Klinikum Memmingen – Die „Stoma-Päpstin“ wird sie liebevoll genannt

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Seit 20 Jahren kümmert sich Stomatherapeutin Birgitt Stark (links) um Patienten mit einem künstlichen Darmausgang. Seit fünf Jahren wird sie dabei von Kollegin Mirjam Schwarz (rechts) unterstützt.	Foto: Ulrich Haas
Seit 20 Jahren kümmert sich Stomatherapeutin Birgitt Stark (links) um Patienten mit einem künstlichen Darmausgang. Seit fünf Jahren wird sie dabei von Kollegin Mirjam Schwarz (rechts) unterstützt. Foto: Ulrich Haas

„Stoma-Päpstin“ wird sie respektvoll genannt: Birgitt Stark, die vor 20 Jahren die Krankenhausleitung davon überzeugte, dass Patienten mit einem künstlichen Darmausgang (Stoma) besser versorgt werden müssen. Damals waren Stomatherapeuten Exoten unter den Pflegefachkräften. Heute ist ihre Arbeit nicht mehr wegzudenken und das Klinikum Memmingen feiert 20 Jahre Stomatherapie.

 

„Vor zwei Jahrzehnten haben Sie mich davon überzeugt, wie wichtig es ist, dass Patienten gut auf ihre Stomaanlage vorbereitet werden“, schilderte rückblickend Pflegedirektor Hans-Jürgen Stopora. „Bis dato kümmerte man sich – Ihrer Meinung nach – viel zu wenig um solche Patienten“, sagt er der stolzen Jubilarin Birgitt Stark zugewandt.

Ihre Ausbildung zur Stomatherapeutin absolvierte Stark in Essen in einem berufsbegleitenden Pilotkurs mit 840 theoretischen Stunden, zahlreichen Praktika, diversen Hospitationen und einer umfangreichen Facharbeit, die sie damals noch ohne eigenen Computer bewältigen musste, wie sie rückblickend erzählte. Inhalte ihrer Facharbeit und weitere Beiträge aus ihrer Feder wurden später in Fachzeitschriften veröffentlicht. Außerdem war Stark Mitautorin des Buches „Chirurgie für Pflegeberufe“ und hielt viele Schulungen und Seminare zur pflegerischen Stomaversorgung im In- und Ausland.

Für ihr erstes Büro am Klinikum Memmingen suchte sie sich im Möbellager des Klinikkellers Stühle, Tische und Regale zusammen. „Das wäre heute undenkbar“, schmunzelte sie rückblickend.

Bedingt durch neue Operationsverfahren wuchs mit den Jahren die Zahl der Stomaanlagen kontinuierlich an: „Heute ist ein zertifiziertes Darmkrebszentrum, wie es am Klinikum Memmingen angesiedelt ist, ohne die Stomatherapie undenkbar“, betonte Stopora. „Und Birgitt ist immer noch mit dem selben Herzblut dabei, wie vor 20 Jahren“, ergänzte ihre Kollegin Mirjam Schwarz, die seit fünf Jahren die stomatherapeutische Arbeit am Klinikum Memmingen unterstützt.

„Ihr Herzblut ist es auch, was die Zufriedenheit der Patienten ausmacht“, lobte der Ärztliche Direktor, Professor Dr. Albrecht Pfeiffer, der bei der Jubiläumsfeier auf die Entwicklung der Koloskopie (Darmspiegelung) am Klinikum Memmingen einging, deren Anzahl an Untersuchungen in den vergangenen 14 Jahren um ein dreifaches gestiegen ist.

„Bei der Darmspiegelung können wir nicht nur die Diagnose stellen, sondern gleichzeitig auch die Therapie, also die Abtragung von Polypen, die häufig zu Krebs werden, durchführen“, erklärte Pfeiffer. „Durch diese komplikationsarme Methode können wir die Entstehung von Darmkrebs verhindern“, betonte der Chefarzt und nannte die Zahl von 73.000 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland an Darmkrebs erkranken.

Wird nach einer Tumorentfernung ein künstlicher Ausgang notwendig, wird der Patient durch die Stomatherapeutinnen Stark und Schwarz schrittweise angeleitet und geschult, damit er nach der Entlassung selbständig das Stoma versorgen kann.

Unter dem Titel „Nichts ist mehr so, wie es war“ schilderte Mirjam Schwarz in ihrem Vortrag, wie Patienten auf die Nachricht, dass sie ein Stoma bekommen, reagieren: „Wenn der Begriff `Stoma´ oder `künstlicher Darmausgang´ fällt, bricht für die Menschen eine Welt zusammen. Man mag es kaum glauben, aber in diesem Moment ist die Tatsache, dass sie ein Stoma bekommen, schlimmer als die Diagnose Krebs.“ Die beiden Therapeutinnen versuchen dann, dem Patienten die Angst und Scham zu nehmen und ihn bestmöglich auf sein Handicap vorzubereiten.

„Sie haben durch Ihr Engagement und Ihr unermüdliches, zielstrebiges Schaffen die Qualität der Versorgung von Stomapatienten an unserem Haus deutlich gesteigert“, betonte dazu Stopora dankend.

„Ich habe nie bereut, diesen beruflichen Weg einzuschlagen“, ergänzte die Jubilarin. „Ich habe tolle Kollegen und eine tolle Arbeit. Was will ich also mehr?!“

 


 

Infokasten:

–       Das Stoma ist eine chirurgisch herbeigeführte Öffnung des Darms durch die Bauchwand. Es dient der Ausleitung der Ausscheidungen.

–       Mögliche zugrundeliegende Krankheiten für die Anlage eines Stomas sind meist Karzinome, weniger häufig entzündliche Darmerkrankungen (wie Morbus Crohn), Organfehlbildungen bei Neugeborenen oder Unfälle.

Die Stomatherapie befasst sich mit der Beratung, Pflege und Rehabilitation von Menschen mit einem künstlichen Darmausgang.