Am Freitag, dem 7. März 2025, wurden erneut mögliche Verstöße gegen den Tierschutz auf einem Betrieb im Unterallgäu bekannt. In einer groß angelegten Aktion durchsuchten Staatsanwaltschaft Memmingen, zahlreiche Polizisten, Kripobeamte sowie die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) und des Wasserwirtschaftsamtes mehrere Bereiche des Hofes. Auch ein Betrieb in Heimertingen und Kißlegg im Landkreis Ravensburg war betroffen. Bei der Durchsuchung hat die KBLV sofort wirksame Maßnahmen zum Schutz der Tiere ergriffen. Das teilt die Behörde auf eine redaktionelle Anfrage am Montag mit.
Besonders brisant: Der Hof war bereits 2019 Ziel von Ermittlungen wegen ähnlicher Vorwürfe. Damals hatten Tierschützer Videokameras auf dem Betriebsgelände in Schulerloch installiert und die Tierrechtsverstöße dokumentiert. Ein Prozess vor dem Landgericht Memmingen steht noch aus.
Die neuen Anschuldigungen weisen erneut Parallelen zu denen aus 2019 auf. Diesmal jedoch haben die Tierschützer keine Kameras installiert, sondern einen Mitarbeiter eingeschleust, der über drei Monate in dem Betrieb arbeitete. Die zentrale Frage lautet nun: Wie kann es sein, dass ein Hof, gegen den bereits ermittelt wird, weiterhin Tiere mutmaßlich quält?
Die KBLV ist seit 2020 für die Überwachung dieses Betriebs zuständig und führte seitdem 24 unangekündigte Kontrollen durch. Dabei wurden jedoch keine schwerwiegenden Missstände wie die auf den Videos der SOKO Tierschutz sichtbar gewordenen festgestellt. Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren läuft bereits aufgrund der unzureichenden Wasserversorgung von Kälbern im Sommer 2024. Die Kontrollen werden von den Veterinären nicht angekündigt, sodass die Landwirte erst erfahren, dass eine Inspektion stattfindet, wenn die Beamten mit ihren Fahrzeugen das Gelände befahren. Dies soll verhindern, dass sich die Mitarbeiter oder Landwirte auf die Inspektionen vorbereiten können.
Viele der Vorwürfe, die nun von dem eingeschleusten Mitarbeiter dokumentiert wurden, beziehen sich auf brutale Gewalt gegen die Tiere. Auf den neuen Videos der Tierschützer sollen die Verantwortlichen und Mitarbeiter ein Gerät eingesetzt haben, dessen Verwendung ihnen nun vorgeworfen wird.
Der Betrieb war bereits 2019 Teil des sogenannten „Allgäuer Tierskandals“, und gegen die Betreiber läuft ein Strafverfahren vor dem Landgericht memmingen wegen ähnlicher Vorwürfe. Die Soko Tierschutz hatte erneut Kameras im Einsatz und nach monatelangen Aufnahmen Misshandlungen von Tieren dokumentiert, darunter das Verdrehen von Rinder-Schwanzen und unsachgemäße Versuche, kranke Tiere zum Aufstehen zu bewegen.
Welche Kontrollen wurden bisher durchgeführt?
Neben tierschutzrechtlichen Prüfungen wurden auch Lebensmittelvorschriften und die ordnungsgemäße Anwendung von Tierarzneimitteln durch die KBLV überprüft. Von den 24 Kontrollen betrafen sieben den Tierschutz. Eine der Prüfungen war sogar zweitägig. Die Behörde betont, dass bei den Inspektionen keine massiven Missstände, wie etwa abgemagerte Tiere, festgestellt wurden.
Sowohl 2019 als auch jetzt spielen Aufnahmen von Kameras und Aufzeichnungen der Tierschutzorganisation Soko Tierschutz eine wichtige Rolle als Beweismittel. Laut der zuständigen Staatsanwaltschaft Memmingen wurde bereits 2019 geklärt, ob solche Aufzeichnungen als Beweismittel in ein Verfahren eingeführt werden dürfen. Sie sind als Beweismittel zulässig, so die Justizbehörden.
Warum wurde bisher kein Halteverbot verhängt?
Da es noch keine rechtskräftige Verurteilung gegen die Beschuldigten gibt, gilt für die Angeklagten die Unschuldsvermutung wie für jeden anderen Straftäter.
In einer Stellungnahme teilt die KBLV mit, dass die Behörde derzeit prüft, ob ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot ausgesprochen wird. Dies geschieht jedoch nur in Ausnahmefällen, da das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG) dabei eine Hürde darstellt. Deshalb muss eine solche Maßnahme besonders gründlich geprüft und vorbereitet werden, so das KBLV.
Reaktionen der Beschuldigten
Die Anwälte der beschuldigten Landwirte erklärten, dass ihnen die Videos bisher nicht vorgelegt wurden. Sollte sich der Verdacht bestätigen, werde der Betrieb auch selbst Anzeige erstatten – gegebenenfalls gegen „mögliche Anstifter aus der radikalen Tierrechtsszene“. Der Betrieb äußerte zudem, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass Mitarbeiter bewusst angestiftet wurden, um „Schockbilder“ zu erzeugen, die dann in einer Spendenkampagne von Tierrechtsgruppen verwendet werden könnten. Laut der KBLV werden Mitarbeiter beschuldigt, die nicht mehr auf dem Milchviehbetrieb tätig sind. Die Behörden und die Staatsanwaltschaft erhalten von den Beschuldigten volle Unterstützung in ihrer Arbeit.
Für Freitag, den 14. März 2025, ist eine Mahnwache unter dem Motto „Schluss jetzt! Macht die Horrorfarm endlich dicht!“ geplant. Die Veranstalter wollen in Bad Grönenbach, Schulerloch, von 16 bis 17.30 Uhr auf die vorgeworfenen Missstände aufmerksam machen.
Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach: KBLV leitet Verfahren ein und prüft Haltungsverbot