IHK Schwaben | Baustelle Brennerpass wird die Wirtschaft ausbremsen

-

Bayerisch-schwäbische Unternehmen informieren sich vor Ort über Luegbrücken-Neubau. IHK-Präsident Braun fordert rasche Umsetzung des Brennerbasistunnels.

Ab 1. Januar 2025 wird die Brennerautobahn in der Regel nur noch einspurig befahrbar sein. Grund ist der notwendige Neubau der maroden Luegbrücke in Österreich. „Die Wirtschaft beidseits der Alpen ist auf eine leistungsstarke Verkehrsader angewiesen“, stellt Reinhold Braun, Präsident der IHK Schwaben fest. Daher ist die IHK Schwaben mit interessierten Unternehmen und Logistikern der Region nach Nord- und Südtirol gereist, um sich vor Ort über die Sanierung der Brennerautobahn sowie den Neubau des Brennerbasistunnels für den Güter- und Schienenverkehr zu informieren. Brauns Fazit: „Der Alpentransit über die Brennerautobahn wird schwieriger werden. Umso dringlicher ist es mit dem Brennerbasistunnel eine schnelle, bezahlbare und langfristige Alternative auf der Schiene zu schaffen. Kurzfristig kommt es auf eine gute Baustellenkommunikation und eine intelligente Verkehrssteuerung an.“

Italien zählt zu den wichtigsten Außenhandelspartner der regionalen Wirtschaft. Bayerische Unternehmen, unter ihnen rund 630 aus Bayerisch-Schwaben, ex- und importieren vornehmlich Nahrungs- und Futtermittel sowie chemische Erzeugnisse nach Italien. Die italienischen Unternehmen oftmals aus dem Norden des Landes liefern häufig Maschinen und Autoteile nach Bayern. Braun: „In einer durch geopolitische Krisen belasteten Weltwirtschaft ist die Bedeutung Europas für unsere regionalen Unternehmen noch weiter gewachsen. Als IHK ist es unsere Aufgabe diese Entwicklung aktiv zu gestalten, indem wir den direkten Kontakt zu den politischen und wirtschaftlichen Akteuren unserer Nachbarländer suchen. Daher sind wir nach Nord- und Südtirol gereist, um mit Tirols Verkehrslandesrat René Zumtobel, dem Generalsekretär der Handelskammer Bozen Dr. Alfred Aberer, sowie Vertretern des österreichischen Autobahnbetreibers ASFINAG und der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT ins Gespräch zu kommen.“

Nadelöhr Luegbrücke

Die 1,8 Kilometer lange und 55 Jahre alte Luegbrücke zwischen der Europabrücke im Norden und dem Brennerpass im Süden wird zur größten Herausforderung des Alpentransits entlang des europäischen TEN-T Kernnetzkorridors 5 Skandinavien-Mittelmeer, zudem der Brennerpass zählt. Bis zum Neubau der ersten Teilbrücke, die laut des österreichischen Autobahnbetreibers ASFINAG Ende 2027 in Betrieb genommen werden soll, wird die alte Brücke in der Regel je Fahrrichtung ausschließlich einspurig befahrbar sein. An rund 160 bis 170 besonders verkehrsreichen Tagen plant die ASFINAG eine temporäre Zweispurigkeit, wobei Fahrzeuge über 3,5 Tonnen auf die linke, also die mittige Fahrspur, wechseln müssen. Die Verantwortlichen gehen davon aus, mit dieser Maßnahme und zusätzlichen 15 LKW-Fahrverbotstagen pro Jahr ein Verkehrschaos verhindern zu können.

Güterverkehr auf die Schiene

Über 30 Prozent des gesamten die Alpen überquerenden Güterverkehrs wird über den Brennerpass abgewickelt. Annähernd drei Viertel der jährlich rund 50 Millionen Tonnen Güter werden über die Straße transportiert, der Rest per Bahn. Angesichts der jährlich 2,5 Millionen LKWs, die über die Brennerautobahn fahren, machte sich der Tiroler Landesrat René Zumtobel im Gespräch mit der bayerisch-schwäbischen Wirtschaftsdelegation dafür stark, möglichst viele „Waren auf die Schiene zu bekommen“. Die Möglichkeit dazu bietet der 2032 ans Schienennetz gehende Brennerbasistunnel, der auf einer Länge von 64 Kilometern Innstruck in Nordtirol mit Franzensfeste in Südtirol verbinden wird. Während der Südzulauf in Verona enden wird, startet die Nordzulauf im Raum München und verläuft bis zur Hauptstadt des Landes Tirol. Mit Blick auf die heraufordernde Streckenplanung im bayerischen Inntal stellt Zumtobel fest: „Ein Tunnel ohne entsprechenden Zulauf ist wie ein Herz ohne Aorta.“ Das Tiroler Regierungsmitglied nutzte den Austausch auch um für ein Buchungssystem für LKW auf diesem starkbelasteten Abschnitt zu werben: „Die Verlagerung auf die Schiene ist das eine, wir brauchen aber auch mehr Planbarkeit auf der Straße. Ich setze mich daher für ein digitales Verkehrsmanagementsystem, ein Lkw-Slot-System auf der Achse München – Verona ein. Es muss unser grenzüberschreitendes Ziel sein mit buchbaren Fahrten die Stausituationen und Dosierungen wegzubringen.“

Schnittstellen optimieren, Standards anpassen

Die Bedeutung der Zulaufstecken betonte auch Dr. Alfred Aberer, der Generalsekretär der Handelskammer Bozen, im Gespräch mit den bayerisch-schwäbischen Unternehmen. Dabei geht es seiner Wirtschaftskammer nicht nur um die Schienenanlagen selbst, sondern auch um die Schnittstelle zwischen dem LKW- und dem Zugverkehr: den Verladeterminals, wie derzeit einer im Augsburger Güterverkehrszentrum (GVZ) entsteht. Neue und damit zusätzliche Kapazitäten müssten sowohl entlang des Nordzulaufs als auch in Verona entstehen. „Hinzu kommt, dass wir mit massiven regulatorischen Problemen zu kämpfen haben. Konkurrenzfähig ist die Schiene erst, wenn wir diese gelöst haben“, so Aberer. Exemplarisch sprach er sich für einen einheitlichen „EU-Führerschein“ für Lokomotivführer aus, damit diese nicht mehrere Führerscheine machen oder während der Fahrt gewechselt werden müssen.

„Die bayerisch-schwäbischen Unternehmen und die für sie fahrenden Logistiker sind auf einen leistungsstarken, bezahlbaren und zugleich verlässlichen Transit über den Brennerpass angewiesen“, stellt IHK-Präsident Braun fest. „Das bedeutet kurzfristig eine optimale Kommunikation und bedarfsgerechte Verkehrssteuerung an der Baustelle der Luegbrücke. Denn jede Minute, die der LKW steht, kostet Geld, schadet der Umwelt und belastet die ohnehin gestressten Lieferketten. Mittelfristig muss das Baustellenmanagement entlang der gesamten Brennerautobahn so gestaltet werden, dass sich die Probleme der Luegbrückenicht auf weitere Brücken- und Tunnelsanierungen fortschreiben. Langfristig muss es das Ziel sein, die Brennerautobahn vom Personen- und Güterdurchgangsverkehr zu entlasten. Der Brennerbasistunnel eröffnet dafür ein schnelle und in unserer Erwartung auch wirtschaftliche Alternative. Damit dies gelingen kann, ist der politische Flankenschutz und Entscheidungswille entlang der gesamten Verkehrsachse erforderlich. Das beginnt bei uns in Bayern mit dem Bau des viergleisigen Nordzulaufs und zusätzlichen Verladekapazitäten, setzt sich fort mit der Steuerung der Durchgangs-, Ausweich- und Alltagsverkehre in Nord- und Südtirol und endet mit dem Südzulauf in Verona, wo ebenfalls neue Verladekapazitäten entstehen müssen.“

Ergänzender Hinweis: Die österreichische ASFINAG hat mit der Landingpage asfinag.at/luegbruecke einen zentralen Informations-Hub eingerichtet. Dort stellt sie alle relevanten Informationen zu den Maßnahmen auf der Luegbrücke, zur temporären Zweispurigkeit und den weiteren Begleitmaßnahmen zur Verfügung, wie beispielsweise einen Fahrkalender für 2025.

spot_img
spot_img