Landgericht Osnabrück kippt Durchsuchungsbeschluss für Bundesjustizministerium

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Fünf Monate nach einer Durchsuchung im Bundesjustizministerium im Zuge von Ermittlungen wegen möglicher Strafvereitelung bei einer für Geldwäschebekämpfung zuständigen Einheit des Zolls hat das Landgericht in Osnabrück den Durchsuchungsbefehl aufgehoben. Wichtige Voraussetzungen für den Erlass seien nicht erfüllt, teilte das Gericht in der niedersächsischen Stadt am Donnerstag mit. Zudem sei die Anordnung einer Durchsuchung in den Räumen des Ministeriums als unverhältnismäßig und unangemessen einzustufen.
Laut Entscheidung des Osnabrücker Landgerichts war damals keine Vernichtung von Beweismitteln zu befürchten. Auch bestand keine besondere Eilbedürftigkeit. Zudem sei nicht geklärt gewesen, dass das Haus die freiwillige Herausgabe der fraglichen Beweismittel ablehnen würde. Jedenfalls sei vorab keine entsprechende schriftliche Anfrage der Staatsanwaltschaft erfolgt, erklärten die Osnabrücker Richter.
Das Gericht bewertete den seinerzeit vom Osnabrücker Amtsgericht auf Antrag der Osnabrücker Staatsanwaltschaft erlassenen Beschluss zudem als unnötig und „unangemessen“. Ein fragliches Schriftstück von Interesse habe den Ermittlern bereits durch eine frühere Razzia beim Zoll vorgelegen. Darüber hinaus hätten „Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten“ im Justizministerium nicht bestanden. Die Folgen der Durchsuchung stünden in keinen angemessenem Verhältnis zu deren Auswirkungen, auch mit Blick auf das „Ansehen“ der Bundesrepublik.
Die Durchsuchungen der Osnabrücker Staatsanwaltschaft waren wenige Wochen vor der Bundestagswahl am 9. September erfolgt und richteten sich hauptsächlich gegen das damals vom heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführte Bundesfinanzministerium, dem der Zoll unterstellt ist. Parallel wurde auch das Justizministerium durchsucht, weil es ebenfalls in bestimmte interne Kommunikations- und Abklärungsprozesse zur Arbeit der Zolleinheit eingebunden ist.
Bei den damaligen Durchsuchungen ging es um die Sicherung etwaiger Beweismittel, nicht um den Verdacht auf strafbare Handlungen in den Ministerien selbst. Durch die Informationen aus deren Kommunikation sollten die Identitäten von beteiligten Mitarbeiter der sogenannten Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls feststellt sowie deren „Motivlage“ für bestimmte Verhaltensweisen rekonstruiert werden, wie das Osnabrücker Landgericht nun in seinem Beschluss betonte.
Die Durchsuchungen in den beiden Ministerien waren von den beiden Häusern umgehend als ungewöhnlich und unnötig kritisiert worden, der Vorgang löste im Bundestagswahlkampf größeres Aufsehen aus. Schnell stand damals auch der Vorwurf im Raum, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft könne mit politischen Motiven zusammenhängen.
Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Strafvereitlung im Amt gegen Verantwortliche der FIU. Die früher dem Bundeskriminalamt zugeordnete FIU ist seit 2017 eine Abteilung des Zolls und die Zentralstelle zur Geldwäschebekämpfung. Sie nimmt Verdachtsmeldungen etwa von Banken entgegen, prüft sie und leitet sie gegebenenfalls an Strafverfolgungsbehörden weiter.
In einem bereits länger anhängigen Ermittlungsverfahren geht die Staatsanwaltschaft Osnabrück dem Verdacht nach, dass derartige Verdachtsmeldungen in mehreren Fällen nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet worden sein könnten. Dazu fanden bereits im Mai 2021 etwa Durchsuchungen bei der Generalzolldirektion in Bonn statt.
Die Beschlüsse zu den Durchsuchungen beim Bundesfinanz – und Bundesjustizministerium erließ das Osnabrücker Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 10. August sowie am 25. August, vollstreckt wurden sie am 9. September. Am 27. September legte das Bundesjustizministerium dann Beschwerde gegen den Beschluss beim Amtsgericht ein, dieses legte den Vorgang zur Entscheidung dem Osnabrücker Landgericht vor, das den Beschluss nunmehr aufhob.
bro/cfm

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