UN-Tribunal verurteilt zwei mutmaßliche Hisbollah-Mitglieder wegen Hariri-Mords

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Mehr als anderthalb Jahrzehnte nach dem Mord an dem früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri hat ein UN-Sondergericht zwei weitere mutmaßliche Mitglieder der Hisbollah-Miliz wegen der Tat verurteilt. Das Gericht mit Sitz in Leidschendam bei Den Haag befand am Donnerstag am Ende eines Berufungsverfahrens die Anklagten Hassan Habib Merhi und Hussein Oneissi in Abwesenheit für schuldig, an dem Komplott zur Ermordung Hariris beteiligt gewesen zu sein. 
Kurz nach der Urteilsverkündung erließ das Gericht Haftbefehle gegen Merhi und Oneissi. Das Strafmaß will das Tribunal erst zu einem späteren Zeitpunkt verkünden.
Das Sondergericht hatte bereits im Jahr 2020 das ebenfalls flüchtige mutmaßliche Hisbollah-Mitglied Salim Ajjasch wegen des Hariri-Attentats verurteilt. Gegen ihn wurde eine lebenslange Haftstrafe verhängt. Merhi, Oneissi sowie ein weiterer Angeklagter wurden damals hingegen mangels Beweisen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Berufung ein. Sie focht die Freisprüche jedoch nur in den Fällen von Merhi und Oneissi an.
Die Berufungskammer des Sondertribunals befand nun in ihrer einstimmigen Entscheidung, das Gericht habe damals bei seinen Freisprüchen für Merhi und Oneissi „Fehler gemacht“.
Der Chef der islamistischen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, hatte sich geweigert, die vier Angeklagten im Hariri-Mordfall an das UN-Gericht auszuliefern. Deswegen stützte sich die Urteilsfindung vor allem auf Daten und Aufzeichnungen von Mobiltelefonen. Daraus ging laut Staatsanwaltschaft hervor, dass eine Hisbollah-Zelle den Mord an dem früheren Regierungschef geplant hatte. Die Hisbollah hat eine Verantwortung für den Anschlag aber stets bestritten.
Hariri und 21 weitere Menschen waren am 14. Februar 2005 bei einem Bombenanschlag auf den Konvoi des sunnitischen Ex-Regierungschefs in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet worden. Ein Selbstmordattentäter hatte einen Kleinlaster mit zwei Tonnen Sprengstoff zur Explosion gebracht. Das Sondertribunal wurde 2007 vom UN-Sicherheitsrat zur Aufklärung des Anschlags eingesetzt.
Das Attentat auf Hariri hatte den Libanon schwer erschüttert und zu dessen Destabilisierung beigetragen. Hariri hatte beim Wiederaufbau des Landes nach 15 Jahren Bürgerkrieg eine maßgebliche Rolle gespielt. Zum Zeitpunkt des Anschlags war er immer noch einer der wichtigsten Politiker des Landes, obwohl er 2004 als Regierungschef zurückgetreten war. Die Chancen für eine Wiederwahl standen gut. 
Hariris Ermordung löste die Massenproteste der sogenannten Zedern-Revolution aus, die im April 2005 nach fast drei Jahrzehnten den Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon erzwang. Dies nutzte die Hisbollah-Miliz, die ihren Einfluss im Land danach vergrößerte und die bis heute die Politik des Libanon dominiert.
Vom Libanon-Sondertribunal wird erwartete, dass es sich in Kürze wegen Geldmangels auflöst. Das Gericht wird zu 51 Prozent von Spendengeldern verschiedener Länder und zu 49 Prozent vom Libanon finanziert. Der Libanon befindet sich in der tiefsten Wirtschaftskrise seit dem Bürgerkrieg von 1975 bis 1990.
dja/cp

© Agence France-Presse