Mit Blaulicht und Sondersignal unterwegs – immer eine Unfallgefahr

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Wenn Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn im Straßenverkehr unterwegs sind, heißt die Devise für die anderen Verkehrsteilnehmer „Bahn frei!„. Über rote Ampeln fahren, das Tempolimit überschreiten oder die Gegenfahrbahn befahren – das dürfen Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr, wenn sie zu den Einsatzorten eilen. Durch diese Sonderrechte sind sie und auch andere Verkehrsteilnehmer besonders unfallgefährdet.

Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) kam es von 2015 bis 2017 bundesweit rund 470 Mal zu einem Unfall bei einer Einsatzfahrt. Dabei wurden allerdings nur Unfälle berücksichtigt, bei denen nicht verbeamtete Einsatzkräfte mehr als drei Tage arbeitsunfähig waren. Nicht enthalten sind hier Unfälle, die glimpflicher ausgegangen sind, sowie Unfälle mit Beamten.

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26.06.2017 B310 bei Pfronten – Foto: Pöppel

Aktuellere bundesweite Zahlen fehlen allerdings. Wie die Deutsche Presse Agentur (dpa) berichtet, heißt es beispielsweise vom Innenministerium im Freistaat Bayern, aktuelle Daten wären zwar vorhanden, aber eine Auswertung würde „mehrere Monate“ in Anspruch nehmen und sei daher nicht möglich. Auch beim BRK werden laut dpa solche Unfälle zwar gemeldet, aber statistisch nicht ausgewertet.

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Unfall 26.05.2015 B12 bei Jengen – Foto: Bringezu

Mit dem sogenannten Sonderrecht seien Einsatzkräfte von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zwar befreit. Das bedeute aber nicht, dass Fahrzeuge über rote Ampeln rasen und andere Verkehrsteilnehmer gefährden dürfen. Das Sonderrecht darf nur unter „gebührender Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung“ genutzt werden. Wird ein Sondersignal von Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst missbräuchlich verwendet, so handelt es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit. Kommt es dabei zu einem Unfall mit Verletzten, dann muss sich der Fahrer wegen einer Straftat verantworten. In diesem Fall wird gegen ihn wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt.

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Foto: Pöppel/Symbolbild

Bei Blaulicht und Martinshorn müssen sich die anderen Verkehrsteilnehmer an das Wegerecht halten. Das bedeutet, freie Bahn zu schaffen, wenn sich ein Fahrzeug mit Sondersignal nähert. Dass die anderen Verkehrsteilnehmer oft ein Problem bei dringenden Einsätzen darstellen, bestätigt Bernd Spengler, Fachanwalt für Rettungsdienstrecht aus Würzburg. Meistens würden die Verkehrsteilnehmer bei Martinshorn und Blaulicht sofort rechts ranfahren. Manchmal sei es aber besser, ein paar Meter weiter zu fahren und so die Bahn schneller frei zu machen. Oftmals seien auch die Reaktionen der Verkehrsteilnehmer auf ein Einsatzfahrzeug unvorhersehbar, so die Polizei in Unterfranken. Auch laute Musik beim Autofahren sorge häufig dafür, dass ein heraneilendes Einsatzfahrzeug zu spät bemerkt wird.

Danke an die Passauer-Presse für die Genehmigung zur Übernahme von Auzügen aus ihrem Beitrag

Rechte und Pflichten bei Einsatzfahrten

Kommt es zu einem Verkehrsunfall mit einem Einsatzfahrzeug, ist zunächst zu klären, ob sich das Auto in einem Einsatz befand, diesem also von den anderen Verkehrsteilnehmern ein Wegerecht einzuräumen war.

Bei einem Unfall mit einem BOS-Fahrzeug sind zuvorderst die Voraussetzungen der §§35 und 38 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zu überprüfen. Diese regeln zum einen Sonderrechte der Polizisten u.a. und ordnen zum anderen das pflichtgemäße Verhalten der übrigen Fahrer an.

§35 StVO gewährt unter anderem Dienstfahrzeugen der Polizei und anderen BOS-Organisationen Sonderrechte, wodurch die Beamten von den Vorschriften der StVO befreit werden. Die Privilegierung derartiger Sonderrechtsfahrzeuge ist jedoch stets an die Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit geknüpft.

In §38 StVO erfahren die Sonderrechtsfahrzeuge in bestimmten Fällen eine Qualifizierung durch das Eintreten eines Wegevorrechts. Befindet sich ein Polizeiwagen unter Einsatz von Blaulicht und Martinshorn auf der Straße, gilt für sämtliche andere Verkehrsteilnehmer die Pflicht, sofort eine freie Bahn zu schaffen.

Auch wenn die StVO Dienstfahrzeugen also gewisse Freiheiten einräumt, gelten diese nicht uneingeschränkt. So darf ein Einsatzfahrer nicht einfach darauf vertrauen, dass sein Wegevorrecht von allen anderen Lkw-, Motorrad und Pkw-Fahrern beachtet wird. Vielmehr muss er sich stets vergewissern und unterliegt einer gesonderten Sorgfaltspflicht bei der Ausübung seiner Sonderrechte.