Gegenwind für die Play-off-Revolution: „Nicht so mein Ding“

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Kommt die Modus-Revolution? Die DFL und ihr Unterstützer Bayern München haben für Play-offs dicke Bretter zu bohren. 
Frankfurt/Main (SID) Oliver Glasner hat am Sonntag noch einen nächtlichen Pflichttermin. „Ich schaue natürlich den Super Bowl“, verriet der Trainer von Eintracht Frankfurt, schließlich habe das Play-off-System im US-Sport „einen unglaublichen Reiz“. Ob es sich aber wirklich problemlos auf die Fußball-Bundesliga umlegen lässt, mit ihren traditionellen 34 Spieltagen – da hat dann auch Glasner Zweifel.
Donata Hopfen, neue Chefin der Deutschen Fußball Liga (DFL), hat mit ihren Gedankenspielen jedenfalls einiges aufgewühlt. Bayern München, Übermacht mit Meister-Abo, hat sich sofort interessiert an die Idee gehängt, was auch Trainer Julian Nagelsmann bestärkte. Ansonsten deutete sich am Freitag an, dass für eine Play-off-Revolution bei Fans und Verantwortlichen dickste Bretter gebohrt werden müssten.
„Das ist nicht so mein Ding“, sagte Borussia Dortmunds Trainer Marco Rose, er verwies auf seine Erfahrung mit der Meisterrunde in Österreich: „ich finde den Fußball ganz gut so, wie er ist.“
Die Bundesliga sei „interessant, die Premier League ist mega-interessant. Wer die meisten Spiele über eine Saison gewinnt, hat die Meisterschaft verdient.“ Zur Wahrheit gehört: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte sich aufgeschlossener gezeigt. 
Aus den Freitags-Pressekonferenzen kamen Gegenwind und Offenheit. Urs Fischer von Union Berlin („Man sollte Gedanken zulassen“) stellte sich eher neben Nagelsmann, der ganz auf der Linie seines Chefs Oliver Kahn argumentierte: „Wenn schlaue Köpfe entscheiden, dass es einen Mehrwert gibt, dann bin ich der Letzte, der sich verschließt.“
Rose und – als Vertreter der Kleinen – Arminia Bielefeld dürfen den Skeptikern zugeordnet werden. „Will man wirklich, dass Wohl und Wehe einer Saison von zwei Spielen abhängen?“, fragte Arminia-Trainer Frank Kramer: „Ich bin da eher Traditionalist. Ich glaube, dass eine fairere Verteilung der Fernsehgelder für mehr Gerechtigkeit sorgen kann.“
Offensichtlich ist, dass eine Ablehnung nicht das größte Problem löst: Meister werden immer die Bayern, die Liga ist langweilig geworden.
„Klar, wir wollen, dass Kinder, die heute neun sind, auch mal andere Meister kennenlernen“, sagte der Bielefelder Geschäftsführer Samir Arabi. Dennoch ist auch er: dagegen. 
Dass ausgerechnet der FC Bayern,  größter Profiteur des bisherigen Systems, den Denkansatz der neuen DFL-Spitze teilt, erscheint wie ein Angriff auf die eigenen Interessen. Schließlich konnten die Bayern aufgrund ihrer finanziellen Vormachtstellung seit 2012 nicht vom Sockel gestoßen werden.
Doch es ist absurd: Der Branchenprimus hat sich derart weit von den anderen entfernt, dass er um sein Geschäft bangt und sie jetzt wieder heranholen möchte. Dennoch erscheint fraglich, ob es tatsächlich in naher Zukunft zum ersten Mal seit 1963 (3:1 für Borussia Dortmund gegen den 1. FC Köln) ein Endspiel um die Meisterschaft geben wird. Fanvertreter haben die Idee als Geldmacherei zurückgewiesen.
Für Sport-Geschäftsführer Rudi Völler von Bayer Leverkusen sind Play-offs „ein völlig falscher“ Ansatz: „Ich bin absolut dagegen.“ Zahlreiche Trainer können Play-offs ebenso kaum etwas abgewinnen. 
„Wäre es jedes Jahr eng, würden wir uns mit keinem Wort darüber unterhalten, weil wir alle diesen reinen Wettbewerb besser finden“, sagte Bo Svensson vom FSV Mainz 05. Ähnlich argumentieren Christian Streich (SC Freiburg) und Adi Hütter (Borussia Mönchengladbach).
Denn: Bringt es tatsächlich mehr Gerechtigkeit, wenn der Tabellenvierte dank zweier Siege am Ende Meister wird? Vierter war nach 21 Spielen Union Berlin – mit 18 Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter. Play-offs mögen spannender sein. Aber fairer?
Tatsächlich will die DFL ohne große Verzögerung in Beratungen mit den Vereinen einsteigen – obwohl ein neuer Modus aufgrund der Rechtevergaben frühestens ab der Saison 2025/26 möglich wäre.
SID nt rd 

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