Sportvereinen droht weitreichende Umsatzsteuerpflicht

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Sportvereinen droht eine weitreichende Umsatzsteuerpflicht. Denn sie können sich nicht mehr unmittelbar auf eine Öffnungsklausel im EU-Recht berufen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München mit einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschied. Er setzte damit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg um. Wie weit die Steuerpflicht reicht, hängt von der Finanzverwaltung ab und ist rechtlich weitgehend offen. Der deutsche Gesetzgeber könnte aber Klarheit schaffen. (Az: V R 48/20)
Mit seinem Grundsatzurteil änderte der BFH seine bisherige Rechtsprechung und wies eine Klage des Golfclubs Schloss Igling im bayerischen Kreis Landsberg am Lech ab. Dessen Mitgliedsbeitrag ermöglicht die Nutzung des vereinseigenen Golfplatzes. Darüber hinaus vermietet der Verein gegen Entgelt beispielsweise Golfbälle und Ballautomaten oder auch Caddys. Schläger können gekauft werden.
Nach deutschem Recht würde zumindest auf die Zusatzleistungen Umsatzsteuer fällig, möglicherweise aber auch auf die Mitgliedsbeiträge. Dennoch wurde die Umsatzsteuerpflicht der Sportvereine bislang großzügig gehandhabt. Dies stützte sich auf eine Öffnungsklausel in der Umsatzsteuerrichtlinie der EU. Diese erlaubt eine Steuerbefreiung aller „in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen“.
Auf Vorlage des BFH entschied aber im Dezember 2020 der EuGH, dass die Vereine sich darauf nicht unmittelbar berufen können. Die nach EU-Recht möglichen Steuerbefreiungen müssten danach zunächst im nationalen Recht umgesetzt werden.
Weil der deutsche Gesetzgeber dies bislang nicht tat, musste der BFH nun nach dem derzeit engen deutschen Recht entscheiden. Danach sind nur Kurse und Veranstaltungen umsatzsteuerfrei, „soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht“. Dies würde auf jeden Fall Turniere und auch kompakte Sportkurse umfassen.
Ob auch ein vom Mitgliedsbeitrag abgedecktes wöchentliches Training noch als „Kurs“ angesehen werden kann, ist dagegen offen. Grund ist, dass es auf das deutsche Recht bislang gar nicht ankam, weil Streitfälle ohnehin nach dem EU-Recht entschieden wurden. Dies ist nach der neuen BFH-Rechtsprechung aber nicht mehr möglich.
Ob es in der Frage der Mitgliedsbeiträge zum Schwur kommt, hängt auch von der Finanzverwaltung ab. Diese sieht gemeinnützige Sportvereine bislang gar nicht als Unternehmen an, so dass ihr Kernangebot von vornherein nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt.
Ob die Finanzverwaltung vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung daran festhält, ist offen. Zudem teilen die Finanzgerichte diese Auffassung nicht. Jede Umsatzsteuerklage eines Vereins würde daher derzeit erfolglos bleiben.
Klarheit kann nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH nur der Gesetzgeber schaffen, indem er die Öffnungsklausel des EU-Rechts nutzt. Für die Kultur geschah dies bereits, für den Sport dagegen nicht.
xmw/cfm

© Agence France-Presse