Tierschutzskandal in Hawangen: Aufnahmen aus Schweinemastbetrieb werfen Fragen auf

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Hawangen/Unterallgäu – Ein neuer Tierschutzskandal erschüttert das Unterallgäu. Nur wenige Stunden nachdem die Tierrechtsorganisation SOKO Tierschutz um Friedrich Mülln gemeinsam mit dem Team des Journalisten Philipp Hörmann brisantes Bildmaterial veröffentlicht hat, gerät ein Schweinemastbetrieb in Hawangen ins Zentrum der Kritik.

Schockierende Aufnahmen und erste Maßnahmen

Die veröffentlichten Fotos und Videos zeigen Zustände in einem Schweinestall, die aus Sicht von Tierrechtlern und Tierärzten gravierende Mängel im Umgang mit den Tieren dokumentieren. Die Kontrolleinheit KBLV (Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen) reagierte laut eigenen Angaben bereits Anfang Juli – unmittelbar nach Übermittlung des Materials – mit einer unangekündigten Kontrolle vor Ort. Dabei wurden umgehend Maßnahmen angeordnet, ein Zwangsgeld bei Nichteinhaltung angedroht und zudem Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Memmingen gestellt. Inzwischen sollen dort auch weitere Anzeigen von Dritten eingegangen sein.

Landwirtschaftsfunktionär bezweifelt Authentizität

Am Dienstag, den 22. Juli 2025, äußerte sich der Unterallgäuer Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, Martin Schorer aus Hawangen, auf der Plattform des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts. Er stellte die Vorwürfe infrage und betonte, dass aus dem Bildmaterial nicht eindeutig hervorgehe, ob es sich tatsächlich um den genannten Betrieb handle. „Das Material sei oft sehr dunkel“, so Schorer, und fügte hinzu: „Würde dieser Betrieb wirklich so handeln, wie ihm jetzt vorgeworfen wird, so hätte er nicht jahrelang an namhafte Abnehmer liefern können.“ Er warnte zudem vor Fälschungen mittels künstlicher Intelligenz und stellte die Echtheit der Aufnahmen, die über soziale Medien verbreitet wurden, grundsätzlich infrage.

KBLV widerspricht klar

Die KBLV wies diese Zweifel auf Anfrage der Redaktion deutlich zurück. Man habe den Betrieb eindeutig anhand der Aufnahmen sowie eigener Erkenntnisse aus früheren Kontrollen identifizieren können. An der Echtheit der Bilder bestehe „kein Zweifel“.

Blick in die Stallungen

Die Allgäuer Zeitung berichtet, dass ein Redakteur am Dienstag die Möglichkeit hatte, die Stallungen in Hawangen persönlich zu besichtigen. Sein Eindruck: „In jeder Bucht liegen 18 Tiere. Die Gebäude sind zwar alt, wirken aber ordentlich.“ Dieser Besuch fand allerdings mehrere Tage nach ersten Presseanfragen statt.

Bereits am Donnerstag, 17. Juli, war ein Kamerateam des Bayerischen Rundfunks vor Ort. Laut Informationen der Redaktion hatte ein Redakteur den Betreiber an dessen Wohnhaus aufgesucht und ein Schreiben mit der Bitte um Stellungnahme übergeben – bislang ohne Reaktion.

Kontrollhistorie mit Auffälligkeiten

Auch das Landratsamt Unterallgäu äußerte sich zu den Vorwürfen. In einer Stellungnahme vom Dienstagabend auf eine Anfrage vom Freitag hieß es, der Betrieb sei zuletzt im Jahr 2021 gemeinsam mit der Regierung von Schwaben kontrolliert worden. Damals habe es lediglich „geringfügige Mängel“ gegeben. Allerdings wurde in der Vergangenheit bereits eine Strafanzeige gestellt – das Verfahren wurde später eingestellt, Bußgelder verhängt. Auch bei einer ersten Sichtung durch die KBLV im Februar 2025, nach Übernahme der Zuständigkeit im Dezember 2024, war eine Mängelliste erstellt worden.

Zwischen Skandal und Neustart

Ob die dokumentierten Missstände strafrechtlich relevant sind, liegt nun in der Hand der Staatsanwaltschaft, der Fachbehörden und gegebenenfalls eines Gerichts. Bis zum Abschluss der Verfahren gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Hoffnungsschimmer zeigt sich dennoch: Nach der KBLV-Kontrolle im Februar bat der Betreiber um ein Vor-Ort-Gespräch, das auch stattfand. Die KBLV berichtet, dass dabei insbesondere die baulich-veterinärfachlichen Mängel thematisiert wurden. Während der Dokumentationszeit im Mai und Juni war zudem eine Stallung leer – ein Hinweis auf begonnene Umbaumaßnahmen?

Fazit: Wachsamkeit bleibt notwendig

Die Aufdeckung dieses Skandals könnte zum Wendepunkt werden – zu einem Neustart nach einem langjährigen Fehlstart. Tierwohl und Tierschutz müssen im Fokus bleiben. Dafür braucht es einerseits Kontrollbehörden wie die KBLV, andererseits zivilgesellschaftliches Engagement wie das der SOKO Tierschutz und investigativer Journalisten, die Missstände ans Licht bringen. Denn nur wenn es nichts mehr zu beanstanden gibt, verschwinden auch die Bilder, die erschüttern.

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