Lauterbach kritisiert „Freiheitskonvois“ von Gegnern der Corona-Maßnahmen

-

Print Friendly, PDF & Email

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die als „Freiheitskonvois“ bezeichneten Proteste gegen Corona-Maßnahmen scharf kritisiert. „Die Konvoi-Bewegung finde ich hochproblematisch. Aber ich bleibe dabei: Der Staat darf sich nicht erpressen lassen“, sagte Lauterbach am Donnerstag in Grenoble. „Wir können nicht sagen, wir überlassen ältere Menschen dem Risiko, weil wir Angst vor den Protestierenden haben“, betonte der Minister.  
Es seien nicht nur ältere Menschen betroffen, sondern auch Menschen mit Immunkrankheiten oder anderen schweren Erkrankungen. „Diese Menschen verdienen unseren Schutz“, sagte Lauterbach. „Es kann nicht angehen, dass wir diesen Schutz nicht gewährleisten, nur weil es illegale Konvois auf den Straßen gibt“, fügte er hinzu.
Der Gesundheitsminister wies Kritik an seinem Hinweis auf mögliche hohe Todeszahlen zurück. Er verwies auf ein Modell des Robert-Koch-Instituts, mit dem sich unterschiedliche Inzidenzen unterstellen ließen. „Und diese Inzidenzen führen dann zu entsprechenden Sterbezahlen pro Tag“, erklärte Lauterbach. Wenn man die Zahlen von Israel auf Deutschland übertrage, kämen eben entsprechend hohe Zahlen dabei raus. „Das ist dann traurigerweise so, weil wir so viele ältere Ungeimpfte haben“, sagte Lauterbach. 
Lauterbach hatte am Dienstagabend eindringlich vor verfrühten Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen gewarnt. Er befürchte in diesem Fall bis zu 500 Corona-Tote pro Tag, hatte er erklärt. Dies war unter anderem vom Ethikratsmitglied Stephan Rixen als „Bedrohungsszenarien ins Blaue hinein“ kritisiert worden. Am Donnerstag warnte Lauterbach erneut vor zu schnellen Lockerungen. „Wir haben nach wie vor steigende Fallzahlen“, betonte er. 
Mit Blick auf die anhaltenden Debatten über Einschränkungen in Deutschland zeigte Lauterbach sich zuversichtlich. „Es macht den Eindruck, als wenn eine gemeinsame Linie in der Pandemie-Bekämpfung kaum durchzusetzen wäre. Ich glaube, dass das täuscht“, sagte Lauterbach. „Ich glaube, dass wir uns nächsten Mittwoch erneut auf gemeinsame Regeln verständigen werden.“
Lauterbach war zu einem zweitägigen Treffen der europäischen Gesundheitsminister nach Lyon und Grenoble gereist. Er lobte die europäische Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich, die sich seit der Pandemie intensiviert habe. Künftig müsse es auch einfacher werden, klinische Studien europaweit zu organisieren, forderte er. Da hinke die EU im Vergleich zu den USA noch hinterher. 
Lauterbach zeigte sich hoffnungsvoll, dass die durch die Pandemie erworbenen Kenntnisse in der Immunologie und der Messenger-Technologie künftig auch bei der Bekämpfung anderer Krankheiten genutzt werden können. „Beides ist von größter Bedeutung für neurodegenerative Erkrankungen und Krebs“, sagte Lauterbach. 
kol/noe

© Agence France-Presse