Bayern | In Memmingen, Füssen und anderen Orts durchsucht die Kripo Wohnungen – antisemitische und hetzerische Posts in sozialen Medien

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UPDATE | Am, Dienstag, 21.11.2023, gingen Polizei und Staatsanwaltschaft in Bayern im Rahmen eines „Aktionstags PLUS gegen Antisemitismus“ gegen Täter mit antisemitischer Tatmotivation vor. Die Polizei durchsuchte bei 17 Beschuldigten in Bayern. Gegenstand der Ermittlungen sind Straftaten aus verschiedenen politischen Phänomenbereichen, insbesondere wurden auch Verfahren mit Bezug zum Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel einbezogen. Die Beschuldigten stehen im Verdacht, in sozialen Netzwerken u.a. die Straftatbestände der Volksverhetzung, der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sowie der Billigung von Straftaten vollendet zu haben.

Drei Beispiele:

  • Ein Beschuldigter verschickte in einem WhatsApp-Klassenchat einen Sticker eines Clowns mit der Aufschrift „Gas the Jews“
  • Ein deutsch-türkischer Beschuldigter postete über seinen Account, dass „die jüdischen Söhne“ nichts anderes als „angeschlachtet und ausgelöscht zu werden“ verdient haben. „FREE PLÄSTINE“
  • Ein türkischer Staatsangehöriger postet kurz nach dem 07.10.2023 eine Abbildung von Hitler mit dem Zusatz: „Ich könnte alle Juden töten, aber ich habe einige am Leben gelassen, um Euch zu zeigen, wieso ich sie getötet habe. Daneben zeigte er eine Palästinenser-Flagge, die Bildunterschrift „FREE PALESTINE“ sowie ein Emoji mit Victory-Zeichen.

Der Aktionstag PLUS ist Teil eines Kampagnenpakets der bayerischen Justiz und Polizei. Das Bayerische Landeskriminalamt hat bereits am 07.11.2023 in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) einen Projekttag mit dem Staatlichen Gymnasium Trudering durchgeführt um Schülerinnen und Schüler gegen Extremismus, Online-Hetze und Antisemitismus, fit zu machen.

Im Rahmen der Kampagne sind weitere Projekte geplant. So werden gerade eine Öffentlichkeitsaktion mittels Plakaten, Spots und InfoScreen sowie eine Austausch- und Dialogveranstaltung mit Schülerinnen und Schülern der jüdischen Institution YouthBridge vorbereitet.

Michael Weinzierl, Beauftragter der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus: „Antisemitismus prägt leider in Deutschland den Alltag vieler Jüdinnen und Juden. Der terroristische Angriff der Hamas gegen Israel hat auch Auswirkungen auf ihr Leben in Deutschland. Obwohl es seitdem eine neue Welle des Antisemitismus auch auf Bayerns Straßen gibt, dürfen die bereits begangenen Straftaten nicht in den Hintergrund treten. Unsere Aufgabe ist es, konsequent und unnachgiebig antisemitische Straftaten zu verfolgen und für den Schutz von Jüdinnen und Juden in Bayern einzutreten. Hier müssen wir uns alle klar positionieren.“

Andreas Franck, Generalstaatsanwaltschaft München und Der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz: „Mit diesem Aktionstag schaffen wir Bewusstsein – bei jüdischen Bürgerinnen und Bürgern dafür, dass wir es ernst meinen mit der Bekämpfung judenfeindlicher Straftaten. Und bei antisemitischen Straftätern dafür, dass auf diesem Kampf ein Fokus der Bayerischen Justiz liegt“

Bei den Tatverdächtigen in Bayern handelt es sich um zwei Frauen und 15 Männer im Alter zwischen 18 und 62 Jahren. Die Einsatzkräfte vernahmen die Beschuldigten und beschlagnahmten Beweismittel, darunter Mobiltelefone und Laptops.

Die Maßnahmen teilen sich wie folgt auf:

Tabelle Maßnahmen Aktionstag Antisemitismus

Rückfragen zu den Ermittlungsverfahren bitten wir an die örtlich zuständigen Polizeipräsidien oder Staatsanwaltschaften zu richten.

Hintergrund:

Der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, ist bei der Generalstaatsanwaltschaft München, Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) angesiedelt. Diese wurde am 01.01.2017 zum Zweck einer konsequenten und effektiven Verfolgung von Straftaten mit terroristischen und extremistischen Bezügen bei der Generalstaatsanwaltschaft München gebildet.

2018 wurden drei Antisemitismus-Beauftragte der Bayerischen Justiz bei den drei Generalstaatsanwaltschaften München, Nürnberg und Bamberg eingesetzt. Ende des Jahres 2021 wurden bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner Antisemitismus etabliert. Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz daneben einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten.

Um Hass und Hetze im Netz effektiv und schlagkräftig zu bekämpfen, wurde zum 01.01.2020 bei der ZET zentral für ganz Bayern eine Hate-Speech-Beauftragte der Bayerischen Justiz bestellt. Gleichzeitig wurden bei den 22 bayerischen Staatsanwaltschaften entsprechende Sonderdezernate eingerichtet, deren Arbeit von der Hate-Speech-Beauftragten koordiniert und unterstützt wird. Insbesondere wirkt sie dabei auf einheitliche Maßstäbe bei der Sachbearbeitung hin.

Am 09.02.2023 wurde der neue ‚Beauftragte der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus‘ Kriminaloberrat Michael Weinzierl vom Bayerischen Landeskriminalamt vorgestellt. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere in der engen Vernetzung mit Vertretern der verschiedenen Betroffenengruppen und anderen Partnern und der (Weiter-)Entwicklung von Aus- und Fortbildungsinhalten hinsichtlich des  Erkennens und der Sensibilisierung für Hasskriminalität.


Die BILD berichtet am Dienstagmorgen, 21.11.2023, über Razzien von Polizei und Staatsanwaltschaft in ganz Bayern – im Münchner Umland, Coburg, Passau und Nürnberg – und auch in Memmingen und Füssen. Insgesamt sollten 20 Häuser und Wohnungen zeitgleich durchsucht worden sein.

Der Grund: Offenbar antisemitische und hetzerische Posts in sozialen Medien. Gegen die Verdächtigen würde nun unter anderem wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen ermittelt.