Mögliche Beschränkung der kostenlosen Bürgertests stößt auf Kritik

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Die Überlegungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Einschränkung der kostenlosen Corona-Bürgertests stoßen auf Kritik. „Es ist wichtig, dass die Menschen ein kostenloses Testangebot haben“, sagte Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Mittwoch. „Aufgrund steigender Infektionszahlen ist dies notwendig.“ Andere Ländervertreter äußerten sich ähnlich.
In einem Papier aus Lauterbachs Ministerium mit dem Titel „Corona-Herbststrategie“, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, wird vorgeschlagen, dass nur noch Menschen mit Corona-Symptomen sowie ausgewählte Gruppen, etwa Krankenhausangestellte und Kleinkinder, staatlich finanzierte Schnelltests in Anspruch nehmen können. Ausnahmen soll es für Corona-Hotspots geben. Über das Papier hatte zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Lauterbach berät an diesem Mittwoch sowie am Donnerstag mit seinen Länderkolleginnen und -kollegen über das weitere Vorgehen in der Pandemie.
Die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) sagte den RND-Zeitungen, die Testpflicht in Schulen, Kitas und fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens sei abgeschafft worden. „Ich halte es aber für einen klugen Ansatz, auch bis auf Weiteres kostenlose Tests für all diejenigen zur Verfügung zu stellen, die sich freiwillig testen möchten.“ Die Finanzierung sei weiterhin Aufgabe des Bundes. 
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte der „Rheinischen Post“, er erwarte, „dass der Bund auch in Zukunft ein bürgernahes Testsystem ermöglicht, insbesondere für Menschen mit Symptomen und zum Schutz vulnerabler Gruppen“. Er kritisierte auch den engen Zeitplan, da die derzeitige Regelung nur noch bis Monatsende gilt. „Es ist ein Unding, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Angestellten in den Testzentren, aber auch die Länder immer noch keine Klarheit über die Zukunft der Bürgertestungen haben“, sagte Laumann.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, äußerte sich ebenfalls kritisch. „Präventiv-Testungen auf Krankenhäuser und Pflegeheime zu begrenzen, schließt allein 3,2 Millionen Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und Pfleger aus“, sagte er der „Rheinischen Post“. Dieser „größte Pflegedienst Deutschlands“ brauche anlasslose kostenlose Tests. Es dürfe hier keinen „Kahlschlag“ geben.
Vor den Beratungen mit Lauterbach erneuerten Ländervertreter zudem ihre Forderungen nach einer raschen Neufassung des Infektionsschutzgesetzes zur Vorbereitung auf den Herbst. „Der Bund muss jetzt handeln und das Infektionsschutzgesetz anpassen“, sagte NRW-Minister Laumann. „Die derzeitige Entwicklung zeigt, wie schnell Änderungen im Infektionsgeschehen auftreten können, und dann müssen wir handlungsfähig sein.“
Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sagte im SWR, wenn die Bundesregierung mit der Gesetzesnovelle bis nach der parlamentarischen Sommerpause warte, sei es für die Länder „zu spät“. Sie müssten die Corona-Eindämmungsmaßnahmen schließlich umsetzen.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wies die Forderungen erneut zurück und verwies auf die Verabredung in der Koalition, zunächst eine wissenschaftliche Evaluation der bisherigen Corona-Eindämmungsmaßnahmen abzuwarten. Diese soll am 30. Juni veröffentlicht werden.
„Wir haben einen wohlüberlegten und seriösen Zeitplan innerhalb der Bundesregierung verabredet“, sagte Buschmann den RND-Zeitungen. Dem hätten sich die Länder auch auf der Ministerpräsidentenkonferenz angeschlossen. „Ich hielte es für ein Zeichen des Respekts vor der Wissenschaft, wenn nun alle diese Ergebnisse abwarten und ihnen nicht vorgreifen“, sagte Buschmann mit Blick auf die Evaluation. 
cne/mt

© Agence France-Presse