Betäubungsmitteldiebstahl beim BRK in Memmingen – Verhandlung vor dem Amtsgericht

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Das Strafverfahren um die verschwundenen Betäubungsmittel auf der Rettungswache des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in Memmingen fand am Montag, 21.06.2021, vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Memmingen sein Ende.

Angeklagt war der heute 37-jährige, ehemalige Wachleiter der Rettungswache des BRK. Ihm wurden Diebstahl, Urkundenfälschung und Betäubungsmittelmissbrauch vorgeworfen und das in 337 Taten, in der Zeit von Ende August 2019 bis 14.01.2020.

Zu Beginn der Verhandlung, die etwas verspätet anfing, da ein Schöffe ausgefallen war und das Gericht einen Ersatzschöffen bitten musste, der Verhandlung beizuwohnen, verlas der Sitzungsstaatsanwalt Roman Stoschek die Anklageschrift.

Auf die Frage von Richter Braun, ob der Angeklagte sich zu den Vorwürfen äußern möchte, bejahte er dies und beging mit der Schilderung der Abläufe. Er räumte den Diebstahl der Betäubungsmittelampullen, die Urkundenfälschung und den Betäubungsmittelmissbrauch voll umfänglich ein, wie er es bereits zu Beginn der Ermittlungen bei der Kriminalpolizei in Memmingen tat, er hatte dort schon reinen Tisch gemacht und so die Ermittlungsarbeit der Polizei wesentlich erleichtert.

Als Wachleiter beim BRK hatte er uneingeschränkten Zugang zum Tresor, in dem die Betäubungsmittel lagerten. Er war auch dafür verantwortlich die Verordnungen und Eintragungen in der Bestandskarten der einzelnen Betäubungsmittel zu prüfen. So hatte er auch die Möglichkeit die Aufzeichnungen zu verfälschen. Bereits im Jahre 2012 hatte der Angeklagte Depressionen, die auch mit Medikamenten und einer Therapie behandelt wurden. Aufgrund von Stress, Überbelastung und familiären Schwierigkeiten fiel er wohl im Sommer 2019 in seine alte Erkrankung zurück. Er selbst erzählt, dass er es so nicht wahrgenommen hätte, aber seine Ehefrau ihn immer wieder darauf aufmerksam machte. Aufgrund einer Rippenverletzung 2018 kannte er die Wirkung der Betäubungsmittel/Schmerzmittel und bediente sich dann ab September 2019 regelmäßig an den Beständen auf der Rettungswache. Eine Notfallsanitäterin bemerkte die Unregelmäßigkeiten und Differenzen im Bestand und informierte daraufhin per eMail die Verantwortlichen wie Leiter Rettungsdienst, die Wachleitung und den stellv. Wachleiter über die Fehlmengen. Der Angeklagte, der die Funktion des Wachleiters innehatte, hat dann immer sofort reagiert, dass er sich der Angelegenheit annehmen würde. Jedoch fielen immer wieder Differenzen auf und die eMails häuften sich, seitens der Führung wurde nicht reagiert. Daraufhin ging die Notfallsanitäterin und ein weiterer Rettungssanitäter zur Polizei und brachte den Vorfall zur Anzeige. Dies geschah Anfang Januar 2020. Am 14.01.2020 fehlten dann plötzlich im Betäubungsmittelbestand auf einem Rettungswagen drei Ampullen Schmerzmittel. Dies wurde beim Schichtwechsel festgestellt. Daraufhin informierte der diensthabende Notfallsanitäter auf dem Rettungswagen die Polizei, die dann gleich am frühen Morgen auf der Rettungswache aufschlug und die Aufzeichnungen und Bestände prüfte.

Der ermittelnde Kriminalkommissar berichtete, dass schon bei der ersten Inaugenscheinnahme Manipulationen in den Aufzeichnungen feststellbar waren. Da aufgrund der Signaturen und des Schriftbildes der Verdacht auf den Wachleiter fiel, wurde am Vormittag auch dessen Privatwohnung durchsucht. Die Ehefrau rief zu diesem Zeitpunkt ihren Mann an, dass er nach Hause kommen soll, wohl wusste er schon, dass die Manipulationen aufgeflogen sind. Er räumte beim Eintreffen zu Hause den Sachverhalt ohne Einschränkungen und Ausreden gegenüber den Kripobeamten ein. Der ermittelnde Kommissar bestätigte dem Gericht, dass durch die Aussage des Angeklagten viel Ermittlungszeit gespart werden konnte, da man genau wusste nach was man schauen muss. Die Ermittler glichen Einsatzprotokolle und Einsatzaufträge mit Verordnungen und Notarztprotokollen ab und konnten so den Zeitraum auf Ende August 2019 bis Januar 2020 eingrenzen, so wie es der Beschuldigte damals auch zu Protokoll gab. Auch wurde der Frage nachgegangen, ob der Angeklagte Handel mit den Betäubungsmitteln betrieben haben könnte. Dies konnte aber durch die fast täglich entnommenen Mengen und der Analyse von Haarproben ausgeschlossen werden. Somit gehen die Ermittler davon aus, dass alle entwendeten Betäubungsmittel im Wert von rund 254 Euro vom Angeklagten selbst konsumiert wurden.

Der Angeklagte selbst hat mittlerweile zwei Entgiftungen erfolgreich abgeschlossen und er steht kurz vor dem Ende einer stationären Therapie am Bodensee. Auch ist ihm klar, dass es nicht vorbei ist mit der Suchtgefahr, wenn er Mitte Juli wieder nach Hause aus der Klinik kommt. Das sieht auch der von Gericht bestellte medizinische Gutachter so. Er sieht aber zahlreiche positive Ansätze in der Entwicklung und im Verlauf der Therapie.

Am Ende forderte der Vertreter der Anklage zwei Jahre Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung, eine Maßregelunterbringung, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt und eine Geldauflage von 1.000 Euro. Die Anwältin des Angeklagten, Anja Mack, sah ein Jahr und sechs Monate als Strafmaß ausreichend, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollten und die Verhängung einer Maßregelunterbringung, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.

Der Vorsitzende Richter und die beiden Schöffen zogen sich dann zu einer halbstündigen Beratungspause zurück. Im Anschluss viel das Urteil: Zwei Jahre Gesamtfreiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden, eine Maßregelunterbringung, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt, verbunden mit zahlreichen Behandlungs- und Meldeauflagen. Ebenfalls kommt eine Führungsaufsicht in den kommenden fünf Jahren auf den Verurteilten zu. Auch die Kosten des Verfahrens hat der ehemalige Wachleiter zu tragen. Das Urteil wurde noch während der Sitzung rechtskräftig, da Staatsanwaltschaft und Angeklagter auf Rechtsmittel verzichteten. Der Richter merkte noch an „Wir haben heute sechs Monate eines Lebensabschnitt erlebt, die völlig aus dem Ruder gelaufen sind.“

 

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