Telefonreanimation durch die Leitstelle – Neunjähriger rettet Bruder

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Reanimation

Ein neunjähriger Junge hat seinem kleineren Bruder im Sommer 2016 das Leben gerettet, er war in den Pool gefallen. Der Junge wählte den europaweiten Notruf 112 und landete in der Integrierten Leitstelle. Ein Disponent, so werden die Mitarbeiter in der ILS bezeichnet, leitete den Neunjährigen telefonisch zur Reanimation seines Bruders an. „Jeder bekommt das mit entsprechender Anleitung hin„, so ein Leitstellendisponent.

Seit 2013 wurde die „Telefon-Reanimation“ bei den Integrierten Leitstelle eingeführt und die Disponenten entsprechend geschult.

Der plötzliche Herztod ist in Deutschland laut Statistik mit etwa 150.000 Fällen pro Jahr eine der häufigsten Todesursachen. Dabei trifft es nicht nur ältere oder bereits vorerkrankte Personen, es sind immer wieder auch jüngere und vermeintlich gesunde Menschen von diesem dramatischen Ereignis betroffen.

Eine der wirksamsten Waffen gegen den plötzlichen Herztod ist die möglichst sofort einsetzende Herzlungenwiederbelebung. Hierbei ist zu beachten, dass der Rettungsdienst in Bayern zwar gut organisiert ist, für die Anfahrt zum Notfallort dennoch durchschnittlich acht Minuten, in entlegenen Gebieten unter Umständen auch bis zu 15 Minuten und mehr benötigt. Wird in dieser Zeit keine Erste Hilfe geleistet, bedeutet dies den nahezu sicheren Tod des Betroffenen.

 

Der Ersthelfer vor Ort hat deshalb eine ganz wichtige Rolle!

Leider wird in Deutschland noch immer zu wenig geholfen – in nur ca. 20 Prozent der Fälle wird durch Laien Erste Hilfe geleistet! Um die Ersthelfer am Notfallort zu unterstützen, wurde auf Initiative und unter Federführung der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst in Bayern ein bayernweit einheitliches Konzept zur Durchführung der telefonisch angeleiteten Wiederbelebung (Telefonreanimation, T-CPR) entwickelt. Es unterstützt die Disponenten in der ILS und vermittelt ihnen die nötige Sicherheit in dieser belastenden Situation.

Im Zeitraum zwischen Oktober 2013 und Februar 2014 wurde dieses Konzept im Auftrag der Landesgeschäftsstelle des Bayerischen Roten Kreuzes (Betreiberin ILS Donau-Iller) und des Zweckverbandes für Rettungsdienst- und Feuerwehralarmierung Donau-Iller implementiert. Die notwendige Schulung des Leitstellenpersonals in Theorie und Praxis mit einem zeitlichen Umfang von rund 400 Stunden wurden durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, Dr. Axel-J. Parsch sowie die Mitarbeiter der ILS Donau-Iller, Jens Hagstotz und Wolfgang Maier durchgeführt. Im Anschluss konnte das Konzept im ersten Halbjahr 2014 erfolgreich in den täglichen Arbeitsablauf der Integrierten Leitstelle eingebunden werden. Besteht nun bei einer Notfallmeldung der Verdacht auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand, wird der Anrufer bereits am Telefon zur Ersten Hilfe ermutigt und bekommt von den Disponentinnen und Disponenten der ILS anhand eines speziellen Algorithmus gezielte Anweisungen zur Herzlungenwiederbelebung. Die Maßnahmen werden solange durchgeführt, bis Rettungsdienst und Notarzt am Notfallort eintreffen und die weitere Versorgung des Patienten übernehmen.

Fehler kann man nicht machen!

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass durch Laienersthelfer ergriffene Maßnahmen zur Wiederbelebung die Überlebenschance von Patienten nach einem plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand verdoppeln oder gar verdreifachen. Zwar sind beispielsweise Begleitverletzungen durch eine Herzdruckmassage durchaus möglich, diese sind in aller Regel jedoch vollkommen unerheblich und bleiben ohne weitere gesundheitliche Folgen für den Patienten. Ebenso unbegründet erscheint die Angst vor rechtlichen Folgen bei derartigen Ereignissen, da der nach bestem Wissen und Gewissen handelnde Ersthelfer hierfür nicht belangt werden kann. Falsch machen kann man also nichts – falsch ist nur, nichts zu unternehmen …