MSC-Chef Ischinger wehrt sich gegen Lobbyismus-Vorwürfe

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Der scheidende Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), Wolfgang Ischinger, wehrt sich vehement gegen Vorwürfe, er habe seine guten internationalen Kontakte zu Geld gemacht. An den Behauptungen sei „nichts dran“, sagte er am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. Der „Spiegel“ hatte berichtet, Ischingers Beratungsfirma Agora Strategy Group habe Termine und Kontakte auf der Sicherheitskonferenz zum Verkauf angeboten. 
Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend. Das Auswärtige Amt habe den Bericht „zur Kenntnis genommen“, sagte eine Sprecherin. „Wie üblich kommentieren wir solche Berichterstattungen an dieser Stelle nicht.“ Das Auswärtige Amt sei auch „kein Stakeholder dieser Konferenz“.
Der „Spiegel“ berief sich auf vertrauliche Unterlagen des Unternehmens. Demnach habe Agora der deutschen Rüstungsfirma Hensoldt im Oktober 2021 angeboten, wichtige Personen „aus dem Teilnehmerkreis der MSC“ für die „Durchführung eines Side Events“ auszuwählen.
Agora habe Hensoldt auch bei Geschäften in „Zielregionen“ wie Saudi-Arabien, Ägypten oder Libyen behilflich sein wollen, schrieb der „Spiegel“ weiter. Die Offerte umfasste demnach unter anderem die „Hands-on Unterstützung bei der strategischen Positionierung der Interessen der Hensoldt AG“. Dabei sollten auch ein ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt und ein pensionierter General zum Einsatz kommen.
Das Grundhonorar für die Beratungsleistungen insgesamt sollte monatlich 27.860 Euro betragen, hieß es laut „Spiegel“ in den Firmenunterlagen. Weitere Leistungen wären extra abzurechnen gewesen, mit bis zu 600 Euro pro Stunde. Außerdem habe Agora im Erfolgsfall Provisionen haben wollen.
Dem Bericht zufolge hatte Ischinger die Agora Strategy Group 2015 mitgegründet; heute sei er über einen Treuhänder mit dreißig Prozent beteiligt. Auch an Hensoldt halte er ein Aktienpaket und sitze im Aufsichtsrat. 
Ob Hensoldt auf das konkrete Angebot einging, wird laut „Spiegel“ aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Das Unternehmen habe auf Anfrage aber mitgeteilt: „Die Agora Strategy Group berät Hensoldt zu strategischen und geopolitischen Fragen.“
Ischinger sagte dem Magazin, er habe „keine Kenntnis von einem Agora-Angebot an Hensoldt“ gehabt. Er übe außerdem „keinerlei operative Kontrolle“ über Agora aus.
Der „Spiegel“ erhebe „völlig haltlose Vorwürfe“, sagte Ischinger im „Morgenmagazin“. Im Radiosender Bayern 2 sagte Ischinger zudem, er habe „von der Münchner Sicherheitskonferenz persönlich überhaupt nicht profitiert“. Es handele sich um einen Vollzeitjob, den er ehrenamtlich ausübe. „Ich kriege eine Aufwandsentschädigung, aber kein Gehalt.“
Sponsoren der Konferenz würden Networking-Möglichkeiten angeboten, räumte Ischinger zugleich ein. „Ich muss natürlich einer großen Firma, die da vielleicht hunderttausende Euro bereit ist jedes Jahr hinzulegen, erklären können, dass sie das nicht nur aus Wohltätigkeitsgründen machen soll, sondern dass vielleicht durch Gespräche am Rande der Konferenz etwas dabei rausspringen kann.“
Das Auswärtige Amt bestätigte, dass Ischinger als MSC-Chef weiter seinen Botschaftertitel tragen darf, obgleich er 2011 aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sei. Grund seien „protokollarische Aufgaben von erheblicher Bedeutung und erheblichem Umfang“ in der MSC-Leitungsfunktion, sagte die Sprecherin. Diese erfordere zahlreiche Reisen ins Ausland und Kontakte mit hochrangigen Gesprächspartnern.
mt/bk

© Agence France-Presse