Internisten informieren über neueste Methoden bei Magen-Darm-Erkrankungen
Eine Stuhltransplantation zur Heilung zerstörter Darmflora. Ein Pulver zur Stillung von Blutungen im Verdauungstrakt. Eine schluckbare Kamera-Kapsel mit LED-Beleuchtung und UKW-Sender für Darmuntersuchungen – Was für manch einen irreal klingt, sind modernste Techniken der Medizinischen Klinik II am Klinikum Memmingen, die jetzt vor großem Fachpublikum vorgestellt wurden. Gleichzeitig informierten die Ärzte über den Aufbau einer Akutgeriatrie am Klinikum zur Erhaltung der Lebensqualität Älterer.
Patienten, deren Darmflora beispielsweise durch eine lange Antibiotikatherapie zerstört ist, kann eine Stuhltransplantation Heilung bringen, bei der die Flora eines gesunden Spenders – beispielsweise eines Familienmitglieds – dem Kranken übertragen wird.
„Der Spenderstuhl wird mit Kochsalzlösung vermischt und durch eine Koloskopie (Darmspiegelung) in den Darm des Patienten eingebracht“, erklärt Oberarzt Dr. Matthias Missel und zeigt das Beispiel einer jungen Mutter auf, die an einer schweren Darminfektion litt und nach der Transplantation keine Beschwerden mehr hatte. „Die Erfolgsquote liegt bei über 90 Prozent.“
Ähnlich erfolgsversprechend ist eine Methode zur Stillung von Blutungen im Magen-Darm-Trakt: „Ein komplikationsarmes Verfahren“, betont Chefarzt Professor Dr. Albrecht Pfeiffer. „Mit Hilfe eines Pulvers, das Nanopartikel enthält, können wir Blutungen stoppen, ohne dass eine Operation nötig wird.“ Das Mineralpulver wird mittels Katheter in den Darm eingeführt und auf die Wunde gesprüht. „Es haftet gut und löst keine allergischen Reaktionen aus.“
Geeignet um Verengungen im Darm bei entzündlichen Darmerkrankungen aufzudehnen, ist laut Assistenzärztin Nicola Löffler die sogenannte Ballondilatation, über die die junge Medizinerin ihre Doktorarbeit schreibt: „Das geschieht mit Hilfe eines flüssigkeits- oder luftbefüllbaren Ballonkatheters und ist sehr komplikationsarm.“
Ballone können laut Oberarzt Missel auch hilfreich sein, wenn es darum geht, den Dünndarm, also den längsten Teil des Verdauungstraktes, zu untersuchen. Dazu wird am Klinikum eine Methode namens Doppelballon-Enteroskopie angewendet. „Dabei wird der Dünndarm durch die Verwendung zweier Ballone an einem Endoskop und einer darüber gestülpten Röhre aufgefädelt“, erklärt der Internist.
Für Untersuchungen des Verdauungstraktes bei chronischen Darmerkrankung, unklaren Blutungen oder einem Tumor benutzen die Mediziner am Klinikum auch schluckbare Kamera-Kapseln, die eine LED-Beleuchtung und einen UKW-Sender enthalten: „Die Kapsel wird von dem Erkrankten geschluckt. Vorher bringt der Arzt an die Bauchdecke des Patienten Antennen an“, so Missel. Auf ihrem Weg durch den Magen-Darm-Kanal nimmt die Kapsel Bilder auf, „die wir später auf krankhafte Veränderungen hin überprüfen.“
Um Krankheiten zu vermeiden, bietet das zertifizierte Darmzentrum am Klinikum Memmingen Darmspiegelungen an, die laut dem Endoskopie-Leiter Peter Königsberger aber „noch mehr in die Köpfe der Menschen rein müssen“: „Eine Darmspiegelung kostet mich einen Vormittag. Ein Tumor dagegen beschäftigt mich länger.“
Werden bei einer Spiegelung sehr große Polypen entfernt, empfiehlt Dr. Bernhard Rieder, der nach seinem Wechsel an die Unterallgäuer Kreiskliniken wieder ans Klinikum zurückkehren wird, eine Kontrolle der Abtragungsstelle nach zwei bis sechs Monaten: „Denn bei großen Polypen besteht ein hohes Risiko, dass etwas nachwächst.“
Tumore diagnostizieren können die Internisten am Klinikum mit Hilfe der sogenannten Endosonographischen Punktion, bei der über eine von innen durchgeführte Ultraschalluntersuchung Gewebeproben entnommen werden, wie Oberarzt Dr. Michael Guggenberger erklärt. Solche Punktionen werden nur an größeren Kliniken angeboten, da die technische Infrastruktur kostspielig ist und die Methode ein spezielles Knowhow erfordert.
Muss bei leberkranken Patienten Organgewebe entnommen werden, kann das laut Radiologe Dr. Jens Stollfuss über einen Katheter durch die Halsvene erfolgen, falls der Patient an einer schweren Gerinnungsstörung leidet und deswegen eine Entnahme von Lebergewebe über eine Kanüle durch den Bauch zu risikoreich ist.
Die geplante Akutgeriatrie am Klinikum stellt zum Schluss der Informationsveranstaltung für niedergelassene Ärzte und Kollegen die Internistin Frauke Bikker vor, die jüngst eine Zusatzausbildung zur Geriaterin absolviert hat: „Die Geriatrie befasst sich mit den multiplen Problemen älterer Menschen. Dabei ist es unser Ziel, die Selbständigkeit eines betagten Patienten so lange es geht zu erhalten.“ Neben der Akutgeriatrie mit 20 Betten soll es am Klinikum auch einen geriatrischen Konsildienst geben, der für alle Stationen im Haus erreichbar ist und die Stationsärzte anderer Fachrichtungen bei der Behandlung ihrer Patienten unterstützt.