Klinikum Memmingen Erlebnispädagogisches Teamtraining soll Klassenzusammenhalt stärken

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Foto: privat
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„Ich mach mir vor Angst in die Hose“, mag sich der ein oder andere Schüler gedacht haben, als er bei einem erlebnispädagogischen Teamtraining im Hochseilgarten des Klinikums Memmingen auf einem Drahtseil balancierte. Aber angefeuert durch die Klassenkameraden schafften es alle 70 Sechstklässler der Mittelschule Memmingerberg, sich von Baum zu Baum zu hangeln, was nicht nur das eigene Selbstwertgefühl, sondern auch den Klassenzusammenhalt stärkte. Deswegen soll dieses Projekt von Schule und Klinikum nächstes Jahr wiederholt werden.

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„Cool, dass du mich so angefeuert hast“, sagte ein Sechstklässler nach der Drahtseilaktion zum anderen, „sonst hätte ich es nicht geschafft!“

Später, im Unterrichtsalltag, wenn es notentechnisch mal nicht so glatt läuft oder der Klassensegen schief hängt, erinnern sich die beiden Schüler vielleicht an ihren positiven Moment im Hochseilgarten des Klinikums Memmingen und schaffen es dadurch, die Konflikte im Unterricht zu entschärfen und die Klassengemeinschaft zu stärken.

„Hinter diesem Pilotprojekt mit der Mittelschule von Memmingerberg steckt ein präventiver Gedanke“, erklärt Erlebnistherapeut Alexander Klotz-Otto vom Sozialpädiatrischen Zentrum des Klinikums Memmingen. „Die Schüler sollen in Team- und Abenteuermomenten sich selbst wirksam erleben können und im Klassenverband die eigenen Stärken und Ressourcen, aber auch die der anderen mitbekommen.“

Dazu durchliefen die Schüler in ihren Klassenverbänden an vier Vormittagen auf dem Klinikgelände drei Stationen: Kletterwand, Hochseilgarten und die Kooperationsaufgabe „Murmelbahn-Bauen“.

Sie motivierten sich gegenseitig auf dem sieben Meter hohen Drahtseil, erfuhren an der klinikeigenen Kletterwand von vielleicht ungeahnten Kräften und entwarfen in Teamarbeit eine Murmelbahn, über deren erfolgreiche Konstruktion sie sich gemeinsamen freuten.

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„Viele Kinder und Jugendliche haben durch Schul- und Freizeitstress keine Zeit mehr, sich auszuprobieren, um ihre Fähigkeiten und Grenzen zu testen“, bemerkt Alexander Klotz-Otto.

Das kann über ein erlebnispädagogisches Teamtraining angeregt werden und die Schüler kommen an der Kletterwand oder im Hochseilgarten nicht selten zu der Erkenntnis: „Das hätte ich nie gedacht, dass ich mich das traue“, oder „Ich habe gar nicht gewusst, dass ich so kräftig bin.“

Beim gemeinsamen Entwerfen einer Murmelbahn wird ihnen bewusst, dass sie bei Meinungsverschiedenheiten mit Streitereien und Geschrei nicht weiterkommen, sondern dass sie die Aufgabe nur lösen, wenn sie sich respektvoll behandeln und sich gegenseitig zuhören. Und sie lernen, dass jeder seine ganz individuellen Fähigkeiten hat: Der eine kann vielleicht super gut klettern, die andere wiederum hat einen tollen Gleichgewichtssinn, der eine hat eine gute Ausdauer und kann die Gruppe motivieren und die andere kann sich gut konzentrieren und den Überblick behalten.

Jetzt soll das Pilotprojekt fest in die Jahresplanung der Memmingerberger Mittelschule integriert werden: „Denn wir haben gemerkt, dass es den Klassenzusammenhalt nachhaltig stärkt“, wie Lehrerin Johanna Beck berichtet. Wunsch der Lehrkräfte ist es dabei, das Projekt künftig einmal jährlich am Schuljahresanfang in den fünften Klassen durchzuführen. „Für die Klassenfindung. Denn da kennen sich die meisten Schüler noch nicht.“

Finanziert wurde das Projekt mit Unterstützung der Eltern: Für jedes Kind wurden 25 Euro Teilnahmegebühr bezahlt.

„Wir sind vorrangig mit unserem therapeutischen Wirken an der Kinderklinik eingebunden, sodass wir personell, konzeptionell und zeitlich diesen Präventionsgedanken nicht noch an weiteren Schulen verwirklichen könnten“, bedauert Alexander Klotz-Otto, „es können aber Lehrer, die eine erlebnispädagogische Zusatzausbildung haben, die Kletterwand und den Hochseilgarten gegen eine geringe Miete auch ohne uns mit ihren Schülern nutzen.“