Memminger Amtsgericht muss sich mit dem Fischertag befassen

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Foto: Pöppel

Könnte es in Memmingen vielleicht auch bald eine Fischerkönigin geben? Darüber müssen nun die Gerichte entscheiden. Frauenrechte und Vereinssatzung stehen sich gegenüber.

Am Montag, 03.08.2020, war Auftakt zum Streit, warum nur Männer am Fischertag in den Stadtbach springen dürfen, vor dem Memminger Amtsgericht. Eine Frau, die langjähriges Mitglied im Memminger Fischertagsverein ist, will die gleichen Rechte wie ihre männlichen Vereinsmitglieder und will am Fischertag mitfischen. Der Fischertagsverein beruft sich auf seine Satzung und eine Abstimmung unter den Vereinsmitgliedern.

Seinen Ursprung findet der Fischertag in einem Brauch aus dem 16. Jahrhundert, der nun seit etwa 120 Jahren als Memminger Fischertag durchgeführt wird. Die Ach wird einmal im Jahr, im Juli, leergefischt und im Anschluss gereinigt und saniert. Das ganze Spektakel dauert maximal 30 Minuten. Welcher Fischer an diesem Vormittag die schwerste Forelle aus dem Stadtbach fischt, ist der Fischerkönig für ein Jahr. Die Teilnahme am Ausfischen ist aber nur den männlichen Mitgliedern des Fischertagsverein vorbehalten. Dies ist in der Satzung des Memminger Fischertagsverein so geregelt.

Nun streitet sich die Klägerin mit der Beklagten, dem Memminger Fischertagsverein, ob das Ganze noch zeitgemäß ist, und ob nicht auch Frauen das Recht haben in der Ach mit zu fischen. Die Beklagte sieht sich mit der Beschränkung im Recht und beruft sich auf Artikel 9 des Grundgesetzes (GG) – dort ist die Selbstbestimmung der Vereine geregelt.

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Die Klägerin hingegen beruft sich auf Artikel 3 des GG und fordert eine Änderung der Satzung des Memminger Fischertagsverein. Die jetzige Form ist frauendiskriminierend.

Eine solche Satzungsänderung hatte die Klägerin bereits schon zweimal im Verein beantragt. Die Deligiertenversammlung hat diese aber mit klarer Mehrheit abgelehnt.

Nun hat die Klägerin gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen. Amtsrichterin Erdt versuchte in der Verhandlung am Montag einen Kompromiss für beide Seiten zu finden. Aber hier war keine Lösung in Sicht. So verkündete die Richterin, dass sie am 31.08.2020 einen Richterspruch in der Sache erlassen werde.

Ein Urteil auf das man gespannt warten darf. Damit wird der Rechtstreit aber nicht beendet sein. Eine der beiden Seiten wird mit Sicherheit in Berufung gehen und dann geht es weiter, vermutlich bis zum Bundesverfassungsgericht. Aber bis dahin werden wohl noch einige Fischertage vergehen, bis vielleicht auch Frauen am Ausfischen teilnehmen dürfen.

Im übrigen hat der Rechtsstreit dem Memminger Fischertagsverein schon eine fünfstellige Summe gekostet. Die Klägerin wird in ihrer Sache vom Berliner Verein „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ unterstützt.

 

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