Rotes Entsetzen: Leclerc patzt bei Verstappens Start-Ziel-Show

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Max Verstappen crasht die Ferrari-Party in Imola, Scuderia-Wunderknabe Charles Leclerc patzt unter Druck. Auch die Stimmungslage bei den Deutschen war höchst unterschiedlich.
Köln/Imola (SID) Charles Leclerc lehnte frustriert an einer Wand und dachte immer wieder an diese vermaledeite 53. Runde zurück. Niemand hätte im Vorfeld darauf gewettet, und auch während des Großen Preises der Emilia-Romagna schien es unvorstellbar: Die Siegerehrung beim Ferrari-Heimspiel in Imola fand ohne einen Fahrer in Rot statt. WM-Spitzenreiter Leclerc war erstmals chancenlos gegen den siegreichen Titelverteidiger Max Verstappen – und verschenkte zu allem Überfluss mit seinem Dreher sein viertes Podium im vierten Saisonrennen.
„Ich habe einen Fehler gemacht, den ich nicht hätte machen dürfen. Dafür gibt es keine Entschuldigung“, sagte Leclerc bei Sky: „Wir hatten nicht die Pace für den Sieg. Aber ich wollte unbedingt den zweiten Platz.“ Und Leclerc riskierte viel dafür. Zu viel.
Auf Platz acht fiel der Wunderknabe nach seiner Entzauberung zurück, selbst im starken Ferrari konnte er sich in den letzten zehn Runden nur noch auf Rang sechs vorkämpfen. Es war Leclercs erster Nackenschlag der Saison – und ein Vorgeschmack darauf, wie immens der Druck im Titelkampf ist.
Verstappen hingegen bewies bei seinem perfekten Wochenende – Pole Position, Sprintsieg, Rennsieg, schnellste Rennrunde, 34 von 34 möglichen WM-Punkten – seine Extraklasse. Rang zwei ging an seinen mexikanischen Red-Bull-Teamkollegen Sergio Perez. „Das war ein netter Sonntag“, sagte der Niederländer schelmisch. „Mehr geht nicht“, lobte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Lando Norris im McLaren erbte nach Leclercs Patzer Platz drei. 
Auch Ex-Weltmeister Sebastian Vettel ließ seine fahrerische Klasse bei Nässe aufblitzen und holte als Achter die ersten WM-Punkte der Saison für sich persönlich und sein schwächelndes Aston-Martin-Team. „Es hat alles gepasst“, sagte der Heppenheimer: „Wenn ich ganz ehrlich bin, ist es ein achter Platz, aber für uns ist es wie ein Sieg.“
Mick Schumacher im Haas dagegen konnte seinen guten zehnten Startplatz nicht nutzen. Der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher, 2006 letzter Ferrari-Sieger in Imola, wartet auch nach seinem 25. Grand Prix auf Punkte. Schumacher wurde 17., sein Teamkollege Kevin Magnussen nahm als Neunter wieder Zählbares mit.
Allerdings war Schumacher mit seiner Nullnummer in durchaus prominenter Gesellschaft. Der siebenmalige Weltmeister Lewis Hamilton beendete ein vollkommen verkorkstes Wochenende im Mercedes auf Rang 13, sein neuer Teamkollege George Russell schlug ihn als Vierter im dritten Rennen in Folge.
Zu allem Überfluss musste sich Hamilton in der 41. von 63 Runden von seinem Erzrivalen Verstappen überrunden lassen. Seine Gegner am Sonntag hießen Gasly, Stroll oder Albon. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bat den 103-maligen Grand-Prix-Sieger via Funk um Entschuldigung für ein „unfahrbares Auto“.
Hamilton wird in diesem Jahr nichts mit der WM zu tun haben. Anders als Leclerc, der trotz seines Patzers mit 86 Punkten das Klassement anführt. Verstappen macht nach seinem 22. Formel-1-Sieg als Zweiter (59) aber Druck. Der Speed stimmt beim Weltmeister, die Defekte in Bahrain und Australien schlagen aber ins Kontor. 
Auf nasser Strecke im Autodromo Enzo e Dino Ferrari kam Leclerc beim Start schleppend weg, der Hoffnungsträger der Ferraristi fiel von Rang zwei auf vier zurück. Noch schlimmer erging es seinem Teamkollegen Carlos Sainz, der Spanier wurde in der ersten Kurve abgeräumt und schied aus. Mick Schumacher drehte sich ebenfalls in der ersten Schikane und fiel weit zurück – sein Rennen war früh gelaufen.
Leclerc hatte nach seinem schlechten Start ein Problem, und das hieß Lando Norris. Der Brite hielt den Monegassen bis zur achten Runde hinter sich, die beiden Red Bull setzten sich ab.
Verstappen kontrollierte das Rennen. Leclerc arbeitete sich an Perez ab, der als Schutzschild für seinen Teamkollegen fungierte. Leclerc wollte aber um jeden Preis Rang zwei und den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde – dann drehte er sich folgenschwer.
SID mh ab

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