„Phänomen“ Lesser hört auf: Sogar der König gratuliert

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Erik Lesser krönt seine emotionale Abschiedstour mit einem sensationellen Sieg am Holmenkollen – sogar der König gratuliert. Auch Franziska Preuß überzeugt beim furiosen Saisonfinale.
München/Oslo (SID) Erik Lesser stand nach seinem Finale furioso freudestrahlend in der Königsloge am legendären Holmenkollen und plauderte entspannt mit Harald V. Die kurze Audienz bei der norwegischen Majestät inklusive Selfie war der emotionale Höhepunkt eines aufwühlenden Abschieds-Wochenendes, das sich kein Hollywood-Regisseur schöner hätte ausdenken können. 
Begleitet von den Glückwünschen seiner begeisterten Kollegen und belohnt mit einem Küsschen von seiner stolzen Lebensgefährtin Nadine und von Töchterchen Anouk beendete der 33-Jährige nach zwölf Jahren im Weltcup seine erfolgreiche Karriere – und das auch noch mit einem sensationellen Sieg im Verfolger über 12,5 km. Mit Platz vier am Sonntag im Massenstart rundete er seinen grandiosen Abschied ab.
„Dass ich am Ende noch einmal ums Podest kämpfe, hätte ich mir nicht erträumt. Ich bin absolut baff, ich kann das nicht ganz verarbeiten, vor allem das mit dem Sieg“, sagte Lesser im ZDF gerührt. Er müsse sich „zusammenreißen, dass ich nicht zu weich werde“. Dahinter feierten ihn die Kollegen mit Sprechchören und einem Plakat: „Vielen Dank und alles Gute, Erik.“
Am Samstag hatte selbst König Harald gratuliert – „und mir gesagt, dass er ein großer Fan von mir ist“, sagte Lesser mit einem Schmunzeln. Es sei eine „große Ehre“ und überhaupt ein Tag gewesen, „an dem es einfach läuft. Es hat alles perfekt funktioniert.“ Entsprechend genoss er in Oslo die vielen Huldigungen und Umarmungen der langjährigen Rivalen in vollen Zügen. Dies mache ihn „stolz“ und zeige, „dass ich doch kein so schlechter Typ bin“. 
Er sei vielmehr „echt ein Phänomen, wie er zum Schluss ein gutes Rennen nach dem anderen macht. Das ist schon cool“, lobte Benedikt Doll. „Er wird fehlen“, betonte Olympiasiegerin Denise Herrmann.
Der Norweger Vetle Sjastad Christiansen ging bei der Siegerehrung sogar auf die Knie. Lesser sei „der neue Verfolger-König“. Bernd Eisenbichler, der sportliche Leiter des DSV, würdigte ein „perfektes Rennen“. Nach fehlerfreier Schießleistung hatte Lesser in der Verfolgung sogar noch einmal Gesamtweltcupsieger Quentin Fillon Maillet („Ich bin traurig, dass er geht“) distanziert. Es war der erst dritte Weltcupsieg für den Biathleten aus Oberhof.
Zuletzt hatte der Verfolgungs-Weltmeister von 2015 vor sechs Jahren am 16. Januar 2016 den Massenstart von Ruhpolding gewonnen. Und jetzt der Überraschungscoup von Oslo, der sich nach dem Olympia-Frust schon angedeutet hatte. Seit der Ankündigung seines Karriereendes holte Lesser beständig Spitzenplätze, wie auch am Sonntag, als er im letzten Rennen seiner Karriere beim Sieg von Sivert Guttorm noch einmal überzeugte.
Nach drei Medaillen bei Olympia, zwei WM-Titeln in Verfolgung und Staffel, sieben WM-Medaillen und sechs Weltcupsiegen, davon drei in Einzelrennen, hat der Thüringer jedoch genug vom Leistungssport, von „der ganzen Schinderei“. Er gehe jetzt erst einmal zwei Wochen mit der Familie in den Urlaub und werde „hart abchillen“.
Auch Franziska Preuß hat nach einer Olympia-Saison mit vielen Enttäuschungen Erholungsbedarf. Es sei „eine harte Zeit“ gewesen. „Ich bin froh, dass es vorbei ist“, sagte die 28-Jährige im ZDF.
Immerhin verabschiedete sie sich mit einem sehr guten Gefühl in die Pause. Mit Rang zwei hinter Justine Braisaz-Bouchet im Massenstart setzte Preuß zum Abschluss ein Ausrufezeichen. Das sei „definitiv Motivation“ für den kommenden Winter – der ohne Erik Lesser stattfindet.
SID tn ry tl

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