Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das System der Ersatzfreiheitsstrafe überarbeiten

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Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das System der Ersatzfreiheitsstrafe überarbeiten. Künftig soll bei einer nicht bezahlten Geldstrafe pro zwei verhängten Tagessätzen nur noch ein Tag Freiheitsstrafe fällig werden – bisher gilt ein Verhältnis von eins zu eins. Die Änderung ist in einem Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium vorgesehen, der am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Dabei geht es um verschiedene Änderungen im sogenannten Sanktionenrecht, das regelt, wie der Staat auf eine Straftat reagiert.
Das System der Ersatzfreiheitsstrafe ist seit Langem umstritten – Kritiker sehen dadurch vor allem arme Menschen benachteiligt. Wer eine Geldstrafe nicht begleicht, kann als Ersatz in Haft genommen werden. Geldstrafen werden in Tagessätzen verhängt; dabei entspricht ein Tagessatz dem Betrag, den ein Täter oder eine Täterin rechnerisch pro Tag an Nettoeinkünften zur Verfügung hat. Bei Nichtzahlung gilt bisher, dass ein Tagessatz einem Hafttag entspricht. Dies soll halbiert werden.
Hintergrund ist laut dem Referentenentwurf, dass sich durch die Ersatzfreiheitsstrafe meist keine „wirkliche Resozialisierung“ erreichen lasse. Der Vollzug verursache zudem für die Länder „erhebliche Kosten“.
Neben der geplanten Verkürzung der Haftzeiten soll die Reform auch dafür sorgen, dass die Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit gestärkt wird. Betroffenen soll es auch erleichtert werden, die Geldstrafe doch noch zu bezahlen – etwa durch Unterstützung bei der Beantragung von Ratenzahlung oder Stundung.
Ein weiterer Teil des 85 Seiten langen Referentenentwurfs befasst sich mit der Frage, wie Straftaten geahndet werden, die einen geschlechtsspezifischen Hintergrund haben oder sich „gegen die sexuelle Orientierung“ des Opfers richten. In solchen Fällen sollen häufiger härtere Strafen verhängt werden.
Konkret geht es zum einen um Gewalt gegen Frauen durch den Partner oder Ex-Partner bis hin zum sogenannten Femizid, also der Tötung der Frau vor dem Hintergrund von Besitz- und Machtfantasien des Partners oder Ex-Partners. Im Jahr 2020 gab es laut Bundeskriminalamt 139 derartige Tötungsdelikte, rechnerisch wurde also jeden dritten Tag eine Frau Opfer eines Femizids.
Zum anderen geht es um Taten, bei denen die sexuelle Orientierung des Opfers eine maßgebliche Rolle spielt. Die Hasskriminalität und Gewalt etwa gegen homosexuelle oder intergeschlechtliche Menschen hat in den vergangenen Jahren laut dem Referentenentwurf deutlich zugenommen.
Bereits heute können all diese Delikte mit besonders harten Strafen geahndet werden, diese Vorgabe soll aber „bekräftigt und verstärkt“ werden. Geschehen soll dies durch eine Änderung des Strafrechtsparagrafen 46. Er besagt unter anderem, dass bei der Strafzumessung „die Beweggründe und die Ziele des Täters“ berücksichtigt werden sollen, „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende“. Dieser Teil soll ergänzt werden um „geschlechtsspezifische“ und „gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Beweggründe.
Daneben sieht der Referentenentwurf noch vor, dass sogenannte Auflagen und Weisungen im Strafverfahren gestärkt werden sollen. Dabei geht es beispielsweise darum, dass eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird mit der Vorgabe, dass der Täter eine Psychotherapie macht.
Ein vierter Teil bezieht sich auf die Einweisung von Straftätern mit Suchproblematik in Entziehungsanstalten. Hier sollen die Vorgaben enger gefasst werden, um sicherzustellen, dass nur therapiefähige und -willige Täter in solche Kliniken eingewiesen werden. Diese Initiative hatte Buschmann bereits im Januar angekündigt.
cne/bk

© Agence France-Presse