Trauer um Grabowski: „Seine Aura wirkt bis in die Gegenwart“

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Der deutsche Fußball trauert um Jürgen Grabowski. Der Weltmeister von 1974 ist am Donnerstagabend im Alter von 77 Jahren gestorben.
Frankfurt/Main (SID) Bis zuletzt war Jürgen Grabowski in aller Munde – und der Fußball-Weltmeister von 1974 wird dies auch noch nach seinem Tod sein. Wenn die Thrash-Metal-Band Tankard mit der Klubhymne „Schwarz-weiß wie Schnee“ vor den Spielen von Eintracht Frankfurt in der Arena ertönt, werden die Fans auch zukünftig voller Inbrunst die Textzeile mit dem Namen Grabowskis singen, auch wenn er am Donnerstagabend im Alter von 77 Jahren gestorben ist.
Kein Wunder. Schließlich sind die Zeilen eine Hommage an das Idol des Bundesligisten, das von vielen Seiten immer noch als „der beste Spieler der Hessen aller Zeiten“ gewürdigt wird. „Wir haben die Eintracht im Endspiel geseh’n. Mit dem Jürgen, mit dem Jürgen“, heißt es in dem Song über den Frankfurter Ehrenspielführer: „Sie spielte so gut, und sie spielte so schön – mit dem Jürgen Grabowski!“
Hören wird Grabowski, der bereits in den vergangenen Jahren gesundheitlich angeschlagen war und regelmäßig zur Dialyse musste, die Zeilen indes nicht mehr. „Voller Dankbarkeit und Respekt verneigt sich Eintracht Frankfurt vor einem der größten, die dieses Spiel je gespielt haben. Aller Mitgefühl gilt seiner Frau Helga und der Familie“, teilte der Klub am Freitag mit.
„Dass Jürgen Grabowski verstorben ist, ist für uns alle unbegreiflich“, sagte Vereinspräsident Peter Fischer tief betroffen. Vorstandssprecher Axel Hellmann trauerte ebenso um Grabowski. „In seiner aktiven Zeit war Jürgen Grabowski vielleicht der vollkommenste Spieler, der für die Eintracht gespielt hat“, äußerte Hellmann: „Seine Aura wirkt bis in die Gegenwart. Grabi, der so gerne bei den Spielen unserer Eintracht dabei war, war generationsübergreifend identitätsstiftend für den Verein.“
Davon zeugt auch die Klubhymne, welche die gewonnenen Pokalfinals 1974 und 1975 zum Inhalt hat. Beim zuletzt aufgenommenen Video war Grabowski, der zwischen 1965 und 1980 in 441 Partien für die Frankfurter 109 Tore erzielte, sogar mit von der Partie – auch wenn seine Imitation eines E-Gitarristen nicht besonders glaubhaft wirkte.
Dabei hing Grabowskis Aufstieg zur Klub-Ikone im Jahr 1972 am seidenen Faden. Bayern München wollte damals den Spielmacher verpflichten – doch das Angebot reichte der Frankfurter Klubführung nicht.
Bereut hat Grabowski den verpassten Wechsel nie. Warum auch? Bei der Eintracht genoss „Grabi“ den Status einer Legende. Noch zu seinem 70. Geburtstag richtete der Klub eine große Party aus.
Mit den großen Festen auf dem Platz war vor 42 Jahren Schluss. Am 15. März 1980 erlitt Grabowski im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach bei einem Zweikampf mit Lothar Matthäus eine derart heftige Verletzung, dass er seine Karriere beenden musste. Den UEFA-Cup-Sieg der Frankfurter kurz darauf erlebte der gebürtige Wiesbadener deshalb nur noch als Zuschauer.
Anders war es für Grabowski sechs Jahre zuvor gelaufen. Obwohl der zweimalige DFB-Pokalsieger zum Sündenbock für das 0:1 in der WM-Vorrunde gegen die DDR gemacht worden war, stand er beim Finalsieg der Nationalmannschaft gegen die Niederlande (2:1) in München auf dem Platz. „Er war der Mister Spielmacher des DFB“, würdigte ihn Rainer Koch in seiner Funktion als DFB-Interimspräsident auf dem Bundestag in Bonn.
Nach dem Endspiel beendete Grabowski seine Karriere im deutschen Trikot. Nach nur 44 Länderspielen und fünf Toren ging er im Zorn. Grabowski kam nicht darüber hinweg, dass er für die DDR-Pleite verantwortlich gemacht wurde und zwischenzeitlich aus dem Kader geflogen war.
Zudem musste er in der deutschen Auswahl immer im rechten Mittelfeld spielen, weil im Zentrum kein Platz für ihn war. Das wurmte Grabowski so sehr, dass er das Comeback-Angebot als Spielmacher für die WM 1978 ausschlug.
Mit solchen Problemen hatte Grabowski, der 1965 vom SV Biebrich zur Eintracht kam, in Frankfurt nie zu kämpfen. 15 Jahre spielte der Mittelfeldstratege bei den Hessen, davon elf Jahre als Kapitän. Nun ist der Kapitän von Bord gegangen.
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