Kartenspielen in Bayern

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Das Kartenspielen ist ein traditioneller Bestandteil der Freizeitkultur im Freistaat Bayern. Die ältesten bayerischen Kartenspiele datieren aus dem 15. Jahrhundert und sind uns bis heute in abgewandelter Form erhalten geblieben. Hinzukamen unterschiedliche Kartenspiele aus anderen Kulturen und Ländern, die sich im Verlauf der Zeit in die regionale Freizeitlandschaft eingefügt haben. Das Endresultat ist heute eine vielfältige Spielkultur, die von Jung und Alt in Wirtshäusern, Casinos oder privaten Spieleabenden gehegt und gepflegt wird.

Die Entstehung des Kartenspiels

Das Spielinstrument Karte existiert nachweislich seit dem 14. Jahrhundert in Europa. Doch hinsichtlich seiner geschichtlichen Entwicklung liegt vieles noch im Dunkeln. Sicher ist, dass ab dem 15. Jahrhundert Spielkarten und die dazugehörigen Spiele auf dem gesamten europäischen Kontinent verbreitet waren, unter anderem dank der fortschreitenden Kartenherstellung in Städten wie Nürnberg, Augsburg und Ulm. Das Spielinstrument konnte nun sehr preiswert in Massen produziert und unter das Volk gebracht werden. Im deutschen Sprachraum setzte sich das Blatt mit den Farbzeichen Eichel, Blatt, Herz und Schelle durch. Weiterhin ergaben sich viele regional unterschiedliche Decks, welche sich teilweise nochmals in lokale Unterarten unterteilten. So entwickelte sich der bayerische Kartenstapel ab den 1650ern in verschiedene Typen. Gleichzeitig entstanden zahlreiche regional spezifische Spielarten. Im Freistaat festigte sich im Verlauf der Zeit das Interesse für die heutigen Klassiker Schafkopf, Wallachen, Watten, Zwicken und Grasobern.

Bayerische Traditionsspiele

Schafkopf ist das wohl bekannteste bayerische Kartenspiel in ganz Deutschland und zählt zu den meistgespielten Varianten der Schafkopf-Familie, zu der auch Skat und Doppelkopf gehören. Gespielt wird mit vier Personen, die zwei Parteien bilden. Ziel des Spiels ist es, mindestens 61 der 120 möglichen Punkte zu erreichen, indem man durch die stärkste Karte in der Runde den Stich ergattert. Auch Watten wird mit vier Personen gespielt, die zu zweit ein Team bilden. Ziel ist es, als Paar drei Stiche durch die höchste Karte in der Runde zu erlangen. Das Besondere an Watten ist, dass es zu den wenigen Spielen gehört, bei der Mimik und Gestik von Vorteil sind. Im Team ist es erlaubt, durch Körpersprache über Karten und Stiche zu kommunizieren. Wallachen ist wie Watten und Schafkopf ein weiteres urbayerisches Kartenspiel. Es wird mit drei Personen gespielt, mit dem Ziel mindestens sechs oder mehr Stiche zu machen. Dafür müssen die Spieler die Zahl der Stiche anhand der verteilten Karten richtig einschätzen und anschließend dementsprechend reizen.

Zwicken ist hingegen das bekannteste Hazardspiel in Bayern. Hier nehmen in der Regel vier bis sechs, manchmal aber auch bis zu zehn Spieler teil. Erst wird die Trumpfkarte festgelegt, dann versuchen alle Spieler reihum ihre Karten abzulegen und einen Stich zu landen. Ein weiteres Lieblingsspiel der Bayer ist zudem Grasobern, ein weiteres Stichspiel, welches mit vier Personen ohne Trümpfe gespielt wird. Doch diesmal müssen die Spieler als Spielziel versuchen, den ersten und letzten Stich zu umgehen. Außerdem muss der Stich vermieden werden, in dem sich der Gras-Ober befindet.

Kartenspiel im regionalen Casino-Angebot

Ab dem 16. Jahrhundert waren Kartenspiele nicht nur eine beliebte Freizeitaktivität in bayerischen Kneipen und Wirtshäusern, sondern auch in den Spielsalons gesellschaftlicher Kreise. In den neu entstehenden Casinos wurde besonders gerne Poker und Blackjack gespielt. An der Wende zum 20. Jahrhundert verlagerte sich das bayerische Casinoangebot in Kurstädte, die gemäß den damaligen Freizeittrends Besucher aus ganz Europa willkommen hießen. Die ortsgebundenen Casinos werden bis heute in Bayern in aktiven oder ehemaligen Kurstädten betrieben und vom öffentlichen Unternehmen Spielbanken Bayern verwaltet. Besonders hohe Beliebtheit genießt dabei heutzutage Poker. Das Kartenspiel erlebt seit 2003 einen Boom, der weltweit durch den Sieg des Pokerspielers Chris Moneymaker in der Weltmeisterschaft nach einer Online-Qualifikation ausgelöst wurde. Infolgedessen stieg nicht nur das Interesse für digitale Plattformen auf dem Markt, welche Pokerräume zum Spielen anbieten und grundlegende Informationen zu Regeln, Händen und Strategien vermitteln. Auch das Pokerspiel in ortsgebundenen Casinos wurde belebt. In Bayern umfasst das Angebot von Spielbanken Bayern die Varianten Texas Hold’em, Omaha, Bavarian Texas Hold’em und das Bavarian Stud.

Kartenspiel im digitalen Zeitalter 

Die Digitalisierungwelle hat natürlich nicht nur das Pokerspiel getroffen. Die Bayer versuchen auch ihre traditionellen Kartenspiele in die Internetwelt zu integrieren. Schafkopf hat schon lange den Sprung geschafft. Es gibt zahlreiche digitale Plattformen, die das Spiel in ihr Spielangebot aufgenommen haben. Auch für Watten und die österreichische Variante des Grasoberns finden Interessierte eine Online-App auf Google Play. Zwicken und Wallachen werden allerdings noch nicht online angeboten. Doch es ist anzunehmen, dass beide Spiele in näherer Zukunft als Folge der bundesweiten Digitalisierungserwartungen die Online-Welt betreten werden.

Die Zukunft des bayerischen Kartenspiels liegt demnach im Internet. Doch wird das Spielen von Angesicht zu Angesicht im Freistaat nun verschwinden? Im Moment wird die jahrhundertealte Kartenspielkultur in Wirtshäusern und ortsgebundenen Casinos rege gehegt und gepflegt. Es ist zu erwarten, dass traditionsbewusste bayerische Bürger weiterhin die analoge Spielweise kultivieren werden.