Am Freitagmittag, den 21. März 2025, stellte die Präsidentin des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, Frau Dr. Claudia Strößner, die Kriminalstatistik für das Jahr 2024 vor. Der Zuständigkeitsbereich des Präsidiums umfasst rund eine Million Einwohner – hinzu kommen zahlreiche Touristen sowie eine hohe Zahl an Berufspendlern, die in der Region arbeiten, aber dort nicht gemeldet sind. Die Daten zeigen: Die Rauschgiftkriminalität ist deutlich rückläufig – insbesondere im Bereich Cannabis. Die Redaktion hat die Fakten etwas hinterfragt und aufgeschlüsselt.
Deutlicher Rückgang bei Rauschgiftdelikten
Im Jahr 2024 wurden im Präsidiumsbereich 1.971 Rauschgiftdelikte registriert. Das entspricht einem Rückgang von 43,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2023: 3.476 Fälle). In diesen Zahlen sind auch die Aufgriffe beim IKARUS-Festival 2024 mit über 100.000 Besuchern beinhaltet: Dort wurden 74 Drogenfahrten und 239 Betäubungsmitteldelikte zur Anzeige gebracht.
Die Polizei führt diesen Rückgang im Wesentlichen auf das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) zurück, das seit Juli 2024 Besitz und Eigenanbau von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert. Gleichzeitig wurden Konsumverbotszonen – etwa im Umkreis von 100 Metern um Schulen – festgelegt.
Neue Herausforderungen durch Gesetzesänderung
Trotz des Rückgangs an Fallzahlen bleibt der Umgang mit Cannabis für die Polizei herausfordernd. „Die Anwendung des Konsumcannabisgesetzes stellt die Polizei vor Herausforderungen, beispielsweise bei der Überwachung der Konsumverbotszonen oder der Kontrolle des Eigenanbaus von Marihuana in Wohnungen“, erklärt der Leitende Kriminaldirektor Haber. Besonders in Mehrpersonenhaushalten sei die Überwachung des legalen Eigenanbaus schwierig. Auch gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass der Schwarzmarkt durch die Gesetzesänderung eingedämmt worden sei – im Gegenteil: Die Sicherstellung größerer Mengen Marihuana im In- und Ausland spreche eine andere Sprache.
Bayerns Blockadehaltung sorgt für anhaltenden Schwarzmarkt
Ein zentraler Aspekt bleibt jedoch in der öffentlichen Debatte häufig unerwähnt, eben auch bei der Veröffentlichung der Kriminalstatistik: Der Freistaat Bayern lehnt die Legalisierung von Cannabis für den Eigengebrauch weiterhin vehement ab. Obwohl seit dem 1. Juli 2024 sogenannte „nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen“ – oft auch als „Cannabis-Clubs“ bezeichnet – Anträge zur Genehmigung beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) stellen können, wurde bis Januar 2025 noch keine einzige Genehmigung erteilt. 29 Anträge waren zu diesem Zeitpunkt offen, einer wurde abgelehnt.
Die politische Blockade wirkt sich auch auf die Versorgungslage aus: Wo kein legaler Bezug möglich ist, regelt der Schwarzmarkt Angebot und Nachfrage. Dieser Umstand fördert weiterhin den illegalen Handel – eine Realität, die auch die Polizeiarbeit beeinflusst. Man lehnt sich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man sagt, wäre die Cannabis-Club vorhanden, würde die Zahl der Drogendelikte beim Handel von Cannabis nochmals deutlich zurückgehen.
Zunahme bei Heroin und Kokain
Während die Fallzahlen im Bereich Cannabis deutlich gesunken sind, zeigen sich gegenläufige Tendenzen bei anderen Rauschmitteln. Heroinverstöße stiegen im Jahr 2024 um 35,7 Prozent auf 38 Fälle, Kokainverstöße um 14,1 Prozent auf 251 Fälle. Diese Entwicklung verdeutlicht: Der Rückgang bei Cannabis bedeutet keine generelle Entspannung im Bereich der Drogenkriminalität.
Straßenverkehr: Drogendelikte nehmen zu
Ein weiterer problematischer Aspekt betrifft den Straßenverkehr. Die Zahl der Drogendelikte am Steuer stieg 2024 um 8,2 Prozent auf 1.291 Fälle. Zusätzlich wurden 713 Verkehrsordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Cannabis registriert. Die Polizei betont, dass dieser Bereich weiterhin ein wesentlicher Bestandteil ihrer Kontrollmaßnahmen bleibt.
Entlastung der Justiz als positiver Nebeneffekt
Trotz aller Herausforderungen bringt die Gesetzesänderung in Sachen Cannabis auch positive Aspekte mit sich. So bedeutet der Rückgang der Cannabis-Delikte rund 1.500 weniger Strafanzeigen – und damit eine deutliche Entlastung für Staatsanwaltschaften und Gerichte. Auch dieser sollte fairerweise bei solchen Statistiken wenigstens angesprochen werden.
Fazit
Die Kriminalstatistik 2024 des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West zeigt: Die Zahl der Rauschgiftdelikte ist insgesamt rückläufig – ein Effekt, der maßgeblich auf die Gesetzesänderung zum Umgang mit Cannabis zurückzuführen ist. Gleichzeitig bleibt der Kampf gegen andere illegale Substanzen wie Heroin und Kokain ebenso aktuell wie die Herausforderungen im Straßenverkehr. Bayerns restriktiver Kurs gegenüber dem neuen Cannabisgesetz trägt dabei maßgeblich zur Aufrechterhaltung des Schwarzmarkts bei – ein Punkt, der in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion nicht ignoriert werden sollte.
Noch zwei Zahlen
Im jahr 2024 gab es im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West 16 Drogentote, im Vorjahr waren es 15. Rauschgiftdelikte machen 5,2 % der Gesamtkriminalität im Präsidiumsbereich aus.