand die Probe bis zum Ende des Mannschaftswettbewerbs zurückgehalten hat“, sagte Stanislaw Posdnjakow, Chef des Nationalen Olympischen Komitees ROC, es sei „komisch“, dass die Probe von St. Petersburg, wo Walijewa getestet worden war, bis ins Anti-Doping-Labor nach Stockholm „fast einen Monat“ gebraucht habe.
Und überhaupt: Nach der EM im Januar sei sie doch negativ gewesen, wie auch in Peking, wo sie am Montag ihr Team zu Gold führte. Doch die Medaillen blieben im Schrank, die Siegerehrung fiel aus. Die Gerüchteküche brodelte, ehe sich am Freitag die Internationale Testagentur ITA, bei Olympia im Auftrag des IOC für die Proben zuständig, zu Wort meldete und den Dopingverdacht bestätigte.
Da hatte die RUSADA Walijewa schon suspendiert und dies wieder zurückgenommen. Das Internationale Olympische Komitee, das laut Sprecher Mark Adams „eine hundertprozentige Anti-Doping-Politik“ verfolgt, sah sich so sehr unter Druck, dass es nicht einmal die Begründung der russischen Dopingjäger abwartete, bevor es wie der Eislauf-Weltverband ISU und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) Einspruch einlegte. Das Urteil des Sportgerichtshofs CAS wird vor dem 15. Februar erwartet.
Dann startet in Peking die Einzelkonkurrenz, bei der Walijewa zu den großen Favoritinnen gehörte. In diesem Winter hatte sie bis Peking jeden großen Wettkampf gewonnen, an dem sie teilgenommen hat – dank gewaltiger Sprungkraft und feinfühliger Landungen. „Kein Doping“ dieser Welt hätte ihr bei diesen Vierfachsprüngen helfen können, schrieb Kati Witt, die hofft, dass Walijewa „genügend Menschen“ an ihrer Seite hat, „damit sie nicht daran zerbricht.“
SID cp mh

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