Ravensburg | Zwischenbilanz zu polizeilichen Ermittlungen nach den sogenannten Corona-Spaziergängen

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Beginnend ab dem 13.12.2021 haben in den zurückliegenden Wochen im Innenstadtbereich von Ravensburg mehrfach sogenannte „Corona-Spaziergänge“ stattgefunden, die faktisch Versammlungscharakter hatten und – entgegen der Behauptung, „spontan“ zu sein – einen hohen Organisationsgrad gezeigt haben. Die Versammlungen waren grundsätzlich nicht angemeldet, ebenso gaben sich in keinem Fall Versammlungsleiter eigenverantwortlich zur erkennen. Die Vorgaben des Versammlungsrechts für Aufzüge unter freiem Himmel wurden hierdurch bewusst umgangen. Es erscheint daher zunehmend fraglich, ob es den Organisatoren tatsächlich immer um das Thema „Corona-Kritik“ geht. Vielmehr wird ganz bewusst versucht, den Staat vorzuführen, indem rechtsstaatliche Regeln gezielt missachtet und gebrochen werden. Es zeichnet sich ab, dass bei den Verantwortlichen nicht nur Corona-Kritiker am Werk sind, sondern Kräfte, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung schlicht ablehnen. Teilnehmende, die sich möglicherweise aus einer tatsächlichen Sorge um die Corona-Maßnahmen derartigen unangemeldeten Versammlungen anschließen, werden für diese demokratiefeindlichen Bestrebungen instrumentalisiert.

Bereits bei der ersten Montagsversammlung am 13.12.2021 gelang es der Polizei, drei Personen zu identifizieren, welche offenbar als Versammlungsleiter fungierten. Gegen sie wurden Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz aufgrund der Nichtanmeldung eingeleitet. Weiter wurde eine Person wegen des Verdachts der Volksverhetzung angezeigt, die einen abgewandelten Davidstern mit dem Schriftzug „Ungeimpft“ trug.

Aufgrund der Erfahrungen dieser Versammlung, insbesondere der Nichtanmeldung, des Nichteinhaltens von Mindestabständen und damit verbunden des Nichttragens von Mund-Nasen-Masken erließ die Stadt Ravensburg am 17.12.2021 für den darauffolgenden Montag, 20.12.2021, eine Allgemeinverfügung, welche An- und Versammlungen in einem definierten Innenstadtbereich verbot. Verstöße dagegen stellten eine Ordnungswidrigkeit dar. Dennoch kam es hier erneut zu einem großen Aufmarsch von Demonstranten, woraufhin seitens der Polizei nach vorheriger Ankündigung Videoaufnahmen zur beweiskräftigen Dokumentation der Teilnehmenden gefertigt wurden. Hier gelang es zwischenzeitlich, bislang etwa 50 Personen namentlich zu identifizieren, gegen die eine Ordnungswidrigkeitenanzeige an die Stadt Ravensburg als Bußgeldbehörde vorgelegt wird. Zudem wird gegen eine Person wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ermittelt, die versucht haben soll, eine Polizeikette zu durchbrechen. Die Ermittlungen zu dieser Versammlung sind insgesamt noch nicht abgeschlossen.

Nachdem am 23.12.2021 von der Stadt Ravensburg eine weitergehende, ein Verbot für unangemeldete „Montagsspaziergänge“ oder ähnliche Versammlungen umfassende neuerliche Allgemeinverfügung erlassen wurde, wurde diese am Montagabend, 27.12.2021, erneut ignoriert, sodass es abermals zu einer Versammlung kam. Auch hier gelang es der Polizei, eine mutmaßliche Versammlungsleiterin zu identifizieren. Sie wurde wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz bei der zuständigen Staatsanwaltschaft angezeigt. Weiterhin kam es an dem Abend zu einem tätlichen Angriff auf Polizeibeamte, einem Widerstand samt Beleidigung gegen Polizeibeamte, einer Sachbeschädigung an einem Zaun sowie einer Sachbeschädigung an einem Pkw. Die Auswertung der Videoaufzeichnungen und die Ermittlungen hierzu dauern noch an.

Am 28.12.2021 wurde eine Person ermittelt, die in einem sozialen Netzwerk öffentlich zu einer verbotenen Versammlung in Form eines Spaziergangs in Ravensburg aufrief. Diese muss sich nun ebenfalls strafrechtlich wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verantworten.

Bei drei kleineren sogenannten Spaziergängen in Ravensburg am 30.12.21, am 01.01.2022 und am 02.01.2022 konnten zwei Mal faktische Versammlungsleiter identifiziert und angezeigt werden. Außerdem kam es zu einer Beleidigung und einem tätlichen Angriff auf Polizeibeamte, welche ebenfalls zur Anzeige gelangen.

Bei den jüngsten Demonstrationen am Montag, 03.01.2022, wurden in Ravensburg sieben Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Personen eingeleitet, die das nach wie vor geltende Versammlungsverbot nicht einhielten und in der Innenstadt angetroffen wurden. Außerdem konnte bei der Ausweichversammlung in Friedrichshafen eine mutmaßliche Versammlungsleiterin ausgemacht werden, gegen welche nun ebenfalls strafrechtlich ermittelt wird.

Bei einer unangemeldeten Versammlung am Donnerstagabend, 06.01.2022, in Ravensburg, an der etwa 200 Personen teilnahmen, wurden vier Personen identifiziert, gegen die eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen der Teilnahme trotz des Versammlungsverbots vorgelegt wird. Da eine der Personen bereits zum zweiten Mal diesbezüglich auffällig wurde, muss diese mit einem deutlich erhöhten Bußgeld rechnen. Inwieweit die Personen auch als Versammlungsleiter infrage kommen und möglicherweise auch noch mit einer Strafanzeige rechnen müssen, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen.

„Angesichts von bislang acht Strafanzeigen nach dem Versammlungsgesetz gegen identifizierte Versammlungsleiter oder Wortführer im Vorfeld, von rund 60 ermittelten Teilnehmenden an unzulässigen Aufzügen, die mit empfindlichen Bußgeldern zu rechnen haben, und etlicher weiterer Strafanzeigen zeigt sich, dass es nach und nach gelingt, die Organisatoren und auch eine steigende Zahl an Teilnehmern entsprechender angeblicher Spaziergänge namhaft zu machen und bei der Staatsanwaltschaft respektive den Bußgeldstellen anzuzeigen,“ bilanziert Polizeipräsident Uwe Stürmer. Und weiter: „Unsere Ermittlungen sind längst noch nicht abgeschlossen. Sie benötigen Zeit, werden aber mutmaßlich zu weiteren Verantwortlichen führen.“ Abschließend appelliert Stürmer: „Das Versammlungsrecht, ein hohes Rechtsgut, gilt auch zu Corona-Zeiten. Wer dieses Grundrecht für sich in Anspruch nimmt, sollte neben seinen Rechten auch die damit verbundenen Pflichten achten. Dazu gehört eben, sich gesprächs- und verantwortungsbereit zu zeigen: durch ordnungsgemäße Anmeldungen, die Benennung von Versammlungsleitern und gemeinsame Vereinbarungen mit den zuständigen Versammlungsbehörden im Vorfeld.“