Ermittler: Amokläufer von Heidelberg war Einzeltäter ohne soziale Bindungen

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Der Amokläufer von Heidelberg, der im Januar in der Universität der Stadt eine Studentin und sich selbst erschoss sowie drei weitere Menschen verletzte, ist Erkenntnissen der Ermittler zufolge ein Einzeltäter ohne sozialen Bindungen gewesen. Es habe keine Mittäter, bewussten Helfer oder Anstifter gegeben, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Rund sieben Wochen nach der Tat stehen die Ermittlungen vor dem Abschluss.
Das Motiv des 18-Jährigen blieb unklar. Es spreche aber einiges dafür, dass er sich mit der Tat für eine in seiner Vorstellung erlittene Kränkung habe rächen wollen. 2018 und 2019 habe er sich wegen akuter Suizidvorstellungen stationär psychiatrisch behandeln lassen. Ihm wurden mehrere psychiatrische Störungen diagnostiziert, darunter eine narzisstische Persönlichkeitsstörung.
Diese sei mit einer starken Verminderung des Selbstwertgefühls einhergegangen. Dieser Hass gegen sich selbst und Andere könne als maßgeblicher Grund für die Tat angesehen werden. Es sei plausibel, dass sich der 18-Jährige im Verlauf seines ersten Semesters an der Universität Heidelberg grundlegend missverstanden gefühlt haben könnte.
Eine Beziehung zu seinen Opfern konnte nicht festgestellt werden. Es habe auch keinen konkreten Tatanlass gegeben. Die Tat habe er seit spätestens Ende Dezember geplant.
Hinweise für ein rechtsradikales Motiv ergaben sich nicht. Der 18-Jährige habe sich 2019 einmalig für eine Fördermitgliedschaft in der rechtsextremen Kleinpartei Der III. Weg interessiert, sie aber nie erhalten. Weitere Kontakte in die rechte Szene hatte er nicht. Es gebe keine Hinweise, dass eine Sympathie mit rechtsextremen Ideologien Anlass des Amoklaufs gewesen sein könnte.
Anfang Januar habe er einen privaten Waffenverkäufer aus Wien kontaktiert. Ihm gegenüber gab sich der 18-Jährige als angehender Jäger aus. Mitte Januar kam es in einem Wiener Waffengeschäft zum Kauf von insgesamt drei Waffen, eine davon kaufte er von dem privaten Verkäufer. 
Zwischen Abschluss des Kaufvertrags und Übergabe an den Käufer muss laut österreichischem Waffgengesetz eine dreitägige „Abkühlphase“ liegen. In Bezug auf die Waffe, mit der der Täter in den Hörsaal schoss, sei diese Wartezeit nicht vollständig eingehalten worden. Das österreichische Waffenrecht sieht allerdings keine Sanktion im Fall eines solchen Verstoßes vor.
Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermittelt jedoch gegen den Inhaber des Waffengeschäfts und seinen Mitarbeiter wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Nach Ansicht der Ermittler wäre der Täter bei korrekter Einhaltung der „Abkühlphase“ zum Tatzeitpunkt nicht im Besitz der Waffe gewesen und hätte die Tat nicht in der gegebenen Art und Weise ausführen können.
Der 18-Jährige hatte Ende Januar an der Heidelberger Universität während einer Vorlesung eine 23-jährige Studentin erschossen. Der Amokläufer verletzte zudem drei weitere Studierende durch Schüsse. Anschließend beging der Kommilitone der attackierten Studenten im Außenbereich der Hochschule Suizid.
ald/cfm

© Agence France-Presse