Tausende Palästinenser erweisen getöteter Al-Dschasira-Reporterin letzte Ehre

-

Print Friendly, PDF & Email

Tausende Palästinenser haben am Donnerstag Abschied von der Korrespondentin Schirin Abu Akleh genommen, die am Vortag bei der Berichterstattung über einen israelischen Militäreinsatz im besetzten Westjordanland erschossen worden war. An der offiziellen Trauerzeremonie in Ramallah, dem Sitz der palästinensischen Autonomiebehörde, nahmen Palästinenservertreter und ausländische Diplomaten teil. Tausende Menschen säumten die Straßen, als ihr Sarg durch die Stadt gefahren wurde.
Der Sarg mit dem Leichnam der 51-Jährigen Reporterin war in eine palästinensische Flagge gehüllt. Abu Akleh gehörte zu den bekanntesten Journalistinnen des in Katar ansässigen arabischen Senders Al-Dschasira. Der Tod der palästinensischen Korrespondentin, die auch die US-Staatsbürgerschaft hatte, löste große Anteilnahme in den Palästinensergebieten und der arabischen Welt aus, wo sie seit zwei Jahrzehnten für ihre Reportagen bekannt war, aber auch in Europa und den USA.  
Schirin „war die Schwester aller Palästinenser“, sagte ihr Bruder Antun Abu Akleh am Mittwoch mit tränenerstickter Stimme der Nachrichtenagentur AFP. Der Trauergottesdienst soll am Freitag in einer Kirche in Jerusalem stattfinden, wo die Christin aufgewachsen war. 
Al-Dschasira, die Autonomiebehörde und die Gruppe der arabischen Staaten bei der UNO machen die israelische Armee für ihren Tod verantwortlich. „Wir halten die israelischen Besatzungsbehörden komplett verantwortlich für ihren Tod“, sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bei der Zeremonie. Die Ablehnung einer von Israel vorgeschlagenen gemeinsamen Untersuchung des Todesfalles begründete er damit, „dass die israelischen Behörden dieses Verbrechen begangen haben und wir ihnen nicht vertrauen“. 
Er wolle sich an den Internationalen Strafgerichtshof wenden, sagte Abbas. Zahlreiche Länder haben eine unabhängige Untersuchung gefordert.
Israels Ministerpräsident Naftali Bennett hatte zunächst erklärt, die Reporterin sei „wahrscheinlich“ durch den Schuss eines palästinensischen Kämpfers getötet worden. Inzwischen schloss Israel jedoch nicht aus, dass der Schuss von einem israelischen Soldaten abgefeuert worden sein könnte.
„Wir sind uns nicht sicher, wie sie getötet wurde“, sagte Verteidigungsminister Benny Gantz am Mittwochabend vor Reportern. „Vielleicht ist es ein Palästinenser, der auf sie geschlossen hat (…). Vielleicht ist der Schuss auch von unserer Seite gekommen, wir ermitteln“, sagte Gantz. Für eine vollständige Untersuchung „brauchen wir (von den Palästinensern) den gerichtsmedizinischen Beweis“, darunter die Kugel, durch die Abu Akleh zu Tode gekommen sei. 
ck/cp

© Agence France-Presse