Stadt Memmingen | Katastrophenschutzübung 2024: Gewalt, Feuer, Chaos, viele Verletzte

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In regelmäßigen Abständen sind kreisfreie Städte und Landkreise verpflichtet Katastrophenschutzübungen abzuhalten. Nun war es in Memmingen soweit, am Sonntag, 29.09.2024, morgens.

Die Polizei ist mit normaler Wochenendbesetzung im Dienst, in der Integrieten Leitstelle Donau-Iller hofft man auf einen ruhigen Sonntag und die ehrenamtlichen Einsatzkräfte sind bei in der Regel am Sonntag bei ihren Familien oder Freunden.

Bis um 08.10 Uhr ein Anruf aus dem Memminger Bürgerstift die Polizeieinsatzzentrale fordert. Der Notrufer meldet im Bürgerstift „Benzingeruch im Gang“. Umgehend schickt die Polizeieinsatzzentrale eine Streife an das Obejekt. Parallel wird die Feuerwehr Memmingen und ein Rettungswagen durch die ILS Donau-Iller alarmiert. Bereits auf der Anfahrt der Streife wird der Notruf ergänzt, „ein maskierter Mann brüllt im Haus herum“ und im Pfortenbereich würde eine brandverletzte Person liegen.

Die Polizei trifft ein und versucht sich ein Bild von der konfusen Lage zu machen. Weitere Streifen sind auf Anfahrt, ebenso der Einsatzleiter Rettungsdienst, die Feuerwehr und Rettungswagen.

Die Polizei versucht in der Choasphase aufzuklären und das Gebäude zu umstellen. Plötzlich lautetes Geschrei aus dem Gebäude – der maskierte Mann brüllt aus einem Fenster im ersten Stock. Feuerwehr und Rettungsdienst können nicht ins Gebäude, solange die Polizei die Lage nicht unter Kontrolle hat und den Störer gesichert hat.

Kräfte der Polizei dringen in den ersten Stock vor. Ihnen steht ein Mann mit einem Benzinzerstäuber und einem Feuerzeug gegenüber, im Eingangsbereich eine schwerverletzte Frau. Der Einsatz wurde mittlerweile hochgefahren, weitere Rettungskräfte sind auf Anfahrt, das Klinikum Memmingen wurde verständigt, dass es einen sogenannten „ManV“ geben könnte.

Der Polizei gelingt es den Mann zu überwältigen und abzuführen, wenige Minuten später eine Explosion/Verpuffung im Gebäude. Vermutlich Benzindämpfe haben sich entzündet. Die Lage hat sich von einer auf die andere Minute verändert.

Plötzlich gibt es zahlreiche Verletzte, Tote, eingeklemmte, Rauch, offenes Feuer im Gebäude. Der Einsatzleiter der Feuerwehr macht sich ein Bild und spricht mit Rettungsdienst und Polizei – das ist eine Katastrophe, 50 bis 70 Verletzte, verschiedene Einsatzschwerpunkte wir brauchen mehr Kräfte.

Weitere Schnelleinsatzgruppen vom Bayerischem Roten Kreuz (BRK), der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), der Deutschen-Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) und der Malteser-Hilfsdienst (MHD) treffen nacheinander ein. Sie errichten Sichtungs- und Behandlungsstellen für die Verletzten. Der Ortsbeauftragte des Technischen Hilfswerk (THW) Memmingen, Klaus Liepert, wird vom Beamten vom Dienst der Stadt Memmingen als Örtlicher Einsatzleiter (ÖEL) eingesetzt. Ihm unterstehen nun die Kräfte an der Unglücksstelle und er koordiniert mit seinem Stab, seinen Fachberatern vor Ort.

Feuerwehr und THW arbeiten vor Ort Hand in Hand. Eine Drehleiter wird in einer engen Gasse in Stellung gebracht. Einsatzkräfte unter schwerem Atemschutz gehen ins Gebäude. Sie bergen die Verletzten und bringen sie aus dem Gefahrenbereich. Immer wieder neue Herausforderungen für die Einsatzkräfte. Die Lage ändert sich immer wieder und die Kräfte müssen sich neu sortieren und besprechen.

Im Klinikum Memmingen wurde der Krankenhausalarmplan aufgerufen. Die Klinikleitung übernimmt die Führung vor Ort. Ärzte und Pflegepersonal wird aus der Freizeit in die Klinik gerufen. Mehrere Schockraum- und OP-Teams stehen bereit. Nachdem das Klinikum nur eine bestimmte Anzahl von Patienten aufnehmen kann, müssen weitere Kliniken in den Einsatz mit einbezogen werden. Im Bereich des Rettungsdienstes gibt es einen Leitenden Notarzt (LNA) und ein Einsatzleiter/Organisationsleiter (OrGL). Diese beiden führen mit Unterstützung UG-SanEL (Unterstützungsgruppe Sanitätsdienst-Einsatzleitung) den Patienten teil. Sie kommunizieren eng mit der Integrierten Leitstelle (ILS) Donau-Iller.

Die Patienten erhalten allen Patientenanhänger, diese sind fortlaufend durchnummeriert. An dieser Karte sieht man auf den ersten Blick anhand der Farbe, wie schwer dieser verletzt ist. Diese Karte bleibt auch in der Klinik am Patienten. Oftmals weiß man nicht, wer der Verletzte ist, aber anhand der Nummer, kann man nachvollziehen, in welche Klinik er kommen ist und wie sein Gesundheitszustand war. Bei der Identitätsfeststellung spielt auch die Polizei eine große Rolle.

Die Strukturen laufen geordnet ab, der Einsatz ist aus der Chaosphase in geordnete Bahnen gekommen und wird nun abgearbeitet.

Der ÖEL behält den Überblick und lässt sich ständig auf dem Laufenden halten, durch seinen Stab. Werden zusätzliche Kräfte, Material oder technische Ausstattung benötigt, so fordert er dies über die Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) an. Diese sitzt in einem Bunker in der Feuerwache im Rennweg in Memmingen. Sie ist besetzt mit einem Stab von Fachberatern und Sachgebietsleitern. Hier wird ständig die Lage mitgeführt und sich um die Dinge gekümmert, die an der Einsatzstelle gefordert werden.

Übungen macht man, um Fehler und Unsicherheiten aufzudecken. Oftmals sind es Kleinigkeiten, die man ändern muss und schön läuft es rund. Aber eben für das Rundlaufen wird geübt. Auch an diesem Sonntag lief nicht alles so, wie man es sich bei der Vorbereitung vorgestellt und gewünscht hat, aber das ist dann eben „LIVE“.

Beobachter (graue Westen) aus den Fachbereichen haben die Übung begleitet und die Abläufe im Auge gehabt. Sie werden anhand ihrer Aufzeichnungen dazu beitragen, die ehrenamtlichen Teams noch professioneller zu machen.

Man muss sich bei den Einsatzkräften für ihren unermüdlichen Einsatz bedanken. Sie sind in den letzten Wochen mehr als gefordert – Hochwasser, Brände, Unfälle, Urlaubszeit, die Unglücke fragen eben nicht, ob es gerade passt. Deswegen ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden.