Für die Angehörigen der Opfer ist es einer der wichtigsten Tage seit den Pariser Anschlägen von 2015 mit 130 Toten: Am späten Nachmittag sollen die Urteile gegen 20 Angeklagte fallen, unter ihnen Salah Abdeslam, das einzige noch lebende Mitglied der Terrorkommandos.

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Für die Angehörigen der Opfer ist es einer der wichtigsten Tage seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 mit 130 Toten: Am späten Nachmittag sollen die Urteile gegen 20 Angeklagte fallen, unter ihnen Salah Abdeslam, das einzige noch lebende Mitglied der islamistischen Terrorkommandos. Der Prozess habe Opfern und Angehörigen erlaubt, „einen Teil ihres Schmerzes einzubringen“, sagte Arthur Dénouveaux, Vorsitzender eines Opferverbandes, am Mittwoch.
Für den 32 Jahre alten Abdeslam hat die Staatsanwaltschaft die Höchststrafe gefordert, eine so gut wie nicht verkürzbare lebenslange Freiheitsstrafe. Den übrigen 19 Angeklagten, von denen fünf als tot gelten und einer in der Türkei in Haft sitzt, drohen Haftstrafen zwischen fünf Jahren und lebenslänglich. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, die Terrorkommandos etwa mit Waffen oder Autos unterstützt zu haben.
Bei den Anschlägen im Konzertsaal Bataclan, am Stade de France und in Pariser Straßencafés hatten die dschihadistischen Angreifer am 13. November 2015 insgesamt 130 Menschen getötet. Zwei stark traumatisierte Opfer nahmen sich später das Leben. Etwa 350 Menschen wurden verletzt. Insgesamt drei Terrorkommandos hatten teils Sprengstoffgürtel gezündet und teils wahllos auf Menschen in dem Konzertsaal und vor den Cafés gefeuert.
„Manche Opfer empfinden weder Wut noch Hass, andere sind nur davon erfüllt. Bei den meisten schwankt es“, sagte Dénouveaux in einem Chat mit Lesern von „Le Monde“. Er warte mit Ungeduld auf das Ende des Prozesses. „Zum einen, weil ich wieder ein normales Leben haben will und zum anderen, weil ich möchte, dass Gerechtigkeit geschieht“, erklärte er. 
Es war ein Prozess der Superlative mit knapp 150 Verhandlungstagen und mehr als 2500 Zivilparteien. Es war eigens ein Audienzsaal mit mehr als 500 Plätzen gebaut worden. 
Abdeslam hatte sich zu Beginn des Prozesses als dschihadistischer Kämpfer vorgestellt. Später bat er unter Tränen die Angehörigen um Verzeihung. Seinen Sprengstoffgürtel habe er „aus Menschlichkeit“ nicht gezündet, erklärte er. Bei seiner letzten Stellungnahme vor Gericht am Montag appellierte er an die Richter: „Es stimmt, dass ich Fehler gemacht habe, aber ich bin kein Mörder, niemand, der tötet“, sagte er. 
Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, seine Beteiligung an den Anschlägen herunterzuspielen. „Salah Abdeslam ist bis zum Schluss seiner Ideologie treu geblieben und ist unfähig, auch nur die geringsten Gewissensbisse zu zeigen“, hatte Staatsanwältin Camille Hennetier betont.
Die Richter hatten sich am Montag nach dem Ende der Gerichtsverhandlungen an einen unbekannten Ort zurückgezogen. Die Urteile sollen am Mittwoch ab 17.00 Uhr verkündet werden. Es könne aber auch deutlich später werden, hatte der Vorsitzende Richter gesagt.
kol/cp

© Agence France-Presse