Berufung gegen Haftentlassung von sogenanntem Ehrenmörder in Pakistan

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Nach der vorzeitigen Haftentlassung des „Ehrenmörders“ eines beliebten Internet-Stars in Pakistan hat die Staatsanwaltschaft dagegen Berufung beim obersten Gericht des Landes eingelegt. Dass der zu lebenslanger Haft verurteilte Muhammad Waseem nach sechs Jahren freigekommen sei, sei auf Grundlage „von reinen Vermutungen und formalrechtlichen Gründen“ verfügt worden, sagte der Staatsanwalt Khurram Khan der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag zur Begründung.
Der Berufungsantrag war demnach bereits am Freitag eingereicht worden. Der Oberste Gerichtshof habe aber noch keinen Termin für die Anhörung angesetzt.
Muhammad Waseems Schwester, die 26-jährige Qandeel Baloch, war 2014 durch ein Video bekannt geworden, in dem sie in die Kamera blickt und fragt: „Wie seh‘ ich aus?“ In Videos und auf Fotos zeigte sie sich danach immer wieder in eng anliegender Kleidung oder in Nahaufnahme mit stark geschminkten Lippen, dabei machte sie laszive Bewegungen.
In Pakistans konservativ-patriarchalischer Gesellschaft wurde Baloch von vielen angefeindet und öffentlich beschimpft. Andere, besonders junge Menschen, bewunderten sie wegen ihres Muts.
Während sogenannte Ehrenmorde in Pakistan lange Zeit straffrei blieben, wenn Familienmitglieder dem Täter vergaben, gilt seit Oktober 2018 eine verschärfte Gesetzeslage. Demnach soll eine Vergebung durch Familienmitglieder bei dieser Art von Verbrechen nicht mehr möglich sein. Die Gesetzesänderung wurde durch den Mord an Qandeel Baloch angestoßen.
Ob aber ein Mord als „Ehrenmord“ eingestuft wird, bleibt der Einschätzung des Richters überlassen. Mörder können also theoretisch ein anderes Motiv angeben und damit einen Freispruch erreichen. Davon profitierte der heute 38 Jahre alte Muhammad Waseem.
In seinem Fall war es so, dass die Eltern zunächst darauf bestanden hatten, dass ihrem Sohn nach der Tötung ihrer Tochter nicht vergeben werden solle. Später änderten sie aber ihre Meinung und beantragten, ihm zu vergeben.
yb/dja 

© Agence France-Presse