Einen Flüchtling aufnehmen – man braucht Geduld und Zeit

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Die Hilfsbereitschaft ist groß, Menschen packen an wo es geht. Man will den geflüchteten Menschen aus der Ukraine helfen. Man sieht das Leid im Fernsehen und an den Grenzen und sagt sich, da helfe ich.

Ich hab noch ein Zimmer frei, ich nehme einen Flüchtling auf, das werden wir schon stemmen. Hier die Geschichte einer Memmingerin und ihres Ehemanns. Wer Hilfe von ihnen braucht, bekommt sie auch, egal wer oder was, sie versuchen immer zu helfen. So entschieden sie sich eine Mutter mit Kind in ihrem Haus aufzunehmen. Sie haben ein Zimmer bei sich frei gemacht und entsprechend zum Leben und wohne für die Mutter mit ihrem Sohn ausgestattet – Bett, Decken, Schrank, Tischchen, was man halt so braucht. Dann haben sie sich unter mmhilft@memmingen.de gemeldet und das Zimmer für eine Mutter mit Kind erfassen lassen. Parallel dazu haben einige Freunde auch davon erfahren, dass sie Wohnraum für geflüchtete zur Verfügung stellen.

Am Donnerstagvormittag erreichte sie dann der Hilferuf – eine Mutter aus Kiew mit einem dreijährigen kranken Sohn ist in einer Unterkunft im Unterallgäu angekommen und braucht eine Bleibe. Ein „Nein“ gab es für es für die beiden nicht – kurz noch ein paar Vorbereitung getroffen und am Nachmittag die beiden aus der Unterkunft abgeholt.

Die Kleidung durchnässt, die Schuhe klitschnass, der Junge eine Bronchitis. Angekommen in Memmingen, erst einmal durchatmen lassen. Die Sachen in die Waschmaschine, Mutter und Kind erstmal eine Stunde ins Bad, danach traten ihnen neue Menschen entgegen. Danach haben sie gemeinsam Pizza gemacht und zusammen zu Abendgegessen. WLAN ist ganz wichtig für die Kommunikation mit der Heimat. Die Mutter telefonierte noch mit ihrem Mann und erzählte ihm, wo sie nun angekommen war. Sie haben sie noch nicht gefragt was sie erlebt hat, entweder sie erzählt es uns von selbst via Google-Übersetzer oder es wird ihr Geheimnis bleiben.

Der Freitag gehörte dann den Behörden. Die Ausweise und Geburtsurkunde eingepackt und auf zum Einwohnermeldeamt der Stadt Memmingen. Schon vom Mitarbeiter der Security am Eingang zum Einwohnermeldeamt wurde die Familie überrascht. Sehr freundlich und hilfsbereit wurden sie in Empfang genommen. Er hatte sich sofort darum gekümmert, dass sie an einen Schalter kamen. Auch hier die Verwaltungsangestellte, sehr, sehr freundlich und hilfsbereit. Nach einer halben Stunde war dann Mutter und Kind auch auf die deutsche Adresse angemeldet. Für die Mitarbeiterin keine einfache Aufgabe, die Ausweise sind in kyrillisch ausgestellt. Danach geht es dann in den zweiten Stock zum Ausländeramt. Auch hier eine freundliche Mitarbeiterin. Erst einmal bekommt man viel Papier zum Ausfüllen in die Hand gedrückt. Ohne jemanden, der sich mit dem Papierkrieg auskennt, fast eine unlösbare Aufgabe. Zur Abgabe erhält man dann auch gleich einen Termin in drei Wochen. Mitzubringen ist dann eine bestätigte Übersetzung der Geburtsurkunde des Kindes (Kosten 60 Euro) und biometrische Passbilder von Mutter und Kind (50 Euro). Ob unsere Gäste/Flüchtlinge überhaupt einen Cent Geld haben, die Gastgeber wissen es nicht und sie wollen auch nicht danach fragen. Klar wird die Gastfamilie die Passbilder und die Übersetzung bezahlen, aber wenn nun Mutter und Kind niemanden hätten, könnte schon das schon zum Problem werden.

Nach zwei Stunden bei der Stadt Memmingen sind sie dann wieder alle Heim gefahren. Das Kind braucht was zum Mittagessen, die Mutter kocht ihm eine Gemüsesuppe. Danach legen sie sich ein wenig hin und ruhen aus.

In den vergangenen Tagen kam aus der Politik immer wieder die Forderung die Flüchtlinge direkt an der Grenze bereits zu registrieren. Nach dem heutigen Erlebnis eine nicht lösbare Aufgabe. Scannen, Übersetzer, Fingerabdrücke abnehmen, Spezialisten die sich mit Pässen auskennen, das bekommt man so vermutlich nicht hin. Das kann man nur vor Ort lösen, allerdings dürfte wann doch erwarten, dies zeitnah und nicht drei Wochen später, von Seitens der Verwaltung zu erledigen. Da muss eine schnellere Lösung gefunden werden, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass die Anzahl der Flüchtlinge zunehmen wird, und sich dann die Vorgänge noch länger ziehen werden.

Hier noch einmal ein paar Worte darüber, was so passiert, wenn man einen Flüchtling aufnimmt. Man muss es sich gut überlegen – die Sprache ist die erste Barriere, wenn die Flüchtlinge kein Deutsch oder Englisch sprechen. Dann wird es schnell kompliziert zu kommunizieren, ein Gespräch zu führen. Allein mit Google-Übersetzer ist es schwierig. Die Flüchtlinge arbeiten wirklich toll mit und sind bemüht zu helfen und alles zu verstehen – sie sind dankbar. Aber man hat plötzlich in seinem Reich Menschen, die man nicht kennt und zu denen man eigentlich keinen Bezug hat, außer Mitleid. Man braucht Zeit, damit man sich um die bürokratischen Anforderungen kümmern kann, die Flüchtlinge hier alleine loszuschicken, das wird nicht funktionieren. Sie brauchen Betreuung und Rückhalt und das eigentlich 24 Stunden rund um die Uhr.

Ein großes Lob muss man den vielen ehrenamtlichen Helfern aussprechen, die immer erreichbar sind, zur Stelle wenn man sie braucht und immer die Nerven behalten und nach Lösungen ringen.