Nato will „weit über 300.000“ Soldaten in erhöhte Bereitschaft versetzen

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Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine will die Nato „weit über 300.000 Soldaten“ in erhöhte Bereitschaft versetzen. Das kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag in Brüssel an. Nach seinen Angaben wollen die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Länder dies auf dem Bündnis-Gipfel in Madrid am Mittwoch und Donnerstag beschließen.
Nach der russischen Invasion in der Ukraine Ende Februar hatte die Nato rund 40.000 Soldaten ihrer schnellen Eingreiftruppe (Nato Response Force, NRF) in Alarmbereitschaft versetzt. Diese Truppen unter Nato-Kommando sollen nach Diplomatenangaben nun um einsatzbereite Kräfte in den Mitgliedsländern ergänzt werden, so dass die Militärführung über ein Kontingent von insgesamt mehr als 300.000 Kräften verfügen kann.
Zudem sollen die multinationalen Gefechtsverbände im Osten der Allianz aufgestockt werden. Stoltenberg sprach von der „größten Neuaufstellung unserer kollektiven Verteidigung und Abschreckung seit dem Kalten Krieg“.
Zur Stärkung der Ostflanke der Nato soll ein Modell dienen, das Deutschland den Verbündeten vorgeschlagen hatte. Die Bundeswehr könnte demnach in Litauen mit etwa 1500 Soldaten die Führung einer „Kampfbrigade“ übernehmen, die aber nicht ständig präsent ist. Die Kräfte würden für gemeinsame Trainingseinheiten mit litauischen Soldaten zeitweise an die Ostflanke entsandt werden. 
Ähnliche Brigaden sollen auch in den anderen Baltenstaaten aufgebaut werden – nach Stoltenbergs Angaben voraussichtlich auch in Polen. Diese Brigaden – Einheiten von 3000 bis 5000 Soldatinnen und Soldaten – könnten die multinationalen Gefechtseinheiten ergänzen, die derzeit vor Ort sind. Deutschland ist seit gut fünf Jahren Führungsnation einer sogenannten Battlegroup in Litauen mit insgesamt rund 1600 Soldaten, von denen tausend von der Bundeswehr kommen.
Eigentlich sollte auf dem Nato-Gipfel in Madrid die geplante Erweiterung um die EU-Staaten Finnland und Schweden gefeiert werden. Doch die Türkei macht dem einen Strich durch die Rechnung. Ankara blockiert als Nato-Mitglied die Beitrittsgesuche der beiden nordischen Länder. Es wirft ihnen insbesondere vor, Mitgliedern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Schutz zu gewähren.
Schweden und Finnland wollen am Dienstag vor Beginn des Nato-Gipfels das Gespräch mit der Türkei suchen. An dem Treffen der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson, des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und seines türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan soll auch Stoltenberg teilnehmen. Der Nato-Generalsekretär sagte dazu, das Verteidigungsbündnis hoffe nun „so bald wie möglich“ auf einen Beitritt Finnlands und Schwedens.
Vor dem eigentlichen Gipfel kommen die Staats- und Regierungschefs der Nato-Länder am Dienstagabend auf Einladung des spanischen Königs Felipe VI. zu einem Dinner im Königspalast zusammen.
lob/noe/jes

© Agence France-Presse