„Sie sind jetzt frei von den Pflichten der Ausbildung. Ihnen steht jetzt alles frei, aber gehen Sie vorsichtig und verantwortungsvoll mit Ihrer Freiheit um“, ermahnte anlässlich der gemeinsamen Freisprechungsfeier der Kreishandwerkerschaften Kempten und Memmingen-Mindelheim in der Festhalle Dietmannsried Josef Sigel, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Kempten, die 188 Freizusprechenden aus 15 handwerklichen Berufen. Mit einem Blick zurück zu den großen Freiheitskriegen 1525 bog Sigel einen Bogen zur Bedeutung von „Freiheit und damit auch zur Freisprechungsfeier.
Gerade für das Allgäu haben die Bauernkriege besondere Bedeutung, wurden doch in Memmingen vor 500 Jahren die 12 Bauern-Artikel niedergeschrieben. Die aufständigen Bauern wurden zwar blutig niedergeschlagen, bis zu 100.000 Menschen waren tot, doch die Keimzelle zur Freiheit war entstanden“, definierte Sigel den Bezug zu unserer heutigen Freiheit.
„Auch in Ihrer Ausbildung haben Sie gekämpft – manchmal auch mit Ihrem inneren Schweinehund – aber den Kampf haben Sie an allen Fronten gewonnen. Sie haben durchgehalten und jetzt erhalten Sie den Triumpf: Ihren ganz persönlichen Gesellenbrief! Sie sind jetzt frei!“ Aber man muss immer und stets für sein „frei sein“ kämpfen, heute mit Bildung“, erläuterte der Obermeister weiter. Sigel gab den Freizusprechenden den guten Rat, sich ausreichend Freiheit zur Planung ihres Berufslebens zu nehmen und auch erst einmal Erfahrung zu sammeln.
Die Freizusprechenden seien ein Teil jener Fachkräfte, die unser Land dringend benötigt, betonte der Vizepräsident der Handwerkskammer für Schwaben, Alexander Huber, und Fachkräftesicherung beginne mit beruflicher Bildung. Der Fachkräftemangel koste unsere Wirtschaft in diesem Jahr rd. 49 Mrd. Euro. Doch leider seien bei uns immer noch fast 3 Millionen Menschen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Dabei seien handwerkliche Berufe nicht nur systemrelevant, sondern auch sinnstiftend, sicherten einen erfüllenden und stabilen Berufsweg.
Die Freisprechung zähle zu den ganz großen Schritten im beruflichen Leben, hätten die jungen Handwerkerinnen und Handwerker doch das Rüstzeug erworben, spontan mit dem gerade zur Verfügung stehenden Werkzeug auf plötzliche Herausforderungen zu reagieren und Probleme zu meistern, würdigte Jan Rothenbacher, Oberbürgermeister von Memmingen, die Besonderheit handwerklicher Berufe. Erna Groll, dritte Bürgermeisterin von Kempten, konnte noch auf eine besondere Bedeutung verweisen: Dass sich die 12 Artikel so stark verbreiten konnten, sei nicht zuletzt einem Handwerk zu verdanken, nämlich dem Buchdruck. Somit habe das Handwerk auch erfolgreich zum „frei sein“ beigetragen.
Die Ehrung der 14 Prüflinge, die ihre Berufsausbildung mit großem Erfolg und hervorragenden Leistungen abgeschlossen haben, auf der Bühne der Festhalle in Dietmannsried war wieder das besondere Highlight der Freisprechungsfeier. Eine Bereicherung und ein echter Genuss war auch die musikalische Umrahmung durch die a-cappella-Gruppe „Fünf ohne Namen“ aus Memmingen. Vergessen werden die Gäste diesen „Namen“ sicherlich nicht, denn mit ihren Texten bot die Gruppe auch viel Anlass zum Schmunzeln.
Die Geehrten sind (in Klammer der Ausbildungsbetrieb):
Aus dem Bereich der Kreishandwerkerschaft Memmingen-Mindelheim
Maurer:
Fabio Rittler (Hillenbrand Bauunternehmen GmbH, Kammeltal)
Elektroniker:
Julian Kolb (EKRAFT GmbH, Pleß)
Land- und Baumaschinenmechatroniker:
Domenik Einsiedler (BayWa AG, Kempten)
Florian Mayr (BayWa AG, Marktoberdorf)
Michael Leinfelder (LTR GmbH, Daiting)
Feinwerkmechaniker:
Tobias Laur (Wanzl GmbH & Co. KGaA, Kirchheim)
Julius Freiding (Wanzl GmbH & Co. KGaA, Kirchheim)
Schreiner
Mark Friedrich (Bau- und Möbelschreinerei Hermann Josef Hölzle, Tussenhausen)