Bayern – Memmingen | „CEO-Fraud“ – Internationale Zusammenarbeit führt zur Festnahme und Verurteilung eines nigerianischen Cyberkriminellen

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Seit annähernd zehn Jahren beschäftigt das Kriminalitätsphänomen „CEO-Fraud“ oder auch „Business Email Compromise“ (BEC) die Ermittlungsbehörden und die Polizeistellen auf nationaler und internationaler Ebene.

Bei diesem Phänomen werden die zumeist mittels E-Mail kontaktierten Unternehmen, hier überwiegend Mitarbeiter der Buchhaltung, durch Legendenbildung und geschickte Manipulation zur Ausführung von Finanztransaktionen auf Zielkonten veranlasst. Diese Konten stehen unter Kontrolle der Täter oder beauftragter Geldwäscher. Die dadurch verursachten finanziellen Schäden für die betroffenen Unternehmen sind enorm.

Tatklärung und Identifizierung der oftmals aus Israel oder Westafrika stammenden und operierenden Täter und Tätergruppierungen sind in diesem Deliktsbereich äußerst selten.

Der Fall

Im Sommer 2018 gelang einer norwegischen Cyber-Dienststelle die Identifizierung eines aus Nigeria agierenden 38-jährigen Täters, der unter wiederkehrender Verwendung der gleichen E-Mail hunderte von Unternehmen, vornehmlich aus Europa, nach dem Muster des „CEO-Fraud“ angegangen hatte. Letztlich gelang im Frühling 2019 die Festnahme des Täters durch nigerianische Behörden.

Im Rahmen des Informationsaustausches über Interpol wurde bekannt, dass hunderte von Fällen in den unterschiedlichsten Ländern dem Tatverdächtigen beziehungsweise seinen Komplizen zuzuordnen sind.

Die Ermittlungen in Bayern

Die Staatsanwaltschaft Memmingen und die Kriminalpolizei Memmingen übernahmen in einem Sammelverfahren die in Bayern zur Anzeige gebrachten Fälle mit möglichem Zusammenhang zum nigerianischen Tatverdächtigen. Insgesamt wurden in Bayern 14 Fälle mit einem tatsächlichen Schadenseintritt in einer Gesamthöhe von 482.150 Euro bekannt. Bei weiteren 86 Fällen konnte der Betrug rechtzeitig entdeckt und Geldüberweisungen ins Ausland verhindert werden.

Zielrichtung des Sammelverfahrens war, von den Ermittlungsergebnissen aus Norwegen und Nigeria zu profitieren und die in Bayern angezeigten Fälle in Nigeria zur Anklage bringen zu können. Mangels eines Rechtshilfeabkommens zwischen Deutschland und Nigeria war der bürokratische Aufwand der Ermittlungen immens.

Die sachleitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Memmingen sowie die Ermittler der Kriminalpolizeiinspektion Memmingen übergaben nach Abschluss der Ermittlungen alle relevanten Informationen zu den bearbeiteten bayerischen Fällen im Oktober 2019 im Rahmen einer bei Interpol in Lyon (Frankreich) initiierten Fallkonferenz an die zuständige nigerianische Ermittlungsbehörde EFCC – Economic and Financial Crimes Commission.

Ausgang des Gerichtsverfahrens

Das Gerichtsverfahren wurde im Sommer 2022 vor einem nigerianischen Gericht abgeschlossen und der Täter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Angeklagte wurde wegen Internet- und Cyberbetruges sowie Geldwäsche zu jeweils sieben Jahren Freiheitsstrafe, in allen anderen Punkten der Anklage zu jeweils fünf Jahren verurteilt. Addiert man die nach dem nigerianischen Rechtssystem für die jeweiligen Einzeltaten ausgesprochenen Freiheitsstrafen, so summiert sich diese auf insgesamt 235 Jahre.

Da die Einzelstrafen gleichzeitig abgegolten werden, kann der Täter frühestens nach sieben Jahren entlassen werden.