IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu offen gegenüber Amazon-Ansiedlung

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IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu fordert stärkeres Engagement für den Einzelhandel

Die IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu steht den Plänen des Online-Händlers Amazon, der in Memmingerberg ein neues Verteilzentrum bauen möchte, offen gegenüber. Die Entwicklung des Online-Handels lässt sich nicht aufhalten. Sie ist getrieben von der Nachfrage der Kunden und wurde durch die Corona-Krise noch einmal beschleunigt. „Das bedeutet aber nicht, dem stationären Handel und unseren Innenstädten den Rücken zu kehren. Vielmehr braucht es einen gemeinsamen Kraftakt, um mit kurz-, mittel- und langfristigen Konzepten das Einkaufserlebnis in unseren Innenstädten zu stärken und den Produkt- und Beratungsangeboten des stationären Handels mehr Sichtbarkeit zu geben“, sagt Andrea Thoma-Böck, Vorsitzende der IHK-Regionalversammlung Memmingen/Unterallgäu.

Amazon will im Gewerbegebiet des Flughafens in Memmingerberg ein neues Verteilzentrum errichten. Von dort sollen Waren an Endkunden ausgeliefert werden. Es geht also um Bestellungen beim US-amerikanischen Online-Händler, die bereits heute bedient werden. „Ziel ist es, mit Hilfe des Verteilzentrums bereits bestehende Logistikströme regionaler zu organisieren. Würde eine Ansiedlung Amazons in Memmingerberg scheitern, würde die Verteilung der Sendungen im Allgäu von einem anderen Ort aus erfolgen. Amazon wird an seiner regionalen Verteilerstrategie festhalten, wie die Planungs- und Bauaktivitäten des US-Konzerns in Neu-Ulm und Gersthofen belegen. Was allerdings dann wegfällt ist, dass Amazon im Unterallgäu neue Arbeits- und Ausbildungsplätze schafft und zusätzliche Steuern zahlt“, erwartet Thoma-Böck.

 

Unterstützung der stationären Händler ist wichtig

Wichtiger ist in den Augen der IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu, sich unabhängig von den Amazon-Plänen weiterhin mit den Herausforderungen des stationären Handels zu befassen. Genau das tut die IHK Schwaben für die derzeit rund 9.400 Einzelhändler im Allgäu: mit umfassenden Beratungen und Informationen sowie politischem Engagement. „Wir müssen alles daransetzen, um die Händler in unseren Städten und Gemeinden gerade in der jetzigen Situation weiter zu unterstützen. Kurzfristig, indem sie schnellen und unbürokratischen Zugang zu den Finanzierungshilfen des Freistaates und des Bundes erhalten, im kommenden Jahr, indem befristet und von der Anzahl her begrenzt auf den Anlassbezug verkaufsoffener Sonntage verzichtet wird und langfristig, indem sich die Sichtbarkeit des regionalen Handels im Internet und damit auch bei Amazon erhöht“, zählt Thoma-Böck beispielhaft auf. Eine zentrale Rolle kommt darüber hinaus den Kommunen zu, die Rahmenbedingungen für eine Belebung der Innenstädte zu schaffen, wie Thoma-Böck ergänzt: „Der innerstädtische Einzelhandel lebt von der Kundenfrequenz. Daher brauchen wir kommunale Verkehrskonzepte, die die Kunden in die Innenstadt leiten und nicht aussperren. Dafür brauchen wir neben Rad- und Fußgängerwegen sowie Verkehrsflächen für Bus und Bahn eben auch Straßen und Parkplätze. Deshalb wäre auch eine von Teilen der Stadt Memmingen angedachte Schließung des Weinmarktes für den Durchgangsverkehr in diesen für den Handel schwierigen Zeiten unverantwortlich.“

Diversifizierung des Geschäfts am Airport ist sinnvoll

Dass Amazon einen Standort im Gewerbegebiet direkt am Flughafen in Memmingerberg ins Auge gefasst hat, ist für die IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu nicht überraschend: „Eine Diversifizierung des Geschäftsbetriebs am Allgäu Airport über die Fliegerei hinaus ist enorm wichtig. Das hat die Corona-Krise und der damit verbundene Einbruch in der Luftfahrt gezeigt“, so Thoma-Böck. Aufgrund der Größe des geplanten Verteilzentrums ist nach Ansicht der IHK-Regionalversammlung allerdings nicht davon auszugehen, dass sich die Anzahl an Frachtflügen verändern wird. Wichtiger sei dem Online-Händler die direkte Anbindung an die A96 in Ost-West-Richtung und die A7 in Nord-Süd-Richtung.

Die von der Amazon-Ankündigung ausgelöste Diskussion zeigt, wie vielschichtig die Argumente und Positionen in der Wirtschaft sind. Dazu Thoma-Böck abschließend: „Zum Gesamtinteresse der Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen gehören lebendige Innenstädte ebenso wie die Entwicklung moderner, regionaler und damit leistungsstarker Logistikangebote. Umso wichtiger ist es, die offene Diskussion um das Amazon-Verteilerzentrum auf der Basis transparenter Fakten zu führen, wie sie das kommende Ansiedlungsverfahren liefern wird. Gleichzeitig muss der stationäre Einzelhandel im Allgäu gestärkt werden, denn er ist nicht nur Arbeits- und Ausbildungsmotor der Region, er ist auch ein wesentlicher Teil der wirtschaftlichen Struktur des Allgäus. Und wie nötig wir diese breite Struktur haben, zeigt sich besonders in der wirtschaftlichen Krise.“

 

Flughafen Memmingen hält aber am Projekt Amazon-Verteilzentrum fest