China nutzt Olympia für hochrangige internationale Kontakte

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Nach fast zweijähriger Corona-Isolation hat China die Olympischen Winterspiele zur Neuaufnahme direkter internationaler Kontakte auf höchster politischer Ebene genutzt. Nach der Eröffnungszeremonie in Peking gab Präsident Xi Jinping am Samstag ein Bankett für ausländische Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter internationaler Organisationen. UN-Generalsekretär António Guterres appellierte bei seinem Besuch in Peking an Chinas Führung, einen Besuch von UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in der Provinz Xinjiang zu gestatten.
In Xinjiang ist die muslimische Bevölkerungsgruppe der Uiguren laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen massiven Repressionen ausgesetzt. Peking hat Bachelet bislang einen Besuch in der Provinz verwehrt. Viele westliche Staaten entsandten wegen des Vorgehens gegen die Uiguren und wegen anderer Menschenrechtsverletzungen keine offiziellen Vertreter nach Peking.
Auf der Gästeliste des Banketts standen laut chinesischen Staatsmedien unter anderen Russlands Präsident Wladimir Putin, Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman, der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi, Pakistans Regierungschef Imran Khan, Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und der kasachische Staatschef Kassym-Schomart Tokajew. Auch Guterres sowie der Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, und der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, nahmen teil. 
Laut dem offiziellen Protokoll forderte Xi die Anwesenden in einer Rede auf, „gemeinsam für eine Welt des dauerhaften Friedens zu arbeiten“. Nach Angaben des staatlichen Fernsehsenders CCTV lobten Guterres und Bach in Reden die Organisation der Winterspiele durch Peking und den chinesischen Umgang mit der Corona-Pandemie. 
Xi empfing auch mehrere der Gäste zu Einzelgesprächen. Bei einem Treffen mit Kasachstans Präsident Tokajew lobte er laut dem amtlichen Protokoll dessen „hartes Vorgehen“ gegen die Proteste im Januar. China sei bereit, „Kasachstan bei der Aufrechterhaltung der Stabilität zu helfen“, wurde Chinas Staatschef zitiert. 
In Kasachstan hatte es zu Jahresbeginn heftige Proteste gegeben, die Tokajew mit russischer Hilfe niederschlagen ließ. Am Freitag hatte Xi bereits mit seinem „alten Freund“ Putin Einigkeit demonstriert. 
Der chinesische Präsident hatte wegen der Pandemie gut zwei Jahre lang keine ausländischen Staats- und Regierungschefs empfangen. Bei dem Bankett in der Großen Halle des Volkes wurden musikalische Darbietungen und einer Ausstellung von traditionellem Kunsthandwerk geboten, wie die Staatsmedien berichteten. Offizielle Fotos zeigten eine pompöse Banketttafel, in deren Mitte eine Miniatur-Winterlandschaft mit Nachbildungen der olympischen Spielstätten zu sehen war. 
Guterres habe bei einem Besuch in Peking die Erwartung geäußert, „dass die Kontakte zwischen dem Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte und den chinesischen Behörden einen glaubwürdigen Besuch der Hohen Kommissarin in China, einschließlich Xinjiang, ermöglichen werden“, erklärte ein UN-Sprecher. 
Der UN-Generalsekretär führte Gespräche mit Xi und Außenminister Wang Yi. In einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua wurde der Streit über den Umgang mit den Uiguren in Xinjiang allerdings nicht erwähnt.
Menschenrechtsaktivisten werfen China vor, mindestens eine Million Uiguren und andere Muslime in „Umerziehungslagern“ zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache zu zwingen und teilweise auch körperlich zu misshandeln. Die USA und andere Länder sprechen inzwischen von einem „Genozid“. China weist die Vorwürfe scharf zurück. 
WHO-Chef Tedros kam mit Chinas Regierungschef Li Keqiang zusammen. Tedros schrieb im Onlinedienst Twitter, dabei sei es um eine gerechte Verteilung der Corona-Impfstoffe gegangen, damit dieses Jahr die Impfung von 70 Prozent der Weltbevölkerung erreicht werden könne.
Eine Reihe westlicher Länder, darunter die USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Dänemark, hatten einen diplomatischen Boykott der Winterspiele verkündet. Andere Staaten wie Deutschland erklärten zwar keinen förmlichen Boykott, entsandten aber keine offiziellen Vertreter.
dja/ck

© Agence France-Presse